Steffen Becker und Kai-Steffen Schwarz von Carlsen Comics

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Bildcopyright: Carlsen Comics, animePRO

Einer der größten Manga-Verlage Deutschlands ist der Carlsen Verlag. Nach dem Abgang von Dr. Joachim Kaps im Jahre 2004 wurde der gesamte Comicbereich neu strukturiert. Steffen Becker, Leiter der Leserkommunikation von Carlsen, und Kai-Steffen Schwarz, der neue Programmleiter „Manga Buch", erzählten uns im Interview einiges über den Verlag, ihre Ziele und natürlich über deutsche Manga-ka. Das Interview führte Evelyn Waclawiczek für AnimePRO.

Inhalt

animePRO: Danke, dass Sie beide Zeit für uns gefunden haben! Könnten Sie sich unseren Lesern zunächst einmal kurz vorstellen?
Steffen Becker: Steffen Becker, 46 Jahre, seit Mitte Januar Leiter der Leserkommunikation des Carlsen Verlags, also Marketing, Presse, Events, Messen und Internet für die, die unsere Bücher und Zeitschriften letztlich kaufen. Meine Kollegin Marianne Ohmann verantwortet die Handelskommunikation, z.B. die Vorschauen und Displays.
Kai-Steffen Schwarz: Kai-Steffen Schwarz, 35 Jahre, seit 1998 bei Carlsen – zuerst als Comic-Redakteur, dann ab 1999 im Vertrieb, ab 2001 Comic-Vertriebsleiter, seit Juni 2005 „Programmleiter Manga Buch". Das Wort „Buch" ist deshalb im Titel, weil unsere Magazine eigene Chefredakteure haben, welche diese verantworten: Jonas Blaumann (für BANZAI!) und Anne Berling (für DAISUKI).

animePRO: Wie kamen Sie beide zum Carlsen Verlag?
Steffen Becker: Carlsen hatte gehört, dass ich mich langfristig umorientieren wollte. Wir haben uns ein paar Mal getroffen, waren uns sympathisch und die Aufgabe reizte mich ungemein. Ich war zu dem Zeitpunkt zuständig für die PR der evangelischen Kirche in Hamburg, hatte Erfahrung auf allen Gebieten der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketing und wollte nach sieben intensiven Jahren ein neues Thema machen.
Kai-Steffen Schwarz: Ich habe nach Abschluss meines Studiums – und meiner Tätigkeiten bei COMICA in Frankfurt - ein Angebot bekommen, Comic-Redakteur bei Carlsen zu werden. Geholt hat mich damals Joachim Kaps, den ich durch meine redaktionelle Mitarbeit an seinem Jahrbuch »Comic Almanach« und der »Comixene«, sowie unserem regelmäßigen Kontakt schon einige Jahre kannte.

animePRO: Wie kam es, dass Sie sich für eine Arbeit im Bereich Comic interessierten? Und hatten Sie, Herr Becker, früher schon einmal mit Comics zu tun?
Steffen Becker: Als Kind und Jugendlicher las ich die Klassiker: viel Fix und Foxi, Asterix, Tim und Struppi, Spirou, Nick Knatterton und Schlümpfe, dafür aber wenig Micky Maus oder Superhelden. Später kamen dann die Peanuts und die Lateinamerikaner wie Mafalda, Quino und andere mexikanische Comics dazu. Und Crumb natürlich. Manga kannte ich außer Barfuß durch Hiroshima und Akira und Animes wie Prinzessin Mononoke praktisch nicht. Aber deshalb reizte mich ja die Arbeit bei Carlsen.
Kai-Steffen Schwarz: Als Kind habe ich natürlich viele Comics gelesen, vor allem frankobelgische Sachen wie Asterix, Lucky Luke, Isnogud, Tim und Struppi usw. Mir geht es ähnlich wie Steffen: die Disney-Sachen und Superhelden habe ich eher seltener gelesen. Über die Jahre wuchs mein Interesse an Comics und vor allem das Carlsen-Programm hat mich ziemlich geprägt. Ende der 80er-Jahre fing ich dann – nach einer „Klugscheißer-Phase" als vehementer Leserbriefschreiber an Comic-Fachmagazine ;-) - an, selbst über Comics zu schreiben, wo immer es ging: für Stadt- und Fachmagazine, später vor allem für den Comicer, ein launig-freches Kundenmagazin, dass der Laden COMICA herausgegeben hat. Auch an der Uni habe ich diverse Comic-Arbeiten für Seminare in Scheine verwandeln können. Die habe ich z.T. dann später zu Sekundärbeiträgen für Jahrbücher etc. erweitert. Die ganze Zeit über habe ich viele Comics – und natürlich auch Manga – „quer durch den Gemüsegarten" gelesen und das ist auch heute noch so. Es ist mir also gelungen, quasi fließend mein Hobby zum Beruf zu machen. Zeichnen kann ich allerdings nicht besonders. ;-)

animePRO: Carlsen wird ja nachgesagt, dass der Verlag nach dem Abgang von Dr. Joachim Kaps quasi im „Chaos" versank. Nun wurde ja kürzlich im „Börsenblatt online" berichtet, dass Carlsen Neustrukturierungen anstrebt und es seit 1. Juni 2005 sogar eine eigene „Redaktion Manga" gibt, welche von Ihnen, Herr Schwarz, geleitet wird. Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Steffen Becker: „Chaos" ist natürlich Quatsch, sonst wären wir heute nicht da, wo wir sind - unsere jetzigen Programme kommen ja offensichtlich bei den Fans an. Was stimmt, ist: wir stellen uns neu auf.
1. Wir setzen auch bei Manga voll auf teamplaying. Joachim Kaps kennt sich sicher super aus, aber wir denken, auf Dauer kommen wir als Team weiter: mehr Leute haben mehr Wissen, mehr Ideen und längeren Atem. Wir können unsere unterschiedlichen Stärken besser einbringen: Kai hat zum Beispiel sehr viel Wissen, ich habe (noch) den Blick von außen, stelle dumme Fragen und kann meine Erfahrungen aus ganz anderen Branchen einbringen. Und mehr Spaß macht es auch.
2. Eine Stärke von Carlsen ist ja, dass wir Kinder- und Jugendbücher UND Manga und Comics machen. Wir kennen nicht nur die Comic- und Mangafans gut, sondern die ganze Szene der Kids und Jugendlichen. Wir tauschen jetzt unser Wissen, unsere Erfahrungen und Ideen im Verlag besser aus und wollen uns noch viel stärker an den Lesern orientieren. Die Manga-Fans z.B. bilden heute eine etablierte Szene, die anfängt etwas insidermäßig zu werden. Wir wissen aber: Manga sind eigentlich für noch viel mehr Leute interessant, wir müssen ihnen nur den Einstieg leichter machen. Und umgekehrt finden Manga-Leser auch Bücher wie Lian Hearns „Clan der Otori" (http://www.otori.de) oder Philipp Pullmans „His Dark Materials" total spannend, wissen aber häufig gar nicht, dass es sowas gibt. Deshalb stellen wir uns jetzt so auf, dass wir diese Stärken optimal nutzen können.
Kai-Steffen Schwarz: Was den Übergang im Frühjahr 2004 angeht, so war der natürlich rein organisatorisch alles andere als einfach, zumal ja auch einige andere bekannte Kolleginnen und Kollegen mit bzw. kurz nach Joachim Kaps den Verlag verließen. Das gab uns aber Gelegenheit, die verlagsinterne Teamarbeit neu aufzustellen: dezentraler als zuvor, wie von Steffen beschrieben. So arbeiten wir inzwischen, und so wollen wir auch „zu neuen Ufern aufbrechen", wie man so schön zu sagen pflegt. Die personelle Neustrukturierung der Redaktion folgt im Prinzip dem organisatorischen Modell im „Kinderbuch-Teil" des Hauses. Carlsen ist in jeder Hinsicht breit aufgestellt, sowohl was das Programm (bzw. die einzelnen Programmbereiche) als auch die Zielgruppen angeht. Um beide inhaltlichen Bereiche - Comics wie Manga - zu stärken, wurden Programmverantwortung und Redaktion auf Ralf Keiser (für die „westlichen" Comics) und mich (für die „östlichen" Comics) verteilt. So können wir uns jeweils stärker und konzentrierter den jeweiligen Spielarten des Mediums widmen. Es gibt ja nicht nur inhaltliche, formale und stilistische Unterschiede, sondern auch organisatorische – etwa in der Zusammenarbeit mit Autoren und Lizenzpartnern, die bis in die tägliche Arbeit hinein wirken. Da kann es natürlich von Vorteil sein, zwei Redaktionsleiter statt einen zu haben.

animePRO: Welchen Stellenwert haben generell Comics, insbesondere Manga bei Carlsen?
Steffen Becker: Manga inklusive Comics ist eins von den zwei Beinen auf denen der Carlsen Verlag steht. Mal gehts dem einem Bereich besser, mal dem anderen, zur Zeit beiden (auch wenn wir natürlich noch viel besser werden wollen).
Kai-Steffen Schwarz: Comics & Manga sind dem Verlag genauso wichtig wie Kinder- & Jugendbücher. Das gilt sowohl ideell als auch ökonomisch, hinsichtlich des Markt-Zugangs in den Buchhandel wie auch in der direkten Kommunikation mit den Leserinnen und Lesern, von denen andere Verlage und Branchen nur träumen können.

animePRO: Dr. Kaps, der ja nun Verlagsleiter von Tokyopop Deutschland ist, verließ Carlsen 2004 wegen Unstimmigkeiten. In einem Interview mit AnimePRO im vergangenen Jahr begründete er dies wie folgt: „Ich und die beiden Geschäftsführer bei Carlsen [hatten] nicht mehr die gleichen Vorstellungen darüber, wie man Manga in eine sichere Zukunft führt. Ich habe es vorgezogen zu gehen statt einen schleichenden Niedergang verantworten zu müssen, der auf einer meiner Meinung nach falschen strategischen Ausrichtung beruht." Dr. Kaps gab zudem auch an, dass Carlsen nicht bereit ist, andere Produkte zu vertreiben, (Zitat) „was nicht aus Papier ist oder nicht ausschließlich über den Buchhandel vertrieben wird". Er spricht damit die Intermedialität des Mediums Manga an, also die Ausweitung des Programms auf DVDs und eventuell Games und anderen Produkten. Was ist Ihre Meinung dazu?
Kai-Steffen Schwarz: Ich glaube, damit war vor allem die Frage gemeint, ob ein Verlag wie Carlsen auch die multimediale Vermarktung der Manga-Themen selbst übernehmen sollte oder nicht. Die Idee bzw. Strategie an sich, auch hier „japanischen Modellen" zu folgen, ist meines Erachtens nicht falsch - nur muss sie eben auch erfolgreich umgesetzt werden können. Fakt ist, dass die Markterfolge unserer eigenen Anime- und Merchandise-Produktionen (wie etwa die Kare Kano-DVDs oder das One Piece-Merchandise) nicht unseren Zielsetzungen entsprachen – und vor allem auch intern sehr viel zusätzliche Zeit und Mühen beansprucht haben. Und man muss einfach sehen: der deutsche Markt für Manga, Anime & Co. mag sich tendenziell auf japanische Verhältnisse hinbewegen, er funktioniert aber in vielen Belangen einfach anders: jeder Markt folgt zum Teil anderen Gesetzen. Ganz ohne Zusatzprodukte arbeiten wir ja übrigens auch wieder nicht, wenn man sich die Extras in unseren Magazinen und einigen Taschenbüchern, die BANZAI!-Taschen oder den DAISUKI-Plüsch-Kisu anschaut.
Steffen Becker: Unsere strategische Ausrichtung heißt: Wir halten Kooperationen mit starken Partnern aus anderen Branchen wie Anime, Games etc. für den besseren Weg die Manga zu stärken, statt Geschäftsfelder zu betreiben, auf denen wir naturgemäß nur begrenztes know how haben.
Kai-Steffen Schwarz: Letztlich wird sich ein Autor oder Lizenzgeber am Ende immer fragen, ob der Verlag oder Produzent die jeweils bestmöglichen Ergebnisse und Verkäufe erzielt hat. Wir sind sehr gespannt, wie sich das in den nächsten Jahren weiterentwickelt und welche Strategie(n) erfolgreich sein werden. Für die Fans ist dabei sicher wichtig, eines festzuhalten: beide Strategien sind verschiedene Wege, die aber dasselbe Ziel verfolgen – die fernöstliche Popkultur rund um das „Kernmedium" Manga im deutschsprachigen Raum noch bekannter und erfolgreicher zu machen!

animePRO: Dr. Kaps sagte in seinem Interview auch folgendes: „Die Leitung von Carlsen stellte aber selbst die bereits beschrittenen Wege (z.B. die beiden Magazine) immer wieder in Frage." Heißt das, dass Carlsen mit beiden Manga-Magazinen Banzai! und Daisuki nicht unbedingt 100%ig zufrieden war oder ist?
Kai-Steffen Schwarz: Gerade der Magazin-Markt in Deutschland ist ja kein „ruhiger Fluss", wie man auch an den Veränderungen bei EMA sehen kann [Anm. der Redaktion: EMA stellte bereits vor längerer Zeit sein Manga-Magazin „Manga Power" ein.], und immer wieder starken Schwankungen unterworfen. Man kann immer versuchen, besser zu werden - insofern ist es auch legitim, dass manche Dinge immer wieder hinterfragt werden. Seit dem Interview mit Joachim Kaps ist ja nun auch schon einige Zeit vergangen und manche Dinge haben sich verändert. ;-) Und dass Carlsen die Magazine nicht egal sind, sieht man z.B. daran, dass wir zum Jahreswechsel 2005 zu einem neuen Pressevertrieb gewechselt sind und uns immer wieder neue Extras und inhaltliche Verbesserungen überlegen und umsetzen. Außerdem erscheint bereits nächste Woche (am 23. Juni 2005) unser brandneues Magazin „MANGA-KA", in DIN A 4, voll farbig, 64 Seiten, mit viel FanArt deutscher Manga-Ka, Interview mit Judith Park, Tipps zum Bewerben, Gewinnspiel etc. - und das für nur € 2,90. Geplant ist erstmal eine Ausgabe, bei Erfolg können weitere folgen!

animePRO: Der Carlsen-Verlag ist mittlerweile der einzige deutsche Manga-Verlag, der bislang noch keine Manhwa oder Manhua (Comics aus Korea, China oder Taiwan) verlegt. Warum nicht?
Kai-Steffen Schwarz: Wir haben da keine ideologischen Schranken im Kopf und möchten uns programmatisch keiner Optionen verschließen – für Wünsche unserer Leser haben wir immer ein offenes Ohr. Das Herkunftsland der Comics oder Künstler spielt an sich keine Rolle für uns – sofern wir von der Qualität überzeugt sind. Judith Park, die Manga-Zeichnerin von Dystopia und Y Square z.B. ist ja koreanischer Abstammung. ;-) Andere Verlage bestreiten z.T. sogar einen sehr großen Anteil ihres Programms mit Manhwa. Wir wollen uns gerade deshalb dann aber auch genau überlegen, wie wir programmatisch neben unseren starken Manga-Serien weiter verfahren werden. Klar ist aber auch, dass wir unser Programm von der Titelzahl nicht künstlich aufblähen wollen, nur um überhaupt auch Manhwa und/oder Manhua zu machen - denn damit wäre niemandem geholfen. Und es gibt ja auch in Japan noch so einige interessante Themen und Genres, die wir im deutschsprachigen Raum erfolgreich etablieren wollen.

animePRO: Carlsen erwähnt ja immer wieder auf seiner Homepage, Marktführer im Bereich Manga zu sein. Mittlerweile gibt es ja eine immer größer werdende Zahl von Verlagen, die sich diesem Medium zuwenden; so hat zum Beispiel letztens der Heyne Verlag begonnen, Manga zu verlegen. Befürchten Sie bei dieser Anzahl an Konkurrenz, dass Carlsen irgendwann vielleicht seine Position als Manga-Marktführer einbüßen muss, oder fühlen Sie sich momentan relativ sicher?
Steffen Becker: Zu sicher sollte man sich nie fühlen. Wir schlafen ebensowenig wie die Konkurrenz und werden uns auf dem Erfolg nicht ausruhen.
Kai-Steffen Schwarz: Je nach Betrachtungsweise und Abfragezeitraum beanspruchen inzwischen verschiedene Verlage die Marktführerschaft für sich. EMA tut dies in der neuen Händlervorschau – so etwas ist auch gegenseitiger Ansporn: in den letzten sechs Wochen (KW 18-23/2005) liegt laut GfK/media control allerdings Carlsen im Manga- & Manhwa-Umsatz wieder vorn. Klappern gehört doch zum Handwerk! Unser Ziel ist natürlich immer, der beste und beliebteste Manga-Verlag zu sein. Größter Mitbewerber im deutschen Markt ist aktuell EMA – die bringen allerdings auch zurzeit jeden Monat ca. sechs Neuheiten mehr heraus als wir. Die Marktführerschaft an sich ist also kein Dogma bei uns; wir wollen sie uns deswegen auch nicht unbedingt mit immer mehr Neuheiten erkaufen, nur weil wir im Umsatz vorne sein wollen. Weitere Mitbewerber wie Heyne begrüßen wir, denn es heißt ja so schön: „Konkurrenz belebt das Geschäft". Wir wissen aber, dass für den Erfolg nicht nur die programmatische, sondern auch die vertrieblichen Stärken und Kompetenzen zählen, bei denen wir ganz unbescheiden die Nummer Eins sind und natürlich bleiben wollen.

animePRO: Die Ausmaße des Manga- und Anime-„Wahns" in Deutschland wurden ja im März auf der Leipziger Buchmesse wieder einmal erneut sichtbar. Was glauben Sie – ist dieser momentane Hype etwas, was nur wenige Jahre andauern wird oder könnte er sich (wie in Japan) zu etwas Langlebigen entwickeln? Glauben Sie, dass sich Manga in 5 oder 10 Jahren noch genau so gut verkaufen wie heute?
Steffen Becker: Wir trauen den Manga noch viel zu, mit Sicherheit ist das kein Hype. Viel wird jedoch davon abhängen, ob wir den Kids und Jugendlichen klar machen können: Manga ist nicht nur was für Insider, sondern für alle.
Kai-Steffen Schwarz: Genau, und das wollen wir programmatisch auch untermauern und neue Leserinnen und Leser ans Medium heranführen - egal ob sie jünger oder älter sind oder vielleicht nur ihr bisheriges Lieblings-Genre noch nicht in Manga-Form kennen gelernt haben. Ich denke auch, dass letztlich alle deutschen Manga- & Manhwa-Verlage dieses Bestreben haben. Manga haben ja den Vorteil, dass es sie in einer sehr großen inhaltlichen Bandbreite gibt, weil es die japanischen Verlage schon lange verstanden haben, den Wünschen ihrer Leserinnen und Leser zu entsprechen. Wenn die deutschen Verlage ähnlich handeln, dann wird der Markt auch in 5 oder 10 Jahren noch weiter wachsen.

animePRO: Und wo sehen Sie generell Carlsen in 10 Jahren?
Steffen Becker: An der Spitze der Bewegung.
Kai-Steffen Schwarz: Sehr gerne.

animePRO: Zum Abschluss noch ein Thema, dass in Deutschland immer gerne angesprochen und diskutiert wird: deutsche Manga-ka. Der Carlsen Verlag war meines Wissens nach der erste deutsche Verlag, der deutsche Mangazeichner eingestellt hat; mittlerweile arbeiten drei Zeichner fix für Carlsen, wobei Robert Labs ja nun nicht mehr speziell als Mangazeichner tätig ist und Christina Plaka ja bereits vor einem Jahr den Verlag wechselte. Wird Carlsen in Zukunft weitere deutsche Talente einstellen?
Kai-Steffen Schwarz: Ja, natürlich – das halten wir für sehr wichtig, nicht nur, weil es einem Verlag wie Carlsen generell gut zu Gesicht steht und wir dabei neue Dinge lernen können, sondern weil es auch Spaß machen kann und sich Eigenproduktionen zunehmend auch kommerziell auszahlen. Dystopia von Judith Park z.B. haben wir gerade nachdrucken müssen, weil die erste Auflage schon nach wenigen Monaten ausverkauft war. Gerade was Manga angeht, wird ein enormes künstlerisches und erzählerisches Potenzial bei den zumeist jungen Talenten sichtbar, das es im Vergleich bei anderen Comics früher in dieser Breite nicht gegeben hat. Dieses zu unterstützen und junge Zeichner zu fördern, ist für uns essenziell und wird sich auch in Zukunft auszahlen. Hier kommt es uns darauf an, beidseitig auf Qualität und Verlässlichkeit zu setzen. Es geht uns also z.B. nicht unbedingt darum, die meisten deutschen Mangaka im Vergleich zu anderen Verlagen unter Vertrag zu haben, sondern die unserer Ansicht nach besten und vielversprechendsten, denen wir auch gute Publikations- und PR-Möglichkeiten bieten. Umgedreht sollen die Zeichner(innen) von uns ja auch weiterhin eine sehr gute und intensive Betreuung erwarten können, wenn sie länger auf dem Markt bestehen wollen. Das gilt natürlich auch für Zeichnerinnen und Zeichner, die nicht im „Manga-Stil" arbeiten.

animePRO: Wie überzeugt sind sie von den Carlsen-Manga-ka? Wird es in naher Zukunft vielleicht neue Manga von deutschen Zeichnern geben?
Steffen Becker: Wenn wir nicht von ihnen überzeugt wären, würden wir sie nicht unter Vertrag nehmen.
Kai-Steffen Schwarz: Dem kann ich mich voll und ganz anschließen. In den Magazinen veröffentlichen wir ja z.B. bereits Arbeiten von Mio (in Banzai!), der mit auf unserer Frühjahrs-Signiertour war, und Nina Werner in der Daisuki. Als nächste Buchveröffentlichungen unserer "Haus-Mangaka" sind Jibun-Jishin von Nina Werner und Toga von Jin Baron geplant. Letzterer arbeitet auch an neuen Kapiteln für unseren aus Banzai! und Daisuki bekannten Nihongo-Japanisch-Kurs in Manga-Form. Alle drei Bücher sollen im Frühjahr 2006 bei Carlsen erscheinen. Für Projekte darüber hinaus ist es jetzt noch zu früh, etwas zu sagen, sorry.

animePRO: Was halten Sie von dem momentanen Boom an Manga-Talent-Wettbewerben (in Deutschland gibt es ja mittlerweile fünf große Wettbewerbe), welche versuchen, neue Zeichner an Mangaverlage zu vermitteln?
Steffen Becker: Lasst viele Blumen blühen: viele Wettbewerbe sind o.k. Als Mitausrichter des größten und anerkanntesten Wettbewerbs, den Manga-Talenten der Leipziger Buchmesse (den es natürlich auch 2006 wieder geben wird), haben wir keine Angst vor Konkurrenz. Jedes Jahr machen mehr Talente mit, die Qualität steigt ebenfalls. Aber: wer einen Manga-Wettbewerb macht, übernimmt Verantwortung. Er sollte nicht mit Verträgen, Betreuung und Ruhm locken und die Gewinner dann bei der nächsten Gelegenheit wieder fallenlassen, weil sie ihm zu viel Arbeit machen. Versprechen muss man halten.

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Fazit!

animePRO: Wir bedanken uns herzlich für das Interview!

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