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In unregelmäßigen Abständen juckt es mich in den Fingern; dann nehme ich mir irgendeinen Teil meines Hab und Guts vor, mit dem ich mich schon längere Zeit nicht mehr beschäftigt habe – und sortiere aus.
Diesmal traf es meine Schallplattensammlung. Von ein paar Einzelexemplaren mit Kinderliedern einmal abgesehen, begann meine Plattensammlung von mir ins Leben gerufen zu werden, als ich 13 oder 14 Jahre alt war. Ich hörte damals – untypisch für meine Generation – Schallplatten parallel zu CDs. Der Grund dahinter ist der Tatsache zu verdanken, dass mein Vater über zwei Jahrzehnte lang einen eigenen Schallplattenladen mit Second Hand-Ware betrieb. Natürlich saß ich dadurch quasi an der Quelle. Zumindest solange ich keine japanischen Titel suchte (was bei mir erst mit 16 Jahren anfing). Die einzigen Japan-Titel, die ich in seinem Laden je gesehen habe, waren das Live-Album „Live-Loud-Alive“ von Loudness und irgendeine CD von Shonen Knife (für die CDs war überwiegend sein späterer Geschäftspartner verantwortlich).
Aber irgendwann – es ist schon lange her und ich kann es zeitlich nicht mehr einordnen – brachte er mir eines Tages eine Scheibe von Sonoko mit nach Hause. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich noch viel X Japan, hide & Co. gehört und der Name Sonoko sagte mir so überhaupt gar nichts. Das Cover zierte ein weißes, rundliches Gesicht mit schwarzen, in selbiges wehende Haare. Um das Gesicht herum ein pastellfarbenes Seidentuch, ein Fächer, ein Tape samt offener Hülle und alte typische „Mädchen-Oblaten“. Eine Kollage quasi, in den '80ern ein des Öfteren verwendeter Stil für Plattencover. Das Album trug den Titel „La Debutante“ und war von 1987. Und ich erinnere mich noch, dass ich lediglich die erste Seite hörte, mich aber nicht mehr für die zweite Seite überwinden konnte, da mir der Sound so gar nicht zusagte. Ich behielt sie dennoch in meiner Sammlung, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, später vielleicht doch noch was damit anfangen zu können.
Dieses Erlebnis muss nun schon weit über zehn Jahre her sein – und jetzt erst habe ich „La Debutante“ zum ersten Mal vollständig gehört.
Der Sound ist eigen, weswegen ich im Titel dieser Kolumne bewusst auf Björk verwiesen habe. Obwohl der Vergleich vielleicht ein wenig hinkt. Das Album beginnt mit dem Titel „Balcony Scene“ und dem Klang einer Spieluhr, bevor Sonoko William Shakespeare zitiert. Im späteren Verlauf tauchen weitere, sehr unterschiedlich gestaltete Songs auf, wie das kurze „Sirene“, welches von einem glockenspielartigen Instrument (dessen genaue Einordnung mir leider nicht gelingt) dominiert wird. Oder „In Heaven“, eine Coverversion aus dem David Lynch-Film „Eraserhead“, welches wie eine Mischung aus Traumwelt und leichtem Wahnsinn anmutet. „Wedding with god (à Nijinski)“ ist hingegen eine zarte, unschuldige Singer/Songwriter-Pop-Ballade, die alles Vorherige vorübergehend vergessen lässt. „Requiem“ wurde von Gabriel Fauré im Jahre 1888 geschrieben und auch diesem Titel nimmt sich Sonoko, begleitet von Kirchenorgeln, an. Ebenso wie der kleinen Melodie „Sunny Day“, wieder begleitet von dem Glockenspiel-Instrument. „Cheri Cheri“ hingegen klingt mit seinen hellen wie auch dunklen Keyboard- und Synthesizertönen wie ein absolut typischer '80er Jahre-Popsong! Doch bereits das nächste Lied mit Namen „Une Histoire de Plage“ (geschrieben von Alain Goraguer und im Original aufgenommen von Brigitte Bardot im Jahre 1962) schlägt mit klassischem Arrangement und einer Harfe als Hauptinstrument wieder völlig andere Töne an. „Marienbad“ beginnt mit verschrobenen Klängen, unschuldiger Melodie- und Sprechgesang wechseln sich ab und im Hintergrund ist ab und an eine sich wiederholende Frauenlache zu hören. Leichter Psycho-Faktor… Mit „Les Gauloises Bleues“ hat Sonoko sich an ein altes, englisches Folklorelied gewagt, zu dem ihre Stimme erstaunlich gut passt. Mit „Romeo Sama“ ehrt sie erneut Shakespeare, wobei mich die Art ihrer Sprechstimme in diesem Lied an Luci'fer Luscious Violenoue erinnert (wohlgemerkt nur die Art, nicht die Stimme selbst).
Ich habe hier übrigens nicht jeden einzelnen Titel des Albums aufgeführt, sondern nur einen Rundumschlag gemacht, um die Bandbreite der verschiedenen Stile zu demonstrieren.
Behalten habe ich "La Debutante" übrigens weiterhin.
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