Geisha

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Diese oft in der westlichen Welt missverstandenen Unterhaltungskünstlerinnen mussten weitaus mehr können, als man sich als Nichtjapaner vorstellt.

Inhalt

Geishas sind Alleinunterhalterinnen, die ihre Kunden mit verschieden erlernten und erworbenen Fähigkeiten beglücken und unterhalten sollen. Die ersten Geishas waren zunächst allerdings Männer und entstammten der Taikomochi-Gruppe. Diese spezialisierte sich in der Unterhaltung durch Tanz, Konversation und dem Erzählen von Geschichten und Witzen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts konnten die ersten weiblichen Geishas bewundert werden. Es ist vor allem der Erfindung des Shamisen zu verdanken, dass es zu dieser Entwicklung gekommen ist. In der Eiroku Era (1557 – 1570) erlangte das dreisaitige Lauteninstrument immer mehr an Beliebtheit. Zunächst hauptsächlich von Kurtisanen gespielt, wurde es immer mehr zu einem Instrument, das von Geishas verwendet wurde. Um 1680 war es sowohl bei Daimyō, den Feudalherren als auch bei höher gestellten Samuraifamilien üblich, Odoriko im eigenen Heim auftreten zu lassen. Auch diese, zu Deutsch Tänzerinnen, erlangten immer größere Popularität und waren neben dem Shamisen signifikant an der Entstehung des Geisha-Berufs beteiligt. Ihre Blütezeit erlebten die Geishas in den Jahren des 18. und 19. Jahrhunderts. Der Stellenwert dieser so beliebten Unterhalterinnen änderte sich jedoch stark nach den politischen Umbrüchen der Meiji-Restauration im Jahre 1868, sodass es seither immer weniger Geishas gibt.



Der Begriff „Geisha“ besteht aus den Schriftzeichen „Kunst“ und „Person“ und kann mit dem Begriff „Künstlerin“ übersetzt werden. Das Wort „Geisha“ wird in dieser Form jedoch lediglich im Tokioter Dialekt verwendet. Im Hochjapanischen gibt es dafür den Begriff „Geiki“, während man in Kansai, einem Ballungsgebiet westlich von Tokyo, „Geiko“ sagte. „Geiki“ hat dieselbe Bedeutung wie das Wort „Geisha“, wohingegen „Geiko“ poetisch mit „Kind der Künste“ übersetzt werden kann. Vor allem in Kyoto diente die Verwendung des Begriffs „Geiko“ dazu, den Beruf der Geisha von dem einer Prostituierten abzugrenzen. Eine Geisha, die sich noch in der Ausbildung befand, wurde „Maiko“, tanzendes Mädchen, genannt. Der Ort in dem Geishas wohnten, hieß „Hanamachi“ („Blumenstadt“). Innerhalb dieser Vergnügungsbezirke gab es unter anderem Theater, Teehäuser („Ochaya“), Kneipen, Glücksspielhäuser und Bordelle. Ebenfalls im Hanamachi zu finden waren die Okiya, die traditionellen Geisha-Häuser. Hier lebte eine junge Geisha zusammen mit ihrer Okaa-san („Mutter“), die gleichzeitig die Besitzerin der Okiya war, und ihrer Onee-san („große Schwester“). Zwischen einer Geisha und ihrer Onee-san gab es keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen, vielmehr war die Onee-san eine Art Helferin oder Mentorin. Die Beziehung ist vergleichbar mit dem heutigen Verhältnis zwischen einem Kohai und seinem Senpai. Die große Schwester einer Geisha brachte ihr viele verschiedene Dinge bei, half ihr beim Anziehen und nahm sie zu verschiedenen Feiern und Veranstaltungen in einem Ochaya oder Lokal mit und zeigte sie so erstem Publikum.

Die Ausbildung zu einer Geisha fing an einem bestimmten Tag nach der Geburt an, genauer am 2190. Lebenstag, also im Alter von sechs Jahren, sechs Monaten und sechs Tagen. In Japan ist es Tradition, dass bestimmte Ereignisse, wie beispielsweise die Namensgebung, an einem genau festgelegten Tag nach der Geburt statt finden. Die Geisha-Ausbildung dauerte normalerweise drei bis fünf Jahre. Je nach Region konnte das jedoch variieren. Im ersten Abschnitt dieser Ausbildung waren die Mädchen „Shikomi“. Die noch sehr jungen und meist an eine Okiya verkauften Shikomi wurden in dieser Position gezwungen, verschiedene Arbeiten als Dienstmädchen zu verrichten. Damit der Wille des noch neuen Mädchens gebrochen wurde, waren die zu verrichtenden Aufgaben meist besonders schwer. Dazu konnte Putzen, das Tragen von Wassereimern oder auch das Warten auf die älteste Geisha des Hauses zählen, die meist erst mitten in der Nacht in die Okiya zurückkehrte. In diesem Abschnitt ihres Lebens fingen die Mädchen an, ihre Schulden an das Okiya zurückzuzahlen, die die Okaa-san an die Eltern des Mädchens bei dessen Verkauf an die Okiya gezahlt hatte. Ein Besuch der Geisha-Schule stand bei einer Shikomi an der Tagesordnung. Wenn sie in den Künsten einer Geisha geübt war und eine schwierige Tanzprüfung gemeistert hatte, begann für sie der zweite Abschnitt der Ausbildung, sie wurde Minarai. Hierbei durfte sie Geishas ihres Hauses zu verschiedenen Feiern begleiten und sollte dabei still und aufmerksam von diesen lernen. Um die Gäste selbst zu unterhalten, war sie noch zu unerfahren. Außerdem erhielt sie nur knapp ein Drittel des Lohns, der ihrer Onee-san zustand. Von den Pflichten des Dienstmädchens war eine Minarai entbunden. Nach meist einem Monat konnte eine Minarai zu einer Maiko avancieren und musste sich eine ältere Geisha als Mentorin suchen, die meist aus derselben Okiya stammte. Das „Misedashi“ war dabei die traditionelle Zeremonie, bei der die Maiko durch ihre Onee-san einen neuen Namen erhielt. Beim „San-san-kudo“ wurde eine Maiko an ihre Mentorin lebenslang gebunden. Hierbei tranken beide aus drei verschiedenen Schalen jeweils drei Schlucke Sake. Auch während dieser Ausbildungsphase begleitete eine Maiko ihre Onee-san zu verschiedenen Festlichkeiten, allerdings mit dem Unterschied, dass sie jetzt willkommener war als noch zu ihrer Zeit als Minarai. Durch ihre Mentorin lernte sie das Arbeiten in einem Hanamachi kennen. Ebenso wurde sie im Servieren von Tee und der intelligenten Konversation unterrichtet oder im Tanzen und Shamisen spielen verbessert. Die anderen Fertigkeiten einer Maiko lagen in der Kalligraphie, der Blumensteckkunst Ikebana sowie dem Spielen der Hayashiflöte und der Tsuzumitrommel.



Nach beendeter Ausbildung stieg eine Maiko zu einer Geisha auf, die nun den vollen Preis für die Anwesenheit auf einem Fest verlangen konnte. Die Buchung einer Geisha erfolgte in einer so genannten „Geisha-Agentur“, dem „Kenban“. Die Kosten waren von der verrichteten Arbeitszeit abhängig, die sich nach der Dauer des brennenden beziehungsweise der Anzahl der abgebrannten Räucherstäbchen richteten. Im Vergleich zu der Tracht einer Maiko waren die Seidenkimonos einer Geisha weniger prachtvoll. Das liegt daran, dass eine Geisha als reife Frau gesehen werden sollte, die fast ausschließlich durch ihre Künste auffallen sollte. Das mit weißer Reispaste gepuderte Gesicht, die schwarz umrandeten Augen und die dunkelrot gefärbten Lippen sah man an einer Geisha meist nur bei besonderen Anlässen. Je älter eine Geisha wurde, desto dezenter wurde auch ihr Make-Up. Wenn das Gesicht weiß geschminkt wurde, besaß der Nacken immer ein Muster, das für den männlichen Betrachter erotisch wirken und eine bestimmte Assoziation hervorrufen sollte. Getas gehörten zu den traditionellen Schuhen einer Geisha und waren hölzern und meist sehr hoch. Ein extravaganter Obi gehörte ebenso zur Ausstattung einer Geisha. Die Haare wurden meist zu einem schlichten Haarknoten gebunden, der zu verschiedenen Anlässen zusätzlich mit schönem Haarschmuck verziert werden konnte.

War eine Geisha erfolgreich, so konnte sie sich manchmal eine eigene Bleibe leisten und zog aus der Okiya aus. Renommierte Geishas besaßen einen Danna oder Patron, der sie größtenteils mit Geschenken überhäufte oder sie finanziell unterstützte. Es war nicht unüblich, dass der Danna dafür eine entsprechende Gegenleistung erhalten wollte. Zwar bot eine Geisha neben ihren Unterhaltungskünsten nicht selten auch sexuelle Dienste an, von einer Prostituierten ist sie aber dennoch zu unterscheiden, obwohl auch Prostituierte manchmal in Künsten wie Konversation oder Tanz geübt waren. Damals wie heute werden Geishas mit Prostituierten verwechselt, wobei erstere hauptsächlich als Künstlerinnen gesehen wurden und immer noch gesehen werden sollen. Seit der Meiji-Restauration hat die Zahl der registrierten Geishas, die seitdem ihre Ausbildung nach Beendigung der Schule mit 16 Jahren beginnen, rapide abgenommen. Mittlerweile gibt es nur noch zwischen 1000 bis 2000 Geishas in Japan, die man meist nur noch im Stadtteil Gion in Kyoto oder in den Hanamachis Shimbashi, Asakusa und Kagurazaka Tokyos finden kann. Heute gilt die Geisha nicht mehr nur als Unterhaltungskünstlerin, sondern vielmehr als Bewahrerin traditioneller Künste.

Die Geisha war und ist eine Künstlerin der Unterhaltung durch Tanz, Konversation und viele andere Fähigkeiten, die sie während einer langen und schwierigen Ausbildung erworben hat. Vor allem in der westlichen Welt lange als Prostituierte missverstanden, gibt es heute kaum noch echte Geishas, die eine solche Ausbildung auf sich nehmen. Eine echte Geisha kann man von einer Frau, die sich für Touristen als Geisha fotografieren lässt, anhand ihrer Bewegungen, ihrem Auftreten und ihrem Verhalten unterscheiden. Da dieser Beruf jedoch immer mehr an Bedeutung verliert und es immer weniger Geishas in Japan gibt, ist fraglich, wie lange noch echte Geishas ihre Kunden unterhalten können.

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