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animePRO: Guten Tag, Herr Tanabe, ich freue mich sehr, dass Sie sich die Zeit für unser Interview genommen haben und uns sogar in Ihre Wohnung einluden.
Nun findet man ja auf Ihrer Homepage http://www.tanabe.de so ziemlich alle wichtigen Informationen über Sie. Ich würde Sie aber Bitten, sich unseren Lesern noch einmal persönlich vorzustellen.
Toru Tanabe: Also, ich bin von Haus aus Opernsänger und wohne, mit meiner Studienzeit, schon seit zwanzig Jahren in Deutschland. Unter anderem wohnte ich in München, Frankfurt und in Halberstatt in Sachsen-Anhalt.
Bis 1999 war ich überhaupt an einem Theater fest Engagiert gewesen, da hatte ich auch noch keine Zeit irgend etwas anderes zu unternehmen, aber jetzt, wo ich freiberuflich Tätig bin, pendle ich zwischen Deuschland und Japan. In den letzten Jahren hat sich dass dann auf jeweils ca. 6 Monate in Japan und 6 Monate hier in Deutschland eingepegelt.
Was gibt es noch zu sagen, ich singe Oper, Operette, sehr gern auch Musical in Japanisch, Deutsch, Italienisch, Englisch weniger.
animePRO: Dann würde es mich einmal interessieren, wie Sie denn auf Deutschland gekommen sind, bzw. was Sie nach Deutschland führte.
Toru Tanabe: Ich habe schon als Kind gern die deutsche Klassik, Schubert, Brahms etc., gehört, und nach dem Abitur habe ich mir gedacht, ich wollte Musiker werden und wollte auf die Musikhochschule gehen mit dem Hauptfach Querflöte. Da habe ich dann zuerst in Japan gesucht, aber mein damaliger Lehrer kannte den Professor vom Mozarteum in Salzburg und dann hatte ich ihm vorgespielt. Ich dachte dann: warum nicht gleich nach Europa? Das interessierte mich sowieso und ich konnte schon vorausahnen, dass ich, wenn ich in japan studiert hätte, nach dem Abschluss ohnehin nach Deutschland gegangen wäre. Darum dachte ich, warum dann nicht jetzt schon?
animePRO: Und Deutsch haben Sie schon vorher gekonnt?
Toru Tanabe: Nein, ich habe erst in der Vorbereitungszeit für das Studium begonnen Deusch zu lernen.
animePRO: In Verbindung mit Deutschland steht ja auch eines ihrer Projekte: „Alte und neue Lieder aus Japan in deutscher Übersetzung". Was hat sie dazu bewogen?
Toru Tanabe: Also eigentlich war das ein Zufall. Man hat mir einmal ein Konzert in einem Gymnasium angeboten, in dem auch Japanisch unterrichtet wird. Das war eine Veranstaltung vom Japanischen generalkonsulat in Frankfurt. Der japanische Generalkonsul hielt erst einen Diavortrag über Japan und danach sollte ich vor den Schülern einen kleinen Auftritt geben. Und da habe ich mir gedacht ein paar japanische Lieder zu singen und dann dachte ich mir, warum denn nicht auf deutsch?
Ich kannte bereits eine CD eines berühmten schweitzer Tenors namens Ernst Haefliger. Er war auch ein japanfan und war sehr oft in Japan. Er brachte bereits vor etlichen Jahren 3 CDs mit japanischen Liedern in deutscher Sprache heraus. Das Goetheinstitut in Tokyo hatte sich damals bereit erklärt um die 50 japanische Lieder für ihn in einen deutschen Singtext zu übersetzen.
Das habe ich gekannt, da ich eine dieser CDs besaß und daraus habe ich gesungen. Und das konzert kam sehr gut an. Trotzdem, dass es Teenager waren, die eigentlich nicht so gern ins Theater gehen haben sie die Musik gemocht. Ich sang damals eine Strophe auf Japanisch, damit auch der Originalklang richtig rüberkommt und eine Strophe auf Deutsch. Beides hat ihnen sehr gefallen, so haben sie den japanischen Klang genossen und konnten auf Deutsch natürlich auch dem Inhalt folgen.
Dieses Ereigniss hat mich sehr bewegt und darum habe ich das, was ich ohnehin schon als Idee im kopf hatte in dieser CD umgesetzt.
animePRO: Sind denn noch weitere CDs wie diese geplant?
Toru Tanabe: Also vom Liederbuch alte und neue Lieder aus Japan nicht. Vielleicht können wir die CD in Japan herausbringen, aber neue CD ist nicht geplant. Mit dem Animebuch vielleicht.
Wissen Sie, für die CD veröffentlichung braucht man ein Label. Diese CD ist allerdings vom Thiasos Verlag herausgegeben worden, also dem Verlag, bei dem auch das Heft dazu erschien. Darum hat diese CD keine CD-Nummer. Man kann sie im Buchladen bestellen oder im Musikgeschäft, wo es Noten gibt, aber nicht in einem CD-Laden. Die Nummerierung ist da ganz geteilt zwischen Büchern und CDs. Das ist nur eine Ausnahme gewesen, weil die Firma Brother uns als Weihnachtsgeschenk versprochen hat diese CD in großmengen abzunehmen, damit sie übehraupt veröffentlicht werden konnte.
Das ist natürlich eine große Ausnahme denn normalerweise muss man dafür mit einem Label sprechen und wenn sie es wollen ist es uns erst möglich. Vielleicht trägt dieser Artikel ja dazu bei.
animePRO: Das wird sich zeigen. Zu hoffen wäre es ja, denn es gibt gewiss viele, die sich dafür interessieren. Womit wir auch schon beim nächsten wären. Solche japanischen Kinder und Volkslieder sind ja noch ein Novum hier in Deutschland, bekannter hingegen ist japanische Popmusik bzw. Animemusik, was ja unter anderem auch Firmen wie Animerecords unterstützen. Was denken Sie bei dieser Entwicklung. Es ist ja so, dass immerhin die wenigsten überhaupt die Texte verstehen soll dazu auch Ihr „Anime Songbook" Projekt dienen?
Toru Tanabe: Ich denke nicht die Musik ist alleine populär geworden. Das ist viel mehr ein Nebeneffekt weil Anime und Manga so populär geworden sind. Wir sollten sorum denken. Und weil eben diese Animes so bekannt wurden ist es ja klar, dass man auch die Lieder mitsingen möchte. Das war ja auch ein Hauptgrund für uns das Anime-Songbook herauszubringen. Wir haben auf conventions Animefans getroffen, die voller Leidenschaft Animelieder gesungen haben. Sie haben sich die Texte in Englisch oder Romaji aus dem Internet geholt. Da das allerdings nur spezielle Fans tun – die meisten, die nachmittags nur RTL2 einschalten, aber auch Animefans sind, werden kaum dazu kommen selbst auch Animelieder, sogar in japanischer Sprache zu suchen, um sie nach zu singen – haben wir gesagt, wir veröffentlichen dieses Buch.Wir würden uns natürlich freuen, wenn diese eingefleischten Animefans unser Buch mit freude in den Händen halten. Unser weiteres Ziel ist es aber, dass wir durch dieses Buch die Animemusik auch noch ein stückweit Populärer machen können.
Aber um noch einmal darauf zu kommen, warum Anime und Manga so populär geworden sind. Ich weiß es nicht, vielleicht liegt es daran, dass es eine Art „Welttrend" ist, dass man immer weniger liest. Vielleicht haben wir Japaner damit nur früher angefangen und mit Manga einen guten Zwischenweg gefunden. Wissen Sie, ab meiner Generation hat man als Erwachsener in Japan keine Hemmungen mehr gehabt in der öffentlichkeit Manga zu lesen. Zur Generation meiner Eltern noch hat man sich nicht getraut im Zug Manga zu lesen, als Erwachsener, das war eine Schande. Aber seit den 70er Jahren ist es populär geworden und gleichzeitig auch Anime als Fernsehprogramm.
Ein weiterer Hauptgrund ist in meinen Augen auch die Vielfalt der Werke, die dazu geführt hat, dass Anime und Manga in der Welt so beliebt sind. Sicher gibt es Asterix und Obelix oder Walt Disney, aber diese Sachen sind hauptsächlich auf Kinder orientiert und das ist bei Anime und Manga nicht der Fall.
animePRO: Würden Sie sich selbst als Animefan bezeichnen?
Toru Tanabe: Nun, als Fan würde ich mich nicht direkt bezeichnen, ich lese nicht so häufig Manga und bei den neueren Serien kenne ich mich auch nicht mehr so gut aus, aber ich bin dem nicht abgeneigt. Wenn ich die Gelegenheit und Zeit dazu habe lese ich schon gerne einmal einen Manga, aber das ist nicht so oft der Fall.
animePRO: Ahja, gut, dann lassen Sie uns zum Synchronsprechen kommen. Sie haben ja im Film „Last Samurai" der Figur Katsumoto ihre Stimme geliehen. Wie kam es dazu?
Toru Tanabe: Ja, ganz normal! Ich habe ja hier in Berlin einen Film und Fernseh Agenten und der hat das für mich vermittelt.
animePRO: Würden Sie auch eventuell Animes synchronisieren wollen?
Toru Tanabe: Ja, sehr gerne.
animePRO: Warten Sie da nur noch darauf, dass etwas vermittelt wird oder?
Toru Tanabe: Nunja, es ist bei der Synchronisation so eine Sache. Obwohl die Animes ja aus Japan sind werden sie in Deutsch als Muttersprache synchronisiert. Man ruft mich ja nur zu einer Synchronisation, wenn man eine akzentuierte deutsche Sprache braucht und eben entsprechend meiner Stimme.
Aber es ist ja so, dass in manchen Animes eine Art „Fremdfigur" oder Gespenster oder ein Unmensch oder sowas auftaucht. Bei woetwas würde ich als Regiseur schon einmal eine Akzentierte Sprache mit hereinbringen, wenn es sich ergiebt.
animePRO: Sie haben ja schon gesagt, dass Sie nicht all zu oft dazu kommen Mangas zu lesen, aber es ist Ihnen ja sicher nicht entgangen, dass mehr und mehr deutsche Nachwuchszeichner jetzt auch schon mitunter recht professionelle Mangas zeichnen. Was halten Sie denn davon.
Toru Tanabe: Ja, das ist mir bekannt. Und ich finde es wunderschön. Ich habe auch schon auf Conventions ein paar Mangaserien durchgeblättert, unter anderem auch von deutschen Zeichnern und ich fand es auch recht interessant, aber jetzt direkt von der Qualität zu vergleichen bin ich nicht in der Lage.
animePRO: Ich frage Sie das jetzt, weil wir auf AnimePRO ja neuerdings einen Bereich haben, in dem wir speziell junge Nachwuchszeichner aus dem deutschen Sprachraum fördern wollen. Ich meine, ob es einem deutschen Zeichner gelingen wird so bekannt zu werden, wie japanische Manga-ka weß ich nicht...
Toru Tanabe: Das ist sehr schön, aber das mit der Bekanntheit würde ich nicht unbedingt sagen. Was uns Japaner natürlich freut ist, dass europäische Mangafans japanische Mangazeichner als erste in der Welt bezeichnen, das freut uns, ja, aber das soll auch nicht so bleiben.
Sehen Sie, das Gegenbeispiel erlebe ich ja hier in Deutschland.
Ich mache auch deutsche Musik, aber ich fühle mich auch nicht wohl in der zweiten Reihe zu stehend, nur weil ich Japaner bin. Ich wäre auch nicht damit zufrieden wenn jemand sagen würde: „nagut, Tanabe hat gut gesungen, aber er ist halt Japaner". Und ich bin auch nicht der Meinung, dass ich durch meine Nationalität schlechter singe als deutsche Sänger, aber dieses Vorurteil gibt es, das ist ganz klar.Und wenn man in einer Branche Ausländer ist muss man sich mit diesem Thema befassen und das habe ich Jahrelang gemacht.
Darum wünsche ich mir auch nicht, dass deutsche Zeichner jetzt dadurch minderbewertet werden, weil sie Deutsche sind. Das werde ich durch diese Medien und alles auch ganz ganz laut sagen. Denn letztendlich entscheiden die Konsumenten ob eine Serie gut ist oder nicht und wenn diese Serien jetzt nur dadurch unterbewertet werden, weil der Zeichner ein Deutscher ist, dann sieht es ganz ganz problematisch aus.
animePRO: Einen Teil dazu trägt ja schon der Tokyopop Verlag bei, der verstärkt auch deutschen Zeichnern die Möglichkeit gibt ihre Werke zu veröffentlichen.
Toru Tanabe: Und das soll auch von japanischer Seite, als Marktführer, noch viel mehr unterstützt werden. Dafür engagiere ich mich auch. Ich hatte im Dezember eine Besprechung im Tokyoer Rathaus. Die Stadt Tokyo veranstaltet jährlich die größte Mangaconvention in Asien, die Tokyo international Anime Fair. Da hatte ich eine Besprechung und es ist so, dass man in da noch viel zu wenig darüber bescheit weiß, wie die Anime und Manga in Europa angekommen sind. Das sie angekommen sind, das weiß man, aber welche Auswirkungen das hatte das weiß man noch viel zu wenig. Deswegen haben wir informationen getauscht und darum habe ich den Auftrag bekommen, dass ich nächste Woche beim Auftritt auf der Leipziger Buchmesse für die TAF mitwerbe, denn von Tokyoer Seite muss da viel mehr Interesse für Manga in Europa entstehen.
animePRO: Messe und Conventions sind ein gutes Stichwort für meine nächste Frage: Wie kam es dazu, dass Sie in den letzten Jahren immerwieder gern auf verschiedenen Veranstaltungen zu Gast sind?
Toru Tanabe: Also begonnen hat das ganze im Jahre 2003 auf der Connichi in Kassel. Der ehemalige japanische Generalkonsul Masaki Okada, der auch im Buch „Alte und neue Lieder aus Japan" ein paar Grußworte an die Leser schrieb, kannte Verantwortliche der Connichi und durch ihn kam ich dann zur Connichi.
animePRO: Und Ihr Auftritt war bekanntermaßen ein großer Erfolg.
Toru Tanabe: Ja, aber damit hatten wir, ich und mein Pianist und Freund Matthias Gräff-Schestag, nicht gerechnet. Immerhin habe ich damals noch nicht so viele Animelieder im Repertoire gehabt und wir waren uns nicht sicher, wie die klassischen japanischen Lieder bei den jungen Zuhörern ankommen würden. Immerhin ist es ja so, dass Jugendliche eher weniger Interesse an Klassik haben und selten in eine Oper gehen. Ins Musical schon eher, aber Klassik ist eher etwas für ältere, darum waren wir uns auch nicht sicher, wie der Auftritt ankommen würde.
Ich hatte aber die cruel angel thesis von Evangelion als Geschenk für die Gäste der Connichi 2003 ins Deutsch übersetzt und gesungen und es kam sehr sehr gut an. Danach war die Stimmung richtig gut und auch die klassischen Lieder haben ihnen unerwarteterweise gefallen.
Darum bin ich seither öfter auf solchen Veranstaltungen, weil ich dadurch der Jugend einwenig die klassische Musik näher bringen kann. Es hat mir einfach auch seht gut gefallen zu sehen, dass die Jugendlichen Interesse an dieser Musik haben.
animePRO: Hatten Sie diese Erfahrungen auch in Japan gemacht? Also hatten Sie dort auch Auftritte auf Conventions?
Toru Tanabe: Nein, die Japaner wollen nicht unbedingt klassische Musik in diesem Zusammenhang. Außerdem, hier in Deutschland sammelt man auf den conventions natürlich japanisches, Firmen, Gäste etc. Hier will man mich dann ja auch auf der Veranstaltung haben, weil ich Japaner bin. Diesen vorteil habe ich natürlich in Japan selbst nicht.
animePRO: Ja, das ist logisch, aber dass es da dennoch so große Unterschiede gibt hätte ich nicht gedacht. Aber nun noch einmal zur Zukunft: Wo können Toru Tanabe Fans Sie denn im restlichen Jahr nach der Leipziger Buchmesse noch alles Live erleben, was ist Ihnen da schon bekannt?
Toru Tanabe: Also ich werde im Juni/Juli wahrscheinlich kleinere Kammerkonzerte in Berlin geben, genaueres dazu ist aber noch nicht Spruchreif. Ansonsten werde ich in der nächsten Zeit häufiger in Japan auftreten. Wahrscheinlich werde ich auch noch auf der ein oder anderen Convention zu sehen sein.
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Fazit!
animePRO: Dann bedanke ich mich jetzt recht Herzlich für dieses interessante und informative Inter... Gespräch und wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren weiteren Projekten. Vielleicht sehen wir uns ja auf einem der angesprochenen Konzerte.
Toru Tanabe: Danke!
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