Anne Delseit im Interview

Geschrieben von
Bildcopyright: Christian Potter

Die deutsche Autorin Anne Delseit ist vielen sicherlich ein Begriff. Wir hatten die Gelegenheit ihr ein paar Fragen zu stellen.

Inhalt

Name: Anne Delseit
Pseudonym: Lail
Geburtstag: 03.06.1986
Sternzeichen: Zwilling / Tiger
Wohnort: Hachenburg
Motto / Lieblingszitat: Habe ich nicht, aber ich trage seit rund sechs Jahren eine Glückskeksweisheit in meinem Portmonee mit mir herum, die mir verspricht: "An interesting change is in the future." (Na dann...)

bisherige Veröffentlichungen (Auswahl):
Lilientod
In maiorem dei gloriam

Streets of Europe
Fix & Foxi

 

 

animePRO: Du hast einen sehr abwechslungsreichen Werdegang hinter dir. Fangen wir mit deiner Tätigkeit als Autorin an. Wie bist du zum kreativen Schreiben gekommen?
Anne Delseit: Das weiß ich gar nicht mehr, für mich gehörte das immer als Ausgleich dazu. Ich hatte das Glück, dass es in meiner Familie und in meinem Umfeld immer viele Leute gab, die sich für meine Kreativität interessiert und die mich unterstützt haben. Zum Beispiel ist mein Vater Lektor - durch ihn habe ich meine Begeisterung für Sprache entdeckt und früh Einblicke in die Verlagswelt bekommen. Und meine Mutter unterstützt mich in allem, was ich angehe. Meine Eltern kriegen auch alles zu sehen, was ich veröffentliche (wenn ich's nicht vergesse). Auf dem Gymnasium hatte ich außerdem eine sehr engagierte Lehrerin, die mich auch außerhalb der Schule zum Schreiben ermutigt hat und auch heute noch begleitet. Und ich hatte immer schon viele kreative Menschen im Freundeskreis.

animePRO: Gerade Einsteiger greifen gerne zu einem Pseudonym. War das für dich nie eine Option?
Anne Delseit: Das stand für mich eigentlich nie zur Debatte. Ich wollte, dass man mir meine Werke zuordnen kann. Natürlich habe ich meine Internet-Pseudonyme, aber wenn es um Veröffentlichungen geht, will ich, dass meine Leser wissen, wer's verbockt hat.

animePRO: Gehörst du zu den Schreibern, die immer einen Notizblock dabei haben? Immerhin weiß man nie, wann die Inspiration einen überfällt?
Anne Delseit: Für schnelle Notizen muss in der Regel mein Kalender herhalten. Mehr als Notizen mache ich unterwegs aber selten. Mir geht sonst beim Schreiben schnell der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf, dass ich alles ja später abtippen muss... Bei meiner Handschrift werden Texte schnell zu kryptischen Bilderrätseln. Ich bin in den letzten Jahren ein ziemlicher Fan von Diktiergeräten geworden.

animePRO: Wie sieht es denn überhaupt mit der Inspiration aus? Hast du bestimmte Methoden für die Ideenfindung?
Anne Delseit: Grundsätzlich mangelt es mir nicht an Inspiration oder Ideen. Wenn mir zu Hause die Decke auf den Kopf fällt, dann gehe ich ins Café. Oder ich lasse das Schreiben in dem Moment einfach sein und mache Sport, gucke Filme und Serien, lese, fahre übers Wochenende weg oder gehe schön essen. Wenn es mal nicht ganz rund läuft, brauche ich meistens einfach ein paar neue Eindrücke und dann geht's wieder.

animePRO: Wirfst du während des Schreibens einer Geschichte oft Konzepte wieder über den Haufen?
Anne Delseit: Nein, das kommt höchst selten vor. Natürlich ändern sich Dialoge und ich stelle Szenen um oder baue zusätzliche ein, wenn es das Gesamtkonstrukt erlaubt. Aber ich fange nicht an, die Geschichte zu schreiben, bevor das Konzept steht. Ich befasse mich sehr ausgiebig mit der Konzeption und schreibe währenddessen auch mal kurze Szenen, um die Figuren zu testen oder mich für einen Stil zu entscheiden. Aber wenn ich dann wirklich anfange, die Geschichte zu schreiben, steht die Marschroute fest. Das erspart mir auch die Gefahr, Ideen zu zerdenken oder mich zeitlich zu verkalkulieren.

animePRO: Würdest du sagen, du schreibst lieber an langen Werke oder bevorzugst du eher Kurzgeschichten?
Anne Delseit: Beides hat für mich seinen Reiz und eigenen Anspruch. Ich bin aber kein großer Fan von Endlos-Serien - ob ich sie nun lese oder schreibe.

Wenden wir uns deinem Zweiteiler „In maiorem dei gloriam“ zu.
Sariel ist ein gefallener Erzengel, der in der Hölle lebt und für Luzifer arbeitet. Doch nicht nur das: Auch in Gabriels Diensten steht er, was ihn, nach eigenen Aussagen, zu einem Doppelagenten macht. Seine vorrangige Mission ist es dabei, ab und an Michael, dem verehrten und glorreichen zweiten Engel des Himmels, einen Besuch abzustatten und ein Auge auf ihn zu haben. Dieser wandte sich nämlich eines Tages vom Himmel ab, um als Mensch auf Erden zu leben – ohne Erinnerung an seine himmlische Existenz. Er wohnt bei Uriel, der freiwillig ins Exil ging, um einerseits seiner Strafe zu entgehen, andererseits, weil er sich ohnehin zu den Menschen hingezogen fühlte. weiterlesen

animePRO: Wie bist du auf die Idee gekommen ein Buch mit dieser Thematik zu schreiben?
Anne Delseit: Das Rohmanuskript entstand, als ich mich viel mit biblischem und apokryphem Material befasst habe. Irgendwie bin ich dann bei den Engeln hängen geblieben. Ich finde die „Popkultur", die sich um sie entwickelt hat, sehr spannend.

animePRO: Stand für dich von Anfang an fest, dass es zwei Teile geben wird oder hat sich das erst bei der Ausarbeitung ergeben?
Anne Delseit: Ich hatte das Konzept für den zweiten Band, als ich Fireangels das Manuskript des ersten geschickt habe. Trotzdem wollten wir erst einmal sehen, wie der erste Band so läuft.

animePRO: Die Illustrationen zu „In maiorem dei gloriam“ stammen von Nina Nowacki. Hast du sie bewusst ausgewählt oder ist es anders zu der Zusammenarbeit gekommen?
Anne Delseit: Ich kannte Nina über den Fireangels Verlag und wir hatten Lust, etwas zusammen zu machen. Sie war meine erste Wahl für das Projekt und ich habe mich sehr gefreut, dass ihr die Geschichte gefallen hat (ihren Artblog mit aktuellen Werken findet ihr hier. Dass wir beide in Köln wohnten, war ein schönes Plus. Wir konnten uns häufig zusammensetzen und face-to-face über die Geschichte und die Illustrationen reden. Ich kommuniziere zwar auch viel übers Internet, aber sich direkt gegenüberzusitzen liegt mir mehr.

animePRO: Kannst du uns sagen, warum du das Genre „Boys Love“ für deine Geschichte gewählt hast?
Anne Delseit: Einen bestimmten Grund dafür gibt es nicht - zumindest erinnere ich mich an keinen. Es hat sich einfach so ergeben, als ich die Figuren entworfen habe.
animePRO: Die beschriebene Welt ist recht komplex und auch treten etliche Charaktere auf. War es schwer dies alles zu koordinieren?
Anne Delseit: Ich hatte einen Laufplan und wusste, wo ich am Ende hinwollte und was wie zusammenhängt. Sonst hätte ich wahrscheinlich völlig den Überblick verloren...

animePRO: Eigentlich sollte der Roman als Webcomic weitergeführt werden. Jedoch scheint das Projekt nicht mehr zu bestehen. Was waren die Gründe für die Einstellung und ist eine Wiederaufnahme geplant?
Anne Delseit: Da gab es ganz einfach eine Prioritätenverschiebung. Der Webcomic ist weiterhin auf Plattformen wie Animexx.de zu finden, muss aber bis auf Weiteres pausieren. Als IMDG Band 2 rauskam, waren Nina und ich noch Studentinnen, mittlerweile hat sich unser Alltag geändert und wir haben gerade keine Kapazitäten für einen Webcomic frei. So ganz aufgeben wollen wir das Projekt nicht, aber wir überlegen, in welchem Rahmen wir Young Prophets weiterführen können. Gleiches gilt übrigens auch für das Fireangels-Projekt China Blue mit der österreichischen Zeichnerin SlippedDee und Co-Autorin Sai Nan.

animePRO: Aber nun zurück zu deinem Werdegang. Als Kind wolltest du Schauspielerin werden, haben wir gehört. Studiert hast du allerdings Rechtswissenschaften um schließlich freie Autorin, Szenaristin und Redakteurin zu werden. Wolltest du wirklich in Richtung Rechtswissenschaften arbeiten oder war es eher ein Notfallplan?
Anne Delseit: Nein, kein Notfallplan, eher ein Konflikt von vielen, gegensätzlichen Interessen... Ich habe als Teenager eine Weile auf der Theaterbühne gestanden und damit zum ersten Mal Geld mit Kunst verdient. Aber gleichzeitig war mir klar, dass ich mein Abitur mache. Während der Zeit am Gymnasium habe ich viel geschrieben und den Gesang für mich entdeckt. Und ich hab mich immer mehr für unser Rechtssystem interessiert und mich deshalb am Ende für das Jura-Studium entschieden. Im Laufe meines Studiums bin ich dann aber doch wieder zu kreativer, redaktioneller und journalistischer Arbeit gekommen.

animePRO: Mittlerweile warst du schon bei einigen Comics und Mangas als Autorin beteiligt. Wie ist es dazu gekommen? Macht es einen großen Unterschied in der Arbeit, wenn man für diese Medien eine Geschichte schreibt?
Anne Delseit: Ich hatte einfach damals das Glück, über die Independent-Szene Manga-kas kennenzulernen, mit denen ich dann zusammenarbeiten konnte. Bei einem Comic schreibe ich ein Skript - so wie das Drehbuch für einen Film. Ich habe dabei von Anfang an mehr „Abstand" zur Geschichte, weil mir bewusst ist, dass der Künstler oder die Künstlerin mein Skript interpretiert und Szenen auch schon mal drastisch ändert, wenn es der besseren grafischen Umsetzung dient. Gerade das finde ich bei der Arbeit an einem Comic so spannend. Ich gebe Sachen aus der Hand und beobachte, was passiert. Da ist jemand, der sich kreativ mit meinen Gedanken beschäftigt und ich bin jedes Mal aufs Neue gespannt, was dabei herauskommt. Bei einem Roman oder einer Kurzgeschichte habe ich dagegen alles in der Hand und kann meine Vorstellungen ganz umsetzen.

animePRO: Du hast sogar schon als Sängerin bei diversen CD-Produktionen mitgewirkt. Was das Singen schon immer eine Leidenschaft für dich? Würdest du gerne wieder an solchen Projekten mitarbeiten?
Anne Delseit: Das Singen gehört zu mir wie das Schreiben. Ich hatte in den letzten zwölf Jahren regelmäßig Gesangsunterricht, war in verschiedenen Chören aktiv und stand als Solistin auf der Bühne. Mein Repertoire ist hauptsächlich klassisch ausgerichtet - mit ein paar Ausflügen Richtung Musical und Pop. Wenn sich die Gelegenheit zum Singen ergibt, bin ich immer gern dabei, soweit es meine Zeit zulässt.

animePRO: Kannst du uns verraten woran du momentan arbeitest? Werden wir bald ein neues Werk von dir lesen können?
Anne Delseit: Ich arbeite zurzeit an mehreren Projekten, darf aber noch nicht zu allen etwas verraten. Letztes Jahr wurden die ersten Kapitel meines Comics „Streets of Europe" in den Niederlanden und Belgien im Comic-Magazin Strips2Go veröffentlicht. Die Zeichnungen stammen von Marissa Delbressine, deren Serie „Coined!" ich für Fireangels übersetze. Die ersten Kapitel von SoE erschienen bereits 2012 in Deutschland im COMIX-Magazin, dort aber noch in japanischer Leserichtung und gerastert. Für Strips2Go haben wir auf westliche Leserichtung umgestellt und die Seiten vollfarbig koloriert. Ob und wann die Serie in Deutschland weitergeht, steht noch nicht fest.
Außerdem ist im November in Fireangels „Lily"-Reihe mein erster Girls'-Love-Titel mit zwei Kurz-Mangas erschienen. Ich hatte die Szenarien schon vor ein paar Jahren geschrieben, weil ich immer wieder von Lesern gefragt wurde, ob ich auch Girls' Love schriebe. Wenn ich ja sagte, wurde ich immer gefragt, wann denn was käme. Jetzt kann ich sagen, dass sie in Lily 5 zu finden sind, gezeichnet von der österreichischen Manga-ka Maria „Azara" Hecher. Und am 21.02.2014 erscheint im Carlsen Verlag der 6. Band der VORLESEMAUS, zu dem ich zwei Kurzgeschichten beisteuern durfte.

animePRO: Zum Schluss: Möchtest du den Lesern noch etwas sagen?
Anne Delseit: Ich freue mich immer, wenn ihr mir Hallo sagt! Neues von mir im Netz findet ihr auf Twitter und Facebook.

 

animePRO: Wir bedanken uns recht herzlich, dass du dich unseren Fragen gestellt hast und wünschen dir auch weiterhin viel Erfolg auf deinem Weg.

 

Besucht Anne auch auf ihrer Homepage oder Tumblr.

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