Miyavi live in München

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Bildcopyright: Miyavi, animePRO

Hot, hotter, Miyavi! Ganz in diesem Zeichen rockte der Japaner mit seiner Gitarre die Menge, jedoch nicht ohne seine ganz persönliche Note: Er flirtet mit dem Publikum, spielt sein Spiel, rockt die Bühne, heizt ein und doch erinnert er an das Unglück und appelliert an die Herzen der Fans.

Inhalt

Schon am frühen Morgen sagte mir ein Blick aus dem Fenster – heute wird ein recht wechselhafter Tag. Das Wetter schwankte und konnte sich einfach nicht zwischen Sonne und Regen entscheiden. Letztendlich war es dann bereits zwölf Uhr mittags und es wurde höchste Zeit für uns, in das Auto zu steigen und den langen Weg nach München anzutreten.
Auch unterwegs änderte sich das Wetter nicht. Ganz Deutschland schien in Wechsellaune zu sein. Bereits wenige Stunden später war es dann auch schon Zeit für das Interview mit Miyavi höchst persönlich. Backstage war in der Theaterfabrik in München zwar nicht besonders viel Platz, doch es reichte aus. Schon hier bemerkte ich einige Dinge, die mir ein wenig ungewöhnlich vorkamen. Mein letztes Konzert war ebenfalls in dieser Lokation gewesen. Damals war es heiß und überall wuselten deutsche und japanische Staffmember durch die Gegend, die versuchten, das Konzert vorzubereiten. Bei Miyavi war das jedoch anders. Niemand wirkte hektisch oder gestresst und vor allem war im Allgemeinen nur sehr, sehr wenig Personal unterwegs. Alle waren sehr freundlich und gerade damit beschäftigt, sich um die Bühne zu kümmern oder etwas zu essen.
Dann war es endlich soweit, Miyavi hatte Zeit für das Interview. Zu meinem eigenen Erstaunen war das hier nicht der Miyavi, der Stunden vorher und Stunden später die Bühne gerockt hatte und rocken würde. Er wirkte sehr ausgeglichen und ruhig, jedoch auch sehr herzlich und man sah ihm an, welche Themen ihn bewegten. Auch unterschied es sich stark von anderen Interviews, die man von früher noch kannte. Der kindische und aufgedrehte Japaner, der immer recht locker wirkte, war nun erwachsen und ernst. Nach knappen dreißig Minuten, die den Menschen hinter dem Künstler ein wenig mehr zum Vorschein gebracht hatten, ging es also wieder hinaus.

Es wunderte mich doch sehr, wie unterschiedlich die Fans waren, die bereits jetzt -einige Stunden vor Einlass - vor der Location saßen und sich warm einwickelten, weil es mittlerweile nur noch kalt und nass war. Es war sehr ruhig und selbst wenn irgendwo eine Tür aufging, war hier draußen alles entspannt.
Jedoch waren im Vergleich zu anderen Konzerten verhältnismäßig sehr wenige Fans hier, wenn man die Uhrzeit beachtete. Wir beschlossen, erst einmal etwas essen zu gehen und später wieder hierher zurückzukehren. Nach einem großen Schnitzel mit Bratkartoffeln, standen wir also um viertel vor sieben wieder vor der Theaterfabrik, wo sich mittlerweile zwar ein paar Fans mehr, aber doch noch immer kein Gruppenauflauf gebildet hatte.
Nur eine kleine Gruppe stand etwas abseits vom Eingang und nachdem wir uns ein wenig mit ihnen unterhalten hatten, wurde uns schnell klar, warum sie nicht am Eingang anstanden. Sie waren Fanclub-Mitglieder, die ein VIP Ticket bekommen haben.; das heißt, sie durften eine halbe Stunde vor Einlass in die Halle und zu einem „Meet and Greet“ mit Miyavi.
Gegen 19 Uhr wurde es dann auch langsam vor der Halle voll. Die Fans reichten im Alter von 16 bis teilweise auch über 40. Die meisten werden jedoch so knapp über oder unter 20 Jahren alt gewesen sein. Sehr interessant war, dass es keine Absperrungen gab und trotz allem stellten sich alle brav ohne jede Anweisung oder Gedrängel wie selbstverständlich in eine Schlange, die vom Eingang aus eine Kurve machte; sogar beim Einlass verhielt man sich geduldig, bis endlich alle in der Halle waren. Es war schon beinahe beängstigend wie ruhig das alles vonstatten ging. Jeder kennt es: Fangirls können brutal und unberechenbar sein, Gedrängel vorprogrammiert und ohne blaue Flecke und den Schweiß vieler Menschen kommt man hier meist nicht weg. Dass es auch anders geht, bewiesen die Miyavi Fans in München. Allerdings machte ich mir für einen kurzen Moment auch Sorgen. Miyavi wirkte müde beim Interview und auch die Fans hier waren sehr still, sollte das Konzert vielleicht zu ruhig werden?

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Kaum in der Halle, teilten sich die Menschenmassen.
Die ersten gingen direkt Merchandise kaufen oder an einer der vielen Spendenboxen für Japan spenden. Andere stellten sich an die Bühne, doch auch hier wieder alles sehr gesittet und ohne zu drängeln. Jeder ließ dem anderen genug Platz, um zu atmen oder später auch gegebenenfalls zu tanzen. Auch wir beschlossen, uns erst einmal an die Bühne zu stellen und uns erst gegen Ende des Konzerts über die Fanartikel herzumachen. Bevor das eigentliche Konzert losging, lief, wie meist, die verschiedenste Musik aus den Lautsprechern. Wir teilten uns auf, um Bilder zu machen. Ich betrachtete die Bühne: Fünf Mikrofone in Mikrofon-Ständern und ein Schlagzeug waren aufgebaut. So etwas sieht man auch selten, nicht wahr?
Dann kam pünktlich der große Samurai-Gitarrist Miyavi auf die Bühne, um seine Fans zu beehren. Mit den ersten Gitarrenriffs fühlte ich die Welle des „Miyavizm“ auch auf mich einwirken. Und auch die vorher so ruhige Menge tobte - allerdings noch immer, ohne dass sie sich beengen würde - und man bekam das Gefühl, jeder in diesem Raum sei bereit einfach nur zu feiern. Miyavi bildete da keine Ausnahme. Von seiner Müdigkeit war nichts mehr zu sehen. Schon mit den ersten Riffs, die er spielte, bemerkte man wieder einmal, dass er eben doch einzigartig ist.
„What’s my name“ war der erste Song, der gespielt wurde. Man konnte den Sinn und die Aufforderungen dieses Titels erst im Live richtig verstehen und auch ausleben. Innerhalb weniger Minuten war der Saal heiß und man merkte, dass er ganz genau weiß, wie er eine Menge zum Toben bringt. Der vorher noch so ruhige und müde wirkende Künstler war nun wieder vollauf da und bereit, die Menge zu rocken.
Wer Miyavi kennt, weiß, dass er seine Gitarre spielt wie kein Zweiter und das bewies er den Ungläubigen auch von der ersten Minute an. Er sang sich die Seele aus dem Leib, hüpfte über die Bühne, spielte seine Gitarre auf dem Boden, hinter seinem Kopf und in der Luft. Interessant war dabei vor allem, dass sein gesamtes Konzert nur aus ihm an der Gitarre und an dem Mikrofon und einem Schlagzeuger bestand. Es gab also keine zweite Gitarre, kein Keyboard, nichts. Und doch brachte er mehr Stimmung in den Saal, als so manche Rockband es könnte. Endlich ergaben auch die fünf Mikrofone einen Sinn. Da er kein Künstler ist, der seine Performance auf einer einzigen Stelle der Bühne ausleben kann und unglaublich viel mit seinen Fans interagiert, sieht man ihn immer wieder an anderen Stellen auf der Bühne stehen, singen und spielen.
Zwischen den ersten Songs begrüßte er seine Fans und bedankte sich bei ihnen. Er forderte sie auf, dass sie einfach Spaß haben und genießen sollten - ebenso wie er es auch auf der Bühne tun würde. Und so wurde getanzt, gegrölt und geklatscht was das Zeug hielt. Auch wir bildeten keine Ausnahme. Ohne Frage, Miyavi hatte seine Fans in seinen Bann gezogen und schien auch nicht vorzuhaben, sie innerhalb der nächsten zwei Stunden wieder herauszulassen.

Auch ließ er sich immer wieder auf kleine Spielchen ein. Zum Beispiel „flog“ sehr viel Liebe durch den Raum. Auf den Schrei eines Fans hin: „Miyavi, we love you!“, antwortete er: „I love you, too!“. Einen Fan ließ er seine Rufe sogar mehrfach wiederholen, bis er verstand, was dieser ihm sagen wollte. Auch auf das „We love Japan!“ folgte ein „Japan loves you, too!“.
Jedoch wurde das Konzert zur Mitte hin etwas ruhiger. Miyavi erzählte von dem großen Erdbeben, welches er in Tokyo miterlebt hatte. Es fühlte sich an, als würde die ganze Welt untergehen. Nachdem er seine Rede über Japan geschlossen hatte, bat er seine Fans, ihm in ein paar Sekunden des Schweigens zu folgen. Augenblicklich schloss die Menge ihre Augen und schwieg. Leise schickten sie ihre Gebete nach Japan. Danach folgte der Song „Gravity“, der über das Leiden unserer Erde handelt. So schmerzhaft wie dieses Thema ist, so schmerzhaft brachte auch er den Song rüber. Die Menge, die vor den Sekunden des Betens und des Schweigens noch so heiß war, stand nun still da und lauschte der Performance des Künstlers. Niemand bewegte sich, niemand sang oder schrie. Alle waren wie in Trauer. Es war ein unglaubliches Gefühl der Verbundenheit.
Nach diesem so ergreifenden Song, ging jedoch langsam aber sicher alles wieder seine rockende und tanzende Weise, wie bereits davor.
Nach ein paar Songs spielte er natürlich auch „We love you“. Das ganze Publikum, das bisher seinen Anweisungen gefolgt war, tat es auch dieses Mal wieder und sang. Miyavi zückte an diesem Abend mehrfach sein Handy, um Aufnahmen von seinen Fans zu machen. So auch dieses Mal. Danach forderte er alle auf, in einem dieser Videos „Nihon Ganbare“ zu rufen, was die Menge natürlich auch mit Freuden und ehrlichen Gefühlen tat.

Auch sein „Klassiker“ „are you ready to ROCK“ heizte den Zuschauern mächtig ein. Allerdings nicht nur ihnen, denn der verschwitzte Künstler entledigte sich ebenfalls seines Shirts, was die weiblichen Zuschauer natürlich dazu brachte, Miyavi noch ein wenig lautstarker anzufeuern. Einmal leistete sich jedoch auch er einen kleinen Patzer. Versehentlich spielte er noch einmal „What’s my name?“ an, was an dieser Stelle nicht geplant war und seinen Schlagzeuger einen Moment lang sichtlich verwirrte. Doch souverän wie die beiden waren, wurde auch dieser Fehler leicht behoben, indem man ganz einfach eine Freestyle-Version des Songs spielte, die man so vielleicht noch nicht gehört hatte.
Nach „Futuristic Love“ gingen dann vorerst die Lichter aus und wir begaben uns zum Getränkestand und gingen danach ein wenig Merchandise einkaufen. Nun sahen wir zum ersten Mal auch selbst die Spendenboxen, die nur darauf warteten, gefüttert zu werden. Natürlich auch von uns! Pray for Japan!
Doch auch viele andere Menschen spendeten und die Summe, die sie hineinwarfen, unterschied sich enorm. Allerdings konnte man spüren, dass jeder seinen Teil beitragen wollte, so sehr es ihm nun einmal möglich war.
Dann ging erneut das Licht an und Miyavi rockte in seinen Zugaben noch einmal das letzte aus den Fans heraus – allerdings mit frischem Hemd.
 

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Fazit!

So ging letztendlich nach über 20 Songs und über zwei Stunden das Licht ganz aus. Mit etwas Muskelkater und sehr gereizten Stimmbändern kümmerte man sich nun um seine Jacke und verließ langsam die Halle. Der Abend war mehr als gelungen. Zwei Stunden lang wurde man in die Welt von Miyavi gezogen. In seine ganz eigene Musik, seine Art zu rocken, in das Unglück Japans und die Hoffnung einfach in alles, was dieser Mann auf der Bühne versuchte zu vermitteln.
Jeder, der es selbst erlebt hat, wird wissen, was ich meine. Jeder, der es noch nicht erlebt hat, sollte es einmal versuchen.
Nachdem wir dann noch etwas gegessen hatten, traten auch wir die lange Heimfahrt an, auf der wir uns jedoch auch verfuhren, weil wir einfach zu aufgeregt waren, nach diesem einschlagenden Erlebnis.

Hier geht es zu dem Interview mit Miyavi!

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