Holger Ehling, stellvertretender Direktor der Frankfurter Buchmesse

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Bildcopyright: Frankfurter Buchmesser, wikipedia

Anlässlich der kommenden Frankfurter Buchmesse 2003 (vom 8. - 13. Oktober 2003), konnten wir den stellv. Direktor und zugleich Pressesprecher der Frankfurter Buchmesse Herrn Holger Ehling für ein Interview gewinnen. In dem Interview gingen wir sowohl auf Allgemeine Themen rund um die Buchmesse als auch spez. auf den Comic & Manga Bereich ein.

Inhalt

animePRO: Also, erst einmal danke, dass Sie die Zeit gefunden haben.
H. Ehling: Dafür finde ich gern Zeit.

animePRO: Dann möchte ich Sie mal bitten, sich und ihre Tätigkeit hier bei der Frankfurter Buchmesse einmal kurz vorzustellen.
H. Ehling: Ja, mein Name ist Holger Ehling, ich bin der Pressesprecher der Frankfurter Buchmesse und auch deren stellvertretender Direktor.

animePRO: Und worin besteht da so Ihre Tätigkeit?
H. Ehling: Ja, meine Tätigkeit besteht darin, dass ich mich ... natürlich in erster Linie um die Pressearbeit kümmere, das heißt, um die Kommunikation gegenüber den Medien und dass ich zum Anderen natürlich sehr stark eingebunden bin, was die Orientierung der Buchmesse – in meinem Fall, vor allen Dingen im internationalen Bereich – angeht. Also ich halte zum Beispiel Kontakte zu unseren Gastländern der nächsten Jahre; der Arabischen Welt und Korea.

animePRO: Gut; Also im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse gab es ja schon diverse Debatten wegen dem eventuellen Umzug nach München; gerade die Münchener Verlage haben die Debatte ja ins Rollen gebracht... dabei ging es ja bekanntlich in erster Linie ums Geld, aber was war denn sonst noch der Stein des Anstoßes?
H. Ehling: Es ging darum, die Frankfurter Buchmesse ist im 55. Jahr hier in Frankfurt, nach einer langen, langen Pause, die zurück ging bis ins 18. Jahrhundert. In diesen 200 Jahren war Leipzig die absolut dominierende Messe in Europa, für das Buch, das änderte sich dann mit dem Ende des 2. Weltkrieges und der deutschen Teilung. Es war halt kein freies Verlegen im Osten Deutschlands mehr möglich und deshalb kam es zu einer Neugründung der Frankfurter Buchmesse, das Anknüpfen an die alte Tradition, die zurück geht, bis in das 14. Jahrhundert.
Ich habe heute gerade einen Artikel gelesen, in dem der Verleger eines Schweizer Traditionsverlags, aus Zürich auf die Frage, ob er sich denn überlege eventuell von der Frankfurter Buchmesse weg zu bleiben, sagte: „Wissen sie, wir stellen auf der Frankfurter Buchmesse seit 1519 aus, wir bleiben da."
Ja, die Überlegung, die dazu führte, dass wir sagten, wir müssen eventuell den Standort wechseln war, es gab einen sehr ungünstigen Vertrag, den wir, die die Frankfurter Buchmesse organisieren, hatten mit der Frankfurter Messe GmbH. Die Frankfurter Messe GmbH betreibt das Gelände und wir sind Mieter, wir sind eine Gastmesse. Wir gehören nicht zur Organisation der Frankfurter Messe, sondern wir sind eine eigene Firma; so ähnlich wie der Verband der Automobilindustrie mit seiner IAA alle 2 Jahre zu Gast ist, oder der Deutsche Chemieverband alle 3 Jahre mit der Achema, so sind wir halt jedes Jahr hier.
Es ist uns gelungen, in sehr harten Verhandlungen diese Bedingungen des Vertrages zu verändern, so dass wir in der Lage waren, zu sagen, wir bleiben bis 2010 auf jeden Fall in Frankfurt.

animePRO: Trotz der Verlage, die dann Streiken?
H. Ehling: Es ist natürlich so, dass, wenn man so eine Veranstaltung wie die Frankfurter Buchmesse von einem Standort in den nächsten verlegen will, dann bleibt eine sehr lautstarke öffentliche Diskussion nicht aus. Wir hätten uns schon gewünscht, dass das Ganze nicht ganz so laut passiert, wie es passiert ist, aber dann kommen natürlich auch die Verlage und heben ihre Hand und sagen: „Jawohl, das ist eine gute Idee!" oder „Es ist keine gute Idee!"; da gab es innerhalb der deutschen Verlagsbranche sehr produktive Auseinandersetzungen. Aus dem Ausland haben wir eigentlich vor allem positive Stimmen erfahren dafür, dass man sagte: „Jawohl, da ist jemand, der sich nicht abfindet mit der Situation, sondern tatsächlich etwas tun will." Und wir haben einiges erreicht, wir werden in der Lage sein, unseren Ausstellern die neue Stabilität, die wir gewonnen haben, in Frankfurt, sehr nachhaltig zu demonstrieren.

animePRO: Also werden diese Verlage trotzdem auf der Frankfurter Buchmesse ausstellen?
H. Ehling: Ja, ja, ja, wir haben sogar Verlage dazu gewonnen, wir haben mehr Fläche vermietet. Vor Begin der Buchmesse können wir zwar noch nicht ganz durchatmen, obwohl wir sicher sind, dass die Messe sehr positiv verlaufen wird. Dennoch soll man den Tag nicht vor dem Abend loben. Aber die Zwischenbilanz vor Beginn der Messe ist deutlich Positiv.

animePRO: Wurden auch größere Verlage dazu gewonnen?
H. Ehling: Das ging im Wesentlichen um kleinere Verlage, die ihre Messepräsens überprüft haben. Wir haben bei den deutschen Verlagen fast 350 dazu gewonnen, da gab es im vergangenen Jahr einen deutlichen Einbruch. Wir haben bei den internationalen Verlagen nominell verloren, allerdings ist das eine Besonderheit unserer Statistik, es gibt fast 70 „Kollektivaussteller" von, meinetwegen Italienischen, Französischen, Spanischen Verlagen, auf denen zum Teil auf denen zum teil über hundert Verlage sind. Wie zum Beispiel die Französische Kollektivausstellung, dort sind fast 120 französische Verlage. Das zählen wir in unserer Statistik als eins, denn wir zählen nur den Standanmelder. So haben wir zwar in der Statistik weniger Verlage aus dem Ausland, die sind aber alle noch da, als Kollektivaussteller. Wenn man das mit berechnet, haben wir sogar noch einen deutlichen Zuwachs in diesem Jahr, einen erstaunlich großen Zuwachs.

animePRO: Gerade jetzt, bei den kleineren Verlagen. Im Vorfeld gab es ja die Diskussion, es werde zu teuer, gerade auch für die kleineren Verlage. Im Vergleich zur Leipziger Buchmesse ist ja der Quadratmeter um einiges teurer und auch beim Hotelpreis wäre Frankfurt recht teuer.
H. Ehling: Was die kleinen Verlage angeht, müssen wir zwei Sachen bedenken: Erstens, fast 80% unserer Aussteller haben Stände, mit eine Größe von vier oder acht Quadratmetern. Bis zu einer Größe von acht Quadratmetern, werden unsere Aussteller massiv subventioniert. Das heißt, wir nehmen ihnen weitaus weniger Geld ab, als es uns kostet, diesen Stand aufzubauen. Im Durchschnitt zahlen kleine Stände deutlich unter 50% der Kosten, die eigentlich anfallen.
Das ist uns möglich, weil wir doch eine relativ große Anzahl von großen Ausstellern haben und dort verlangen wir höhere Preise. Die größeren Aussteller machen das mit, weil sie wissen, dass die Frankfurter Buchmesse davon Lebt, dass viele, viele Kleine da sind. Dadurch gewinnt man einfach Leben. Für die großen Aussteller ist es genau so wichtig, dass die Kleinen da sind, denn dort finden sie auch viele Talente und Anregungen für Programme. Also es geht eigentlich ganz gut so.
Nach der entgültigen Liste ist es möglich, schon für unter 800 € eine Woche lang auf der größten Buchmesse der Welt präsent zu sein und das ist schon konkurrenzlos günstig.
Leipzig ist noch günstiger für die kleinen Verlage, allerdings ist Leipzig auch keine Konkurrenz. Leipzig ist eine deutsche Messe, mit einer kleinen internationalen Beteiligung. Leipzig ist eine sehr wichtige Messe geworden für das Marketing deutscher Bücher im Frühjahr und wir sind sehr froh, dass es Leipzig gibt. Leipzig ist auch ein Ideenbringer und wir sind zum ersten mal, in diesem Jahr selbst mit einem Stand der Frankfurter Buchmesse in Leipzig gewesen, weil wir die Kontakte, die wir dort knüpfen können genau so schätzen, wie die Verleger, die dort hin kommen. Es gib keine Konkurrenz zwischen Frankfurt und Leipzig, es ist ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis. In Leipzig haben wir eine andere Situation, als in Frankfurt, dadurch, dass die Leipziger Buchmesse direkt von der Leipziger Messe GmbH ausgerichtet wird, die eine Tochter des Landes Sachsen und der Stadt Leipzig ist. Das heißt, dort gibt es auch aus politischen Gründen gewisse Subventionen, die uns nicht zur Verfügung stehen.

animePRO: Nun zu etwas anderem. Es gibt ja jedes Jahr ein Gastland, dieses Jahr ist es ja Russland. Wie gesagt sind wir ja ein Anime und Manga Magazin und da würde uns natürlich interessieren, ob Sie bei Ihren Gastländern auch noch etwas weiter östlich gehen werden. In naher Zukunft als Gastland vielleicht auch Japan?
H. Ehling: Die Gastländer und Schwerpunktthemen auf der Buchmesse gibt es seit 1976, zunächst einmal in unregelmäßiger Reihenfolge, dann, seit 1988, gibt es jedes Jahr ein Gastland. Das ist in diesem Jahr sozusagen das 25. Jubiläum, in dieser Art Gastländer zu veranstalten. Und mit Russland kommt das bislang größte aller Gastländer zu uns und sicherlich auch mit erheblichem Aufwand und vielen Autoren. Japan war, 1990, wenn ich mich recht erinnere Gastland der Frankfurter Buchmesse und bisher haben wir noch keines der Gastländer wiederholt, obwohl es schon Anfragen gegeben hat. In den vergangenen Jahren waren wir bei den Gastländern sehr Europalastig, seit 1994 war nur noch Europa zu Gast. Wir werden 2004 die „Arabische Welt" zu Gast haben: 22 Länder, die sich gemeinsam präsentieren und 2005 Korea, das heißt, da kommt dann der Blick nach Asien, der sicherlich sehr, sehr Wichtig ist. Korea insbesondere interessant. Korea ist mit Abstand der größte Abnehmer von deutschen Übersetzungsrechten in der Welt. Im Jahr 2002 sind fast 700 deutsche Bücher ins Koreanische übersetzt worden, das ist eine ganz unglaubliche Entwicklung, die sich in den letzten 5 Jahren eigentlich angekündigt hat und wenn Sie zur Buchmesse nach Seoul in Korea gehen, sehen Sie 1. dass dort ein ganz starker Kinderbuch- und auch Comic-Bereich ist und zum Anderen sehen sie dort überall irgendwelche deutschen Lizenzen. Dort sehen Sie den Hasen Felix aus dem Koppenrat Verlag überall rumturnen, Sie sehen den kleinen Eisbär, Sie sehen den kleinen Maulwurf, der wissen will, wer ihm auf den Kopf gemacht hat und so weiter und so fort. Diese Sachen verkaufen sich dort sehr gut. Es gibt einen guten Austausch zwischen deutschen und koreanischen Verlagen und von daher ist es sicherlich sehr Sinnvoll, dass wir Korea 2005 zu Gast haben und wir freuen uns da auch sehr drüber.
Politisch natürlich auch sehr wichtig, 2004 die „Arabische Welt" , es ist in dieser Zeit, glaube ich, muss es für uns selbstverständlich sein, den Dialog mit den arabischen Ländern zu suchen, dass wir nicht über die Araber reden, sondern endlich einmal anfangen mit ihnen zu reden.

animePRO: Wie kam es eigentlich dazu, dass es dieses Jahr Russland ist?
H. Ehling: Es gibt immer Gespräche mit einer Reihe von potenziellen Gastländern, die sich für bestimmte Jahre interessieren. Russland in diesem Jahr fügt sich ein in ein Programm, dass Bundesregierung veranstaltet hat mit der Russischen Regierung und zwar: „Zwei Jahre des kulturellen Austauschs". In diesem Jahr, 2003, präsentiert sich Russland sehr, sehr stark in Deutschland. Am 9. Februar gab es in Berlin die Auftaktveranstaltung mit Präsident Putin und Präsident Rhau und das Ganze findet nun seinen Höhepunkt in der Frankfurter Buchmesse. Im folgenden Jahr wird sich Deutschland sehr stark in Russland präsentieren, mit Konzerten und Ausstellungen und so weiter.
Die Koreaner können auch 2005 davon profitieren, dass im September, also kurz vor der Buchmesse, Korea Ehrengast der Asiatischen Kulturwochen in Berlin sein wird.

animePRO: Gehen wir nun zu einem anderen Thema über und zwar geht es um Mangas, also den Comicbereich. Mangas sind ja in den letzten Jahren immer beliebter geworden, gerade bei uns in Deutschland. Das sahen wir auch bei der Buchmesse, in den letzten Jahren, z.B. mit Cosplay, also anziehen wie die Comic- und Mangahelden. Nun meine Frage, was ist da weiteres geplant in den nächsten Jahren, für den Comicbereich?
H. Ehling: Also wir werden den Bereich Manga auf jeden Fall als einen Schwerpunktbereich im Comiczentrum weiter behalten. Das Comiczentrum war eigentlich mal ein Experiment, das auf drei Jahre angelegt war, es ist jetzt im fünften Jahr und wächst und gedeiht, also das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte. Wir haben Manga im vergangenen Jahr schon mit einer sehr schönen Aktion verbunden, nämlich ein Manga Kostümwettbewerb und jeder Besucher, der am Messesonntag im Mangakostüm kommt, erhält freien Eintritt und es gibt einen Kostümwettbewerb, auch in diesem Jahr und in diesem Jahr haben wir als Preis für das schönste Mangakostüm eine Reise nach Japan.

animePRO: Ich habe gehört, es soll auch einen Comic-Manga Weltrekordversuch geben?
H. Ehling: Ja, nicht unbedingt Manga, aber wir werden am Messefreitag, wo wir ja, im Gegensatz zu früher, bereits ab 16 Uhr das allgemeine Publikum zur Messe zulassen. Das heißt, wir verkürzen die Fachmesse, um zwei ein halb Stunden und verlängern die Publikumsmesse. Erst einmal eine längere Öffnungszeit von 16 bis 20,30 Uhr am Messefreitag und pünktlich um 16 Uhr werden wir damit beginnen, den längsten Comicstrip der Welt zu zeichnen. Den Anfang macht der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Volker Neumann, und danach kommt der Presseminister der Russischen Förderation, Wladimir Gregoriew und dann werden wir sehen, wer dann noch kommt. Es gibt eine ganze Reihe von prominenten, die an diesem Tag auf der Frankfurter Buchmesse sind oder schon signalisiert haben, dass sie kommen würden, ob sie dann tatsächlich kommen, müssen wir dann noch sehen.

animePRO: Aber man kann da auch im Mangastil zeichnen?
H. Ehling: Ja, jeder Besucher ist Eingeladen diesen Comicstrip fortzusetzen, wir müssen etwas über 86 Meter lang werden.

animePRO: Das ist bestimmt zu schaffen.
H. Ehling: Das wird zu schaffen sein, ja.

animePRO: Muss man sich dazu vorher anmelden?
H. Ehling: Nein, einfach kommen und mitmachen. Das ist in der Halle 3.0, im Comiczentrum. (...) Wer überhaupt zur Frankfurter Buchmesse kommt, der solle bitte, bitte öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Es gib hervorragende Verbindungen, Straßenbahn, S-Bahn, und U-Bahn haben Haltestellen, direkt auf der Messe oder direkt neben der Messe. Es gibt also überhaupt keinen Grund mit dem Auto zu kommen. Wer im Vorverkauf oder an den Messekassen ein Ticket erwirbt, der hat damit gleichzeitig kostenlose Benutzung des öffentlichen Verkehrssystems in Frankfurt.

animePRO: Noch dazu kann man ja auch mit verschiedenen Busunternehmen reisen...
H. Ehling: Ja, viele Buchhandlungen bieten Sonderreisen und Sonstiges an, also da gibt es eine ganze Menge.

animePRO: Jetzt einmal in die Zukunft geschaut, gerade im Comicbereich, wird da noch ein wenig ausgebaut, bleibt es jetzt erst einmal so wie es ist?
H. Ehling: Wir möchten den Comicbereich sehr gern internationalisieren. Ich denke, das ist einer der Bereiche auf der Buchmesse, der sich dafür wirklich ideal anbietet, das nicht nur zu einem deutschen Bereich zu machen, sondern tatsächlich Verlage aus aller Welt einzuladen.
Wir haben in diesem Jahr ja bereits eine sehr deutliche koreanische Präsens im Comiczentrum, wir haben Italiener dort, Franzosen und wir hoffen natürlich, dass wir das nach und nach weiter machen können. Bei all diesen Dingen, wenn es um die Entwicklung und Weiterentwicklung der Buchmesse geht, muss man einfach sehen, dass man sehr behutsam vorgehen muss, wir müssen die Leute, wie zum Beispiel die Comicverleger, mit denen wir solch ein Wachstum anstreben, sehr deutlich davon überzeugen, das es sinnvoll ist, dass sie sich selbst mit Ständen präsentieren.
Denken Sie etwa an einen der größten deutschen Comicverlage, Carlsen, die haben natürlich ihren Stand auf der Frankfurter Buchmesse, wo sie im wesentlichen ihr Kinderbuchprogramm zeigen. Für die muss es natürlich so attraktiv sein einen zweiten Stand auf zu machen, der dann auch groß sein soll, von daher müssen wir daran weiterarbeiten, denn wir haben ja attraktive Fachprogramme und Publikumsprogramme im Comicbereich und auch in anderen Bereichen.
Wir haben zehn neue Veranstaltungszentren auf der Buchmesse. Das gab es bisher noch nicht, wo Buchverlage außerhalb ihres Messestandes ausreichende Spielmöglichkeiten haben, wo sie Autoren präsentieren- oder einfach nur zu einer „Hapy Hour" einladen können. Das ist sehr, sehr gut angenommen worden und auf dem Wege wollen wir weitermachen. (...) Aber das ist ein langer und pädagogisch nicht ganz einfacher Prozess. (...)

animePRO: Die Leipziger Buchmesse arbeitet in ihrem Comicbereich mit Carlsen Comics zusammen, ist bei der Frankfurter Buchmesse etwas ähnliches geplant?
H. Ehling: Nein, wir werden nicht mit einzelnen Verlagen eng zusammenarbeiten bei der Ausrichtung der ganzen Geschichte, dafür ist die Konkurrenz der Leute, die bei uns ausstellen, viel zu groß. Ich glaube nicht, dass meinetwegen EMA ein gutes Gefühl hätte sich in einem Bereich zu präsentieren, der von Carlsen organisiert wird. Wir haben das auch bei den Veranstaltungsforen so gehalten, dass wir, als wir nach Sponsoren gesucht haben, ausschließlich Unternehmen angegangen sind, die nicht selbst Verlage sind. Also, wenn Sie ein Bildungsforum machen und dann schreiben Sie „Langenscheit" darüber, dann haben Sie den ganzen Rest der Bildungsverleger verprellt. Das heißt, dort ist Spiegel der Sponsor oder im Hörbuchforum ist Focus der Sponsor. Also Unternehmen, die deutlich nicht selbst als Wettbewerber antreten.

animePRO: Und gibt es sonstige Aktionen im Comicbereich, die Sie mit anderen Verlagen organisieren, zum Beispiel ein Mangawettbewerb?
H. Ehling: Also jetzt nicht direkt im Comicbereich, aber zum Beispiel mit dem Diogenes-Verlag, mit dem wir gemeinsam die größte Buchsignieraktion, die es bisher gegeben hat, organisieren. Die ist auch am Messefreitag, ab 19 Uhr.

animePRO: Das wäre wo?
H. Ehling: Das ist im Foyer der Halle 4.1, so eine Aktion, die können Sie nicht in eine Halle packen.

animePRO: Die Mangawelle in Deutschland, hat die auch Einfluss auf die japanische Fachliteratur und Belletristik? Gibt es dadurch auch mehr Interessenten, die jetzt japanische Literatur gern lesen würden?
H. Ehling: Ich denke, da müssen wir noch ein bisschen warten, ehe das wirklich ein Effekt wird. Es gab im Umfeld der Buchmesse 1990, als Japan Schwerpunkt war, eine gute Zahl von Übersetzungen aus dem Japanischen, das hat in den letzten Jahren ein bisschen abgenommen. Das Interesse deutscher Leser an japanischer Literatur ist nicht so groß, dass sich da wirklich massive Verwerfungen ergeben würden. Es kann natürlich sein, dass jemand, der mit Mangas groß wird und ein Interesse für Mangas hat und dann tatsächlich einmal im Verlag landet, dass der sich eher in dieser Richtung orientiert. Wir sehen ja auch, dass mehr Leute in Deutschland mittlerweile Japanisch lernen und Japanisch sprechen. Das ist alles ein langsamer Fluss, der da fließt. Es ist sicherlich so, dass, wenn Bücher aus Asien übersetzt werden, erstens sind es wenige und zweiten sind es eher Bücher, für die es auch eine Reihe von kompetenten Sprechern dieser Sprache gibt. Es gibt sehr viel mehr Sinologen in Deutschland, als Japanologen und wir sehen das ganz deutlich bei dem Thema Übersetzungen aus dem Koreanischen, mit dem ich halt jetzt befasst bin, es erscheinen relativ wenige Bücher aus dem Koreanischen, übersetzt ins Deutsche, hat aber auch damit zutun, dass es eben nur so wenige Übersetzer gibt, die Literarisch übersetzen können. Es ist ja etwas anderes, ob sie eine akademisch perfekte Übersetzung machen, oder eine Übersetzung, die literarisch ist, die etwas von dem Leben des Textes zu übermitteln sucht, die auch mal Unschärfen zulässt, um einfach dem Poetischen etwas nachzuempfinden.

animePRO: Also Japanologen gibt es ja jetzt immer mehr bei den Verlagen, gerade beim Manga übersetzen, wenn die Leute jetzt zu den Verlagen gehen...
H. Ehling: ...Es ist sicherlich so, dass jetzt in Deutschland die Verlage immer offen sind, für Anregungen, was die Übersetzung von Titeln angeht. Es gibt kein Land auf der Welt, dass so viel Literatur aus fremden Sprachen übernimmt und übersetzt, wie Deutschland. Weitaus mehr als Amerika, England oder Frankreich. Holland ist vielleicht noch eine Ausnahme, wo pro Kopf, glaube ich, mehr übersetzt wird, aber das hat auch Gründe darin, dass es eben eine relativ kleine Sprache ist, mit einer sehr lesehungrigen Bevölkerung.

animePRO: Noch einmal zurück zu den Manga. Bei EMA, Egmont, wurde vor kurzem „Love Hina", wie gesagt, ein Manga, als Roman rausgebracht, denken Sie, so etwas hat Zukunft?
H. Ehling: Ich kann mir vorstellen, dass das ein Weg ist. Wir haben eine immer stärkere Tendenz in den Medienhäusern, zu einer integrierten Verwertung der Inhalte, das heißt wenn ich meinetwegen einen Titel habe, der als Manga erfolgreich ist, dann werde ich mir als Verleger überlegen, ob dieser Titel auch in anderen Verwertungsformen interessant sein kann. Sei es als Film, gerade für den bereich sehr interessant, sei es als Roman, sei es auch als CD-ROM Spiel, sei es auch über eine Musikverwertung. Denken Sie auch an Comicfiguren aus Deutschland, zum Beispiel „Benjamin Blümchen". Solche Verwertungsformen werden wir immer stärker haben.
In der New Economy ging ja immer nur um die große Blase der Wertschöpfungskette, aber die Wertschöpfungskette ist einfach da und ob das nun ein Unternehmen alles selber machen muss, das ist sicherlich der Zweifel, der aus dem Platzen der New Economy Blase entstanden ist. Ob also zum Beispiel Bertelsmann vom Roman bis hin zum Film alles in einer Hand haben muss, das sind Fragen, die heute eigentlich eher verneint werden. Es gibt eine Reihe von kleineren verlagen, die sich zum Beispiel ins Taschenbuchgeschäft vorgewagt haben und viele von denen haben sich daran ganz gewaltig die Finger verbrannt, weil es eine andere Art des Vertriebs ist und es eine andere Handelsform ist, mit der man da umgehen muss und weil einfach da das Know-how fehlte. Gleichzeitig muss man auch sehr viel mehr Titel auflegen können, um Reihen in Buchhandlungen halten zu können.
Aber ich kann mir vorstellen, dass so ein Crossover von Manga zu Romanen sicherlich sehr gut möglich ist und sich auch sehr gut verkaufen kann.

animePRO: Was ist Ihre persönliche Meinung zu den Mangas, ist das jetzt ein Hype, der auch durch die ganzen Animes im deutschen TV begünstigt wurde?
H. Ehling: Ja, ich denke, dass ist eine Geschichte, die uns sicherlich nicht dauerhaft erhalten bleiben wird. Es ist interessant, es ist ein faszinierender Einblick in die Popkultur eines anderen Landes, dass uns wirklich sehr, sehr fremd ist. Gleichzeitig gibt es ja auch in den Mangas durchaus, gerade bei denen, die sich international verkaufen, eine, ich will nicht sagen „Verwestlichung", aber deutliche Globalisierungstendenzen.
Das heißt, dass die Zeichnungen so ausgerichtet werden, dass sie einem globalen Publikum auch einigermaßen zusagen können und die Geschichten werden so erzählt, dass eben auch ein Leser in den USA sie verstehen kann. Auch wie bei Comics geht es ja auch letztlich darum, das psychologische Moment verstehbar zu machen: warum handelt eine Figur, ob das nun im Roman ist, oder im Comic, warum handelt eine Figur in einer bestimmten Situation auf eine bestimmte Weise? Das ist kulturelle Differenz und das verstehbar zu machen ist sicherlich das Erfolgsgeheimnis eines Werkes, dass sich international verkaufen will. Das ist eine gewisse Nivellierung, sicherlich hin auf ein Kulturverständnis, das weitgehend vom Westen geprägt ist. Das mag man gutheißen, das mag man verdammen. Ich stelle einfach nur fest, dass das sicherlich eine Voraussetzung ist für einen Titel, der sich international verkaufen will.

animePRO: Also könnte es Ihrer Meinung nach auch sein, dass es zukünftig zwischen Comic und Manga auch eine Art „Mittelding" geben wird?
H. Ehling: Dazu bin ich zu wenig in der Comic- und Mangaszene drin, um das wirklich beurteilen zu können. Ich denke, es wäre für Mangas ganz falsch sich meinetwegen an Sachen wie „Asterix" zu orientieren. Die Leser wollen ihre Mangas eben auch in der bestimmten Art, sie wollen auch diesen Unterschied zu den gängigen Comics. Diesen gewissen Flair, auch des Exotischen. Das ist sicherlich auch etwas, das den Reitz dieser Sache ausmacht.

animePRO: Ja, die fortlaufende Story ist es ja auch, was so den Manga prägt.
H. Ehling: Genau.

animePRO: Noch zu etwas anderem. Dieses Jahr ist ja auch noch der Themenschwerpunkt Film und TV, was erwartet denn da den Besucher?
H. Ehling: Zum ersten mal ein Kino, mit über vierhundert Plätzen, das wir in der Halle 4.0 der Messe aufbauen. Bzw. nicht wir, sondern 20th Century Fox baut es dort hin und dort werden Vorprämieren gezeigt. Das ganze ist sicherlich ein ganz wichtiger Baustein für die weitere Entwicklung der Buchmesse. Ich habe den Begriff „Wertschätzungskette" eben verwendet. Das ist nicht nur ein Mythos. Die großen Produktionsfirmen haben schon seit vielen Jahren ihre Scouts auf der Buchmesse. Es gibt keinen Film, der nicht auf einem Buch beruht, sei es auf einem original Drehbuch oder sei es ein Drehbuch, das auf Basis eines Romans oder einer Erzählung entstanden ist. Also die gegenseitige Abhängigkeit ist auf jeden Fall schon da: der Film braucht Stoffe, Stoffe bekommt man aus Büchern. Gleichzeitig ist es den Verlagen immer deutlicher, dass sie in diesem Verwertungszyklus Film, Fernsehen einsteigen müssen, um erstens ihren Autoren Zusatzeinnahmen zu generieren und natürlich auch für sich selber als Wirtschaftsunternehmen gerade größere Projekte kalkulierbar zu machen. Viele Verlage haben bisher noch nicht so recht die Instrumentarien entwickelt, um Produktionsfirmen gezielt und erfolgreich ansprechen zu können und wir werden da Workshops anbieten, für Verlagsmitarbeiter, für Leute, die sich in diesem Filmwechtebereich umsehen wollen, für Drehbuchautoren, um da einfach einen stärkeren Zusammenhalt zwischen der Film und der Buchbranche zu fördern. Also es ist nicht so, dass wir da nur Glanz und Glamour auf die Buchmesse holen wollen, sondern, dass es da einen ganz Handfesten wirtschaftlichen Hintergrund für die Verlage, für unsere Aussteller gib. Denen wollen wir damit einfach eine Möglichkeit bieten, noch erfolgreicher auf der Buchmesse zu agieren.

animePRO: Sie haben am Anfang gesagt, Fox bietet ein Kino an, geschieht dies in Zusammenarbeit mit der Buchmesse, oder in Eigenregie?
H. Ehling: In Eigenregie.

animePRO: Es wird ja dann auch viele externe Veranstaltungen geben dieses Jahr...
H. Ehling: Ja, also wir haben in diesem Jahr den absoluten Veranstaltungsrekord. Es hat noch nie so viele Veranstaltungen gegeben, die sich auf der Messe, in Frankfurt, aber auch darüber hinaus abspielen. Also es sind über 3000. Davon über 700 zum Thema Russland und das macht uns viel Freude. Ganz wichtig ist zum Beispiel, dass wir im ersten Jahr ja jetzt die Buchmesse ins Land hinaustragen. Es gibt eine Veranstaltungsreihe namens „Leseland Hessen", wo mehr als einhundert Autoren ausschwärmen und in vierzehn Gemeinden in Hessen während der Buchmesse Lesungen veranstalten. Auch in öffentlichen Veranstaltungen und in Schulen und damit die Buchmesse nach Hessen tragen. Das ist natürlich auch ein Ergebnis der Standortdebatte, denn wir hatten bemängelt, dass das Land Hessen und die Stadt Frankfurt bisher die Buchmesse ein bisschen als gegeben hinnehmen und nicht so viel von sich aus dazu tun die Buchmesse für sich zu vereinnahmen und das hat sich jetzt geändert. Der neue Minister für Kultur, Herr Kauz, hat das sehr schnell erkannt, welches Potenzial er mit der Buchmesse hat, um Hessen als Kulturregion präsent zu machen und präsent zu halten und diese „Leseland Hessen" Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen uns und dem hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und das ist eine durchaus schöne Sache.

animePRO: Warum ist die Frankfurter Buchmesse ihrer Meinung nach ein Muss, warum sollte man hingehen?
H. Ehling: Für die Profis? Also für die Verleger und die Fachwelt ist es ein Muss, weil es ein absolut einzugartiger Treffpunkt ist, für das Geschäft. Sie finden nirgendwo auf der Welt in fünfzehn Minuten einen Verleger aus England, aus Kirgisien und aus der Schweiz, oder aus Korea, mit dem Sie Geschäfte machen können. Das ist sicherlich der wichtigste Punkt, der Frankfurt attraktiv macht, für die Aussteller.
Für das allgemeine Lesepublikum ist es so, wir haben über 1000 Autoren auf der Buchmesse Sie finden Bücher, Bücher, Bücher, ohne Enge, können sich mit Autoren bekannt machen und können gucken, was es an neuem gibt. Über 350 000 Titel werden ausgestellt. Wir haben eine Fläche von 180 000 Quadratmetern, das sind ungefähr 27 Fußballplätze, die wir vollstellen mit Büchern. Die Buchmesse ist eine Riesen Veranstaltung, es ist nicht möglich alles zu sehen, aber es ist möglich sich zu konzentrieren und zu sagen: „Ich will Kinderbücher gucken.", dann weiß ich, es gibt ein Kinderbuchforum, und Kinderbuchaussteller. Ich kann mir das Programm im Internet anschauen und dann sehr gezielt zu Veranstaltungen gehen.

animePRO: Es ist ja auch gerade das Internationale, was die Frankfurter Messe unterscheidet.
H. Ehling: Zwei drittel unserer Aussteller kommen nicht aus Deutschland. Das ist auch der wesentliche Unterschied zu allen anderen Messen der Welt. Alle anderen Messen der Welt, mit Ausnahme von Bologna, der Kinderbuchmesse, sind Regionale Messen mit einer gewissen Internationalen Beteiligung.

animePRO: Was sind dann noch ihre Hoffnungen und Wünsche für die Buchmesse 2003.
H. Ehling: Ich würde mir wünschen, dass diese Veranstaltungsforen, diese vielen Innovationen, die wir haben, so wahrgenommen werden, dass sie zum Erfolg werden. Ich wünsche mir, dass das Publikum die Möglichkeiten, die wir bieten, nutzt und in hellen Scharen zur Buchmesse strömt. Ich wünsche mir, dass die Frankfurter Buchmesse ein Horrido ist, für die Buchbranche Weltweit und dass davon ein positiver Impuls ausgeht, um die Buchbranche, die sich tatsächlich in diesem Jahr ein Wenig aus der Krise hervorgearbeitet hat, mit mehr Zuversicht zu erfüllen.

animePRO: Und was ist so Ihr Tipp für die Buchmesse, worauf freuen Sie Sich am meisten?
H. Ehling: Ich freue mich am meisten auf Günter Grass. Er wird am Messesonnabend zunächst einmal aus seinem neusten Gedichtband lesen und danach gibt es Tanzvergnügen mit Zigeunermusik und Tango. Das ist in Halle 1.2.
 

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Fazit!

animePRO: Das klingt ja recht interessant. Damit sind wir dann auch am Ende unseres Interviews angelangt, ich bedanke mich.

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