Miyavi live in Shanghai 2011

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Bildcopyright: Miyavi

„You guys know my name!“ Ja, auch Shanghai kennt seinen Namen und begibt sich willig in seinen Bann – Miyavi hat zum Ende seiner „What’s my name“-Tour am 3. Dezember das Mao Livehouse gerockt und einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Inhalt

Eigentlich bin ich ja kein großer Miyavi-Fan, aber da er an diesem Wochenende ganz in der Nähe spielen würde, dachte ich mir: „Wenn überhaupt, dann jetzt.“ Ich bin vorher noch nie im MAO gewesen und so lande ich an diesem Abend, brav der Adressbeschreibung (Chuanshang Road 208, 3. Stock) folgend, zuerst einmal versehentlich im Backstage-Bereich. Miyavi bekomme ich da leider nicht zu Gesicht, aber einer seiner Mitarbeiter beschreibt mir in einer Mischung aus Japanisch, Chinesisch und Englisch den Weg zum rechten Eingang.

Im Voraus sind sowohl normale als auch VIP-Tickets verkauft worden, wobei nur letztere Zutritt zum Bereich direkt an der Bühne ermöglichen. Dafür zahlt man dann aber auch gute 20 Euro mehr. Als Pressevertreterin kann ich wie die VIP-Ticket-Inhaber an den wartenden Fans mit normalen Tickets vorbeigehen – drei Stockwerke geht es eine Treppe voller Leute hoch. Dabei fällt auf, wie wenig Europäer hier sind, was für das Shanghaier Nachtleben eher ungewöhnlich ist. Die Mehrheit der Anwesenden scheint Chinesen und Mitglieder der großen japanischen Community zu sein. Einige tragen T-Shirts früherer Tourneen.

Das Livehouse selber macht auf mich einen sehr guten ersten Eindruck – trotz seiner Größe wirkt es irgendwie gemütlich und ist im Vorraum mit Plakaten und Flyern für den heutigen Abend gepflastert. Ich schaue kurz am Merchandise-Stand vorbei, der vor allem Knicklichter und anderen Leuchtkram verkauft. T-Shirts gibt es leider keine, nur Poster und – Handabdrücke? Ja, sogar mit Signatur! Einer der Mitarbeiter erzählt mir belustigt, wie Miyavi noch diesen Morgen fröhlich seine Hände in Farbe tunkte, unzählige der großen Karten stempelte und dabei sichtlich Spaß hatte.

Die Bühne ist ungewohnt sparsam bestückt – vier Mikrofonständer, ein Schlagzeug, eine Gitarre und Verstärker. Direkt vor der Bühne ist der schon ziemlich volle VIP-Bereich, in den ich mit meinem roten Bändchen auch reinkomme. Aus reiner Neugierde höre ich mich etwas um, und ein Mädchen erzählt mir zum Beispiel, dass Miyavi schon zum vierten Mal hier sei, wobei sie davon zwei Konzerte gesehen habe. Ich mache auch die Bekanntschaft von zwei Studenten: Lin Chuan erzählt mir, dass er schon seit Jahren ein riesiger Fan sei, aber das hier sein erstes Myv-Konzert wäre. Als dann zum ersten Mal –irrtümlich– gejubelt wird, merkt man ihm die Aufregung auch richtig an.

Dann ist es endlich soweit und Miyavi kommt auf die Bühne – von den Leuten außerhalb des VIP-Bereichs bekomme ich gar nichts mehr mit, um mich herum wird gejubelt, gekreischt, gesprungen und ohne große Einleitungsworte legt er los mit dem Tourtitel „What’s my name?“. Und ja, Shanghai kennt seinen Namen und das ganze Publikum schreit laut die Antwort: „MIYAVI!“ Irgendwann bin ich fast an der Bühne, zusammen mit Lin Chuan, der sein erstes Myv-Konzert echt zu genieße scheint und die meisten Lieder mitsingen kann, wie übrigens ein Großteil der Leute um mich herum. Ich bin eigentlich kein großer Fan, aber Miyavi versteht es wie kein Zweiter, das Publikum mitzureißen und auch ich kann mich der grandiosen Stimmung nicht entziehen. Er genießt den Jubel und flirtet etwas selbstverliebt direkt am Bühnenrand mit den Besuchern, die versuchen, ihn zu berühren und bei jedem Lied willig mitmachen, sei es das langsamere „Gravity“, das entspannt lässige „Chillin’ Chillin’ Money Blues“ oder sein Klassiker „Are you ready to rock?“, bei dem die Halle halb ausrastet.

Trotzdem fällt mir auf, dass das Publikum selten genau das mitmacht, was Miyavi erwartet – wenn er etwas vormacht, machen alle so lange mit wie er, sobald er zum eigentlichen Song übergeht, ebbt auch die Aktivität im Zuschauerraum wieder ab, wie ein Echo. Erst zum Ende hin scheint das Publikum sich mehr zu trauen. Trotzdem sind die meisten so textsicher, dass er immer wieder Passagen dem Publikum überlassen kann, so auch in „Gravity“ und besonders innig wird natürlich „We love you“ mitgesungen. Die Kommunikation mit dem Publikum klappt aber allgemein gut, nur einmal muss ein Übersetzer für Miyavi aushelfen – bereits nach drei Liedern beginnen alle, auf Chinesisch „Ausziehen!“ zu skandieren. Nachdem ein Mitarbeiter souffliert hat, zieht Miyavi bereitwillig sein T-Shirt aus und bestreitet den größten Teil des Konzerts oben ohne.

Zwischendurch probiert er in seinen Ansagen ein paar Brocken Chinesisch aus und erzählt, was er alles schon von Shanghai gesehen hat. Ein paar Leute um mich herum lachen über seine Aussprache und ganz verstehen sie ihn anscheinend nicht. Egal, gejubelt wird dafür umso mehr! Seine Anspielung auf die tollen Konzerte in Lateinamerika kommt allerdings an und alle wollen beweisen, dass Shanghai genau so viel drauf hat wie Rio de Janeiro.

Nach eineinhalb Stunden treibt Miyavi die Stimmung mit „Futuristic Love“ nochmal auf den Höhepunkt und beginnt am Ende fröhlich mit dem Verstärker rumzuspielen. Das futuristische, rasante Outro mit der allgegenwärtigen Sirene begleitet das Publikum in die Pause, die natürlich keiner akzeptieren will – die ganze Zeit wird weitergejubelt, zu „Futuristic Love“ herumgesprungen oder Sprechchöre skandiert. So eine heftige Pause hatte ich noch auf keinem Konzert, meine Ohren klingelten auch am nächsten Tag noch! Natürlich ist es noch nicht vorbei, Miyavi kommt zurück auf die Bühne und zeigt, dass er jede Halle rocken kann. Die obligatorische Dusche für das Publikum aus seiner Flasche darf natürlich nicht ausbleiben und die Fans sind den Temperaturen entsprechend dankbar. Noch besser kommt natürlich das Händeabklatschen der ersten Reihe ganz zum Schluss an – manche scheinen kurz davor, auf die Bühne zu klettern und Miyavi badet im Jubel der Fans, kokettiert mit seinem Körper und der Gitarre hinter seinem Kopf.
 

Fazit!

Ein paar Minuten lang versuchen die Leute im VIP-Bereich noch, ihn zurück auf die Bühne zu locken, aber als die Mitarbeiter beginnen, alles abzubauen, geben sie rasch auf, holen ihre Jacken und machen sich auf den Heimweg. Und dann ist es nach fast zwei Stunden auch schon vorbei, mein erstes Miyavi-Konzert – es hat definitiv einen bleibenden Eindruck hinterlassen, nicht nur für meine Ohren. Auch als Nicht-Fan hat es mir super gefallen. Es herrschte wirklich eine klasse Stimmung und live kommen die Lieder noch einmal ganz anders rüber. Bei vielen merkt man, dass er bei der Komposition mehr die Konzerte im Kopf hatte. Von Miyavis Art darf man halten, was man will – manch einer mag seine Koketterie und sein etwas selbstverliebtes Spiel mit dem Publikum als narzisstisch bezeichnen. Einen gewissen Charme hat es aber doch und bei der Live-Performance ist man auf jeden Fall bereit, ihm einiges zu verzeihen.

Unter den großen Plakaten, die die Fans am Ende im Vorraum mitgehen lassen, kommen auch Poster für Konzerte von Anna Tsuchiya und Crossfaith in der nächsten Zeit zum Vorschein. Hier werde ich auf jeden Fall nochmal vorbeischauen!

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