Bin-Jip

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Bildcopyright: Kim Ki-Duk, Pandora Film

„Bin-Jip“ bedeutet übersetzt „Leere Häuser“ – doch geht es hier mehr um die Leere in menschlichen Herzen. Wie ein Geist bricht ein junger Mann Tag für Tag in die Häuser fremder Menschen ein, bis er auf eine Frau trifft, die er vor ihrem gewalttätigen Ehemann rettet. Von da an bewegen sich die zwei zusammen durch die leeren Häuser und verstehen sich dabei ganz ohne Worte.

Inhalt

Man sieht die weiße, antike Statue einer Frau, vor der sich ein grünes Auffangnetz befindet. Immer wieder fliegen kleine weiße Bälle, mit Wucht geschossen, dagegen, aber die leuchtend weiße Figur treffen sie nie.
Der junge Koreaner Tae-suk fährt mit seinem Motorrad von Haus zu Haus und hängt Flyer an Türschlösser. Er tut dies nicht, um Geld zu verdienen, denn er hat eine gute Ausbildung und könnte weit lukrativere Arbeiten ausführen. Auf seiner Route versucht er Häuser auszumachen, deren Besitzer nicht da sind. Hat er ein solches gefunden, bricht Tae-suk dort ein, um eine Zeit lang darin zu wohnen. Solange, bis die Eigentümer wieder zurückkommen.
Er wäscht sich, kocht, schläft in den Betten der Fremden, sieht sich die Familienfotos an. Quasi als Ausgleich repariert er Dinge in der Wohnung, die kaputt sind, räumt auf und reinigt die Wäsche per Hand.
Wenn die Bewohner zurück sind, verschwindet Tae-suk.
Eines Tages bricht er schließlich in das Anwesen ein, in dessen pompösem Garten die weiße Statue und das Netz stehen. Nachdem er sich vergewissert hat, dass die Bewohner nicht da sind, fühlt er sich wie immer ganz zu Hause – und bemerkt dabei nicht, dass er beobachtet wird. Denn ist die Villa, in die er eingedrungen ist, nicht so verlassen, wie er angenommen hat.
Nachdem er sich am Abend nichtsahnend ins Bett begibt, steht sie plötzlich vor ihm. Die Frau des Hausbesitzers, Sun-hwas. Sie sagt nichts, doch Tae-suk flüchtet erschrocken aus dem Haus, nur um kurz darauf, von Neugier gepackt, zurückzukehren. Er beobachtet, wie der Mann der Unbekannten nach Hause kommt und sie zwischen Entschuldigungen und Schuldzuschreibungen schlägt und zu missbrauchen versucht. Schließlich greift er ein, setzt den Mann außer Gefecht und flieht mit der fremden Frau.
Gemeinsam ziehen sie von da an durch die Stadt und tun genau das, was Tae-suk zuvor allein getan hat. Sie brechen in Häuser ein und übernachten dort.
Meist geht dies gut. Doch als sie in eine Wohnung einbrechen, deren Besitzer vor kurzem verunglückt ist und noch tot im Hausflur liegt, stehen sie plötzlich unter Mordverdacht. Verständnis für ihre Art zu leben wird ihnen nicht entgegengebracht. Durch ihre Verhaftung wird auch Sun-hwas Ehemann benachrichtigt und so kommt noch der Vorwurf der Entführung und Vergewaltigung gegen Tae-suk hinzu.

Details

Das Schweigen der beiden Protagonisten beherrscht fast den ganzen Film. Wie Geister bewegen sie sich fast schwerelos durch die laute Geräuschkulisse der Welt. Doch dass diese Art der Kommunikation nicht vor Missverständnissen gefeit ist müssen die beiden ebenfalls schmerzlich erfahren. Denn die einzigen, die sprechen und die Ruhe mit ihren viel zu lauten Stimmen stören, sind der prügelnde Ehemann und brutale Polizisten.
Ein anderer Ton, der immer wieder die Stille zerreißt, ist der der Golfschläge. Das sirrende Geräusch wird zum Symbol für Gewalt und Wut in diesem Film.
Musik wird sparsam eingesetzt, meist sind es sehr ruhige Klänge, die eine Stimmung verstärken, wo Worte fehlen.
Obgleich der Film unheimlich ruhig erzählt ist und häufig kaum Handlung besitzt, ist er sehr spannend. Wenn man sich erst einmal vom Tempo der typischen Hollywoodstreifen verabschiedet hat, verfolgt man gebannt jede Bewegung der Protagonisten und jedes Mienenspiel. Ihr langsames Näherkommen und die ständige Anspannung in den Häusern fremder Menschen erzeugen einen ganz eigenen Sog.
Auch die Komik dieses Films kommt leise daher. Es gibt keine Szene, bei der man laut loslachen möchte, aber dafür viele in denen der Zuschauer zum Schmunzeln gebracht wird und die ein Gegengewicht zu den bedrückenden und brutalen Szenen des Films bilden.
 

Kim Ki-Duk, Pandora Film

Umsetzung

Der Film hat ein klares Bild und eine ruhige Kameraführung. Es gibt keine spektakulären Perspektiven, trotzdem gelingt es dem Film stets interessante Einstellungen zu komponieren, die nie langweilig wirken. Die Schauspieler leisten gute Arbeit, Haupt- wie Nebendarsteller sind in jeder Phase des Films überzeugend.
Bei den Sprachoptionen hat man die Auswahl zwischen der Originalfassung mit deutschem Untertitel (Dolby Digital 2.0) und der synchronisierten deutschen Fassung in Dolby Digital 5.1 oder 2.0. Die Synchronisation ist größtenteils gelungen, reicht allerdings nicht ganz an die Originalversion heran. Da aber im gesamten Film wenig gesprochen wird, macht das kaum etwas aus.
Der Untertitel erscheint in Weiß mit dünner schwarzer Umrandung am unteren Bildrand und ist stets gut lesbar. Stellenweise weicht die Synchronisation leicht vom Untertitel ab.

Kim Ki-Duk, Pandora Film

Packung

Bei der Packung handelt es sich um die DVD-typische Plastikverpackung ohne Besonderheiten. Auf dem Cover ist die weibliche Hauptdarstellerin abgebildet und hinter ihr schemenhaft Tae-suk. Wie das Menü ist die Verpackung in zurückhaltendem Beige, Dunkelrot und Schwarz gehalten.
Auf der Rückseite sieht man zwei Screenshots und neben Inhaltsangabe und technischen Daten werden viele Pressestimmen zitiert.
Klappt man die Packung auf, so befindet sich auf der linken Innenseite eine kurze Biographie und Filmographie des Regisseurs, auf der rechten Seite, hinter der DVD, ein großer Screenshot der beiden Hauptcharaktere.

Kim Ki-Duk, Pandora Film

Extras

Der erste Punkt bei den Extras sind Szenen von der Preisverleihung in Venedig. Diese sind mit sehr wackliger Kamera gefilmt, die Auflösung ist eher schlecht und die Zusammenschnitte sind nicht synchronisiert. Man sieht deutlich, dass es sich um ein Privatvideo handelt und nicht um professionelle Aufnahmen.
Auch der zweite Punkt „Ausschnitte von den Dreharbeiten“ stammt größtenteils aus Privataufnahmen und ist von ähnlich mäßiger Qualität wie die Szenen der Preisverleihung. Zudem sind auch diese Einblicke in die Dreharbeiten leider nur verständlich, wenn man des Koreanischen mächtig ist.
Es gibt dann noch ein paar Trailer von Pandora Films und schließlich ein Interview mit dem Regisseur Kim-Ki Duk. Und das ist zum Glück, im Gegensatz zu den anderen Extras, sehr gelungen. Wenn auch nur kurz, werden interessante Fragen zum Hintergrund des Film, seiner Aussage und der Hauptperson erörtert.

Fazit!

BIN-JIP ist ein wunderbarer Film. In vielerlei Hinsicht ein typischer Kim-Ki Duk Film: ruhig, poetisch, ungewöhnlich, zudem von großer Zartheit und ein wenig surreal mit einem unerwarteten Ende. Insgesamt ein Werk, bei dem alles stimmt, das einen nach dem Ansehen zuversichtlich und ruhig zurücklässt, aber auch zum Nachdenken anregt.

Inhalt
2
Bild
3
Ton
4
Synchronisation
4
Untertitel
2
DVD-Menü
9
Extras
9
Preis-/Leistungsverhältnis
2
Gesamt
2

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