The Prince of Tennis Musicals oder „Du kannst nicht singen, du kannst nicht tanzen, du bist hier genau richtig!“

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Bildcopyright: The Prince of Tennis

Seit nun fast zehn Jahren laufen die Prince of Tennis Musicals, kurz Tenimyu, über die Bühnen Japans. Die Cast wird regelmäßig ausgetauscht und genau da liegt das Problem: Welche Anforderungen stellt man an einen Musicaldarsteller? Dass er singen kann? Dass er tanzen kann? Dass er schauspielern kann? Warum eigentlich?!

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Damals, anno 2003, begann das ganze Spektakel. Fans der ersten Stunde favorisieren oftmals immer noch diese Cast, die immerhin fünf Shows in mehr oder minder derselben Besetzung erfolgreich über die Bühne brachte. Als „Bonbon“ wurde Kimeru, der das erste Ending „You got Game“ zur TV-Serie beisteuerte, mit in die Cast als Fuji genommen (wenngleich er auch mal als Ryoma einspringen musste), um noch mehr Fans an Land zu ziehen. Seine schauspielerische Leistung war gar nicht mal so übel, singen konnte er sowieso und durfte auch regelmäßig backstage Gesangsunterricht für seine Freunde und Mitstreiter geben. 

 

Doch da gab es auch solche Gestalten wie Sota Aoyama. Singen? Was ist das? Kann man das essen? An sich eine gute Performance als Inui, gesangstechnisch haperte es aber. Immerhin wurde dem auch Rechnung getragen: Er bekam kein Solo und man machte sich im ersten Dream Live (das ist sozusagen ein Veralberungs-Live-Konzert auf eigene Kosten) schön über diesen Umstand lustig.
 
So sympathisch diese Cast auch wirkte und wie gut sie harmonierten, so waren sie doch eigentlich zu alt für die dargestellten Charaktere. Bedenkt man, dass die Charaktere alle zwischen 12 und 15 Jahre alt sind, war es schon etwas verwunderlich, Schauspieler zu wählen, die während der Performance die schmerzliche Altersstufe von 30 überschritten – und damit doppelt so alt waren, wie sie eigentlich sein sollten. Wenn man jedoch bedenkt, dass Hollywoodschauspieler das regelmäßig machen (wie viele Ende Zwanziger und Anfang Dreißiger haben schon mal Highschool-Schüler gespielt?), kann man darüber eigentlich noch hinwegsehen, so lange die Performance stimmt.
 

 
 
Allerdings musste die Cast nun zur „Graduation“, wie man so schön sagt – sie wurden aus ihren respektablen Diensten tränenreich entlassen (der größte Teil davon fand sich im Rock Musical Bleach wieder). Es sollte eine neue Cast her und die Anforderung Nummer Eins war: jünger. Hauptsache jünger. Ob sie singen konnten, war nur noch zweitrangig, anders kann man sich so manche Besetzungen nicht erklären. Denn auch Gesangsmuffel bekamen Soli. Keine gute Idee, wenn man bedenkt, dass man dann deutlich heraushört, dass die eigene Katze und der Typ auf der Bühne sich erschreckend ähnlich anhören. Dann war das Schauspieltalent zwar irgendwie bei diesem Haupttypen vorhanden, aber die Chemie mit seinem besten Freund, auf denen sich zahlreiche BL Doujinshi Gründen, stimmte nicht. Doch wer einmal fest im Sattel sitzt, der bleibt aber und man durfte weitere fünf Musicals mit ein paar untalentierten Sängern in der Hauptbesetzung von Seigaku durchstehen. Immerhin kamen in dieser Phase nun die rivalisierenden Teams hinzu, die das Ganze ein bisschen auffrischten und neuen Stoff lieferten. Sehr schön, wenn man zu einem Musical mit Tanzeinlagen (wie einfach choreographiert auch immer) Leute sieht, die in etwa das Rhythmusgefühl eines Baumes besitzen. Ein bisschen Wackeln mit den Ästen, ähm Armen, tut‘s halt auch... oder so. Hat man eben neuen Stoff fürs Dream Live. Auch diese Cast musste gehen, es kam die nächste, noch einmal deutlich verjüngt. Diese ging ebenfalls und die nächste kam (immerhin wurde der Verjüngungsprozess etwas gestoppt) und irgendwann hatte man ein Team A und ein Team B und sogar die gegnerischen Teams wurden in A- und B-Teams aufgesplittert. Wer nicht kontinuierlich dranblieb, der dachte sich wahrscheinlich irgendwann: „Was zum Teufel...?“, schlug sich ohnmächtig die Hand vor Augen oder suchte gleich das Weite. 
 

 
Bei manchen Darstellern stellte man sich die Frage, ob sie jemals etwas von Ton treffen, geschweige denn Ton halten gehört haben. Oder einer Tonleiter. Oktaven? Moll und Dur? Nein? Hm.
 
Am Ende bleibt ein ziemlich großer Haufen von Schauspielern (150 allein für die erste Season, die von 2003 bis 2010 ging!), die in aller Regelmäßigkeit ausgewechselt werden (populäre haben immerhin noch die Chance auf Gastauftritte). In der Regel stammen sie aus der Idol-Schmiede D-Boys oder ähnlichen Agenturen. Das heißt, das vordergründige Merkmal ist, dass sie einigermaßen gut aussehen. Wenn man Glück hat, kommen noch ganz andere Talente zum Vorschein und wenn man ganz großes Glück hat, lernen sie vielleicht auch eines. Wie Singen zum Beispiel. Dass man keines der Talente benötigt, um bei Tenimyu mitwirken zu können, haben so einige bereits bewiesen.
Singen – ähmmmmmm
Tanzen – öhmmmm...
Schauspielern: Na ja, das bisschen Tennisschlägerschwingen und Text aufsagen (je nach Rolle bekommt man ja vielleicht auch nur drei Sätze)...
Irgendwas davon wird schon halbwegs mit `nem Hühnerauge zutreffen. 
 
 
Man kann es auch positiv sehen: Natürlich gibt es so einige Perlen, die verdientermaßen Musikagenturen unter Vertrag genommen wurden, wie zum Beispiel Kato Kazuki (der übrigens davor vorrangig als Model gearbeitet hat). Es gibt Schauspieler, die gehen wirklich hervorragend in ihrer Rolle auf – ja, auch abseits der ersten Cast gibt es die. Und es gibt Schauspieler, die sich mit der Zeit prächtig entwickelt haben und bei denen es Spaß macht, ihnen dabei zuzusehen. Und wenn’s nur tänzerisch war, es gab einige Schauspieler, die Street Dance und Break Dance konnten. Aber ansonsten scheint das Konzept eher ein „irgendwie die Nachfrage zu befriedigen“ gewesen zu sein.
 
 
Passt Schauspieler A in diese Rolle?
Mit wem muss er besonders harmonieren, welche sind seine Bezugspersonen in der Serie (PoT ist ein wahres Beziehungsgeflecht, mit dem man Stunden verbringen kann, es aufzudröseln)?
Wie gut ist sein Gesangstalent? Kann man ihm Soli anbieten, reicht es nur für ein Duett oder sollte er gar nur in der Gruppe singen?
Kann er tanzen? 
Wie gut kann er schauspielern? Kann er seine Rolle ausfüllen?
Sieht er gut aus und zieht Fans? Check.
 
Am Anfang hatte man noch Leute mit gewissen Erfahrungen, welche die anderen anleiten konnten. Das vernachlässigte man etwas, bis man merkte, dass es vielleicht doch nicht schlecht wäre, wenigstens ein paar Leute dabei zu haben, die halbwegs Ahnung von dem haben, was sie da tun – und ließ einige später graduieren, damit sie der nächsten Generation helfen. Dumm nur, wenn diejenigen selbst nicht gerade zu den Besten gehören.
Wenn man pingelig wäre, könnte man noch monieren, dass die Größenverhältnisse der Charaktere irgendwie nie ganz stimmen (großer Kaidoh, kleiner Inui - in der Serie ist es andersherum), aber das ist dann wirklich Gemecker im Detail.
 
 
Nichts desto trotz ist Tenimyu schon sehr unterhaltsam, macht Freude und gute Laune und produziert so einige gute Ohrwürmer, wenngleich ich gestehen muss, dass mir das Ganze am Anfang deutlich mehr Spaß gemacht hat, als dieses, ja, man könnte es fast als „Verheizen“ sehen.
Derzeit läuft die Second Season, die mit der sechsten Seigaku-Cast begonnen hat. Sie machen ihren Job gar nicht mal so übel. Vielleicht ist doch noch nicht aller Tage Abend.
 
 
 

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