Astrid Finke, Lektorin bei Manga Heyne

Geschrieben von
Bildcopyright: Astrid Finke, animePRO, Heyne

Eigentlich ist der Heyne Verlag vorwiegend für seine SciFi- und Fantasy-Taschenbücher bekannt, doch im Mai 2005 wagte Heyne einen Schritt in Richtung Japan und debütierte mit den Manga Basilisk, Eden no Hana und Mermaid Melody Pichi Pichi Pitch auf dem deutschen Markt. Nun sind einige Monate vergangen und wir sprachen mit Astrid Finke, der zuständigen Manga-Lektorin bei Heyne, über ihren Job als Lektorin, das Manga-Programm des Verlags und über die hiesige Manga-Fangemeinde. Das Interview führte Evelyn Waclawiczek für AnimePRO.

Inhalt

animePRO: Hallo Frau Finke, danke dass Sie sich für das Interview Zeit genommen haben! Bitte stellen Sie sich unseren Lesern einmal vor.
Astrid Finke: Ich bin Astrid Finke, Lektorin im Taschenbuchlektorat des Heyne Verlags, München, und zuständige Lektorin für die Mangas.

animePRO: Wie kamen Sie zum Heyne Verlag?
Astrid Finke: Ich habe ein Praktikum im Taschenbuchlektorat gemacht, im Anschluss daran ein Volontariat und wurde dann übernommen.

animePRO: Was ist ihre genaue Aufgabe als Lektorin?
Astrid Finke: Das ist bei Mangas und Taschenbüchern in etwa gleich: als Lektorin ist man die Schnittstelle für alle, die an der Herstellung eines Buches beteiligt sind. Man begutachtet Bücher oder Manuskripte, sucht Titel aus, kauft die (deutschen) Rechte ein, sorgt für Übersetzung und Bearbeitung – je nach Zeit lektoriert man selbst oder muss zusätzlich freie Mitarbeiter beschäftigen. Dann überwacht man die Herstellung, wirkt an der Gestaltung des Covers mit, und arbeitet mit Presse und Werbung zusammen, um das Buch erfolgreich zu vermarkten.

animePRO: Sprechen Sie selbst japanisch? Oder ist die Kenntnis der japanischen Sprache als Manga-Lektorin nicht nötig...
Astrid Finke: Natürlich ist es immer von Vorteil, die Sprache des Landes zu können, aus dem man Bücher importiert. Aber es geht auch ohne, denn ich kann kein Japanisch. Ich habe sehr gute Übersetzerinnen und Gutachter, die mir helfen und mich beraten. Und das Schöne an Manga im Gegensatz zu Romanen ist ja, dass es auch die Bilder gibt, und die kann auch ich beurteilen.

animePRO: Wie kam der Heyne Verlag auf die Idee, Comics aus Japan ins Programm zu nehmen?
Astrid Finke: Angesichts der immer noch wachsenden Bedeutung von Mangas auf dem Buchmarkt bietet sich das für eine große und internationale Verlagsgruppe wie Random House, zu der Heyne ja inzwischen gehört, einfach an. Zudem kommt es uns thematisch entgegen: wie die Mangas decken auch wir in unserem Taschenbuchprogramm alle Genres ab, nicht zuletzt den Bereich Fantasy und Science Fiction, in dem wir als Taschenbuchverlag sehr erfolgreich sind und woher uns viele Manga-Leser ohnehin schon kennen.

animePRO: War es schwierig, Mangas in das ansonsten nur Bücher beinhaltende Programm des Verlages zu integrieren? Welchen Stellenwert haben Manga bei Heyne?
Astrid Finke: Manga gehören einerseits bewusst zu unserem normalen Taschenbuchbereich und werden dem Buchhandel auch so angeboten, so dass wir einen für Comics besonders guten Zugang in die Buchläden haben. Andererseits haben die Manga natürlich, da sie neu und anders sind als unsere „normalen" Bücher, einen ganz besonderen Stellenwert. Schwierig war es aber nicht, die Manga in unser Programm zu integrieren, wir machen ja ganz viele verschiedene Bücher und sind da sehr flexibel.

animePRO: Waren alle (involvierten) Mitarbeiter bei Heyne sofort Feuer und Flamme bei dem Gedanken, Manga zu verlegen, oder gab es zu Beginn Zweifel an dem Projekt?
Astrid Finke: Nein, es gab keine Zweifel, alle waren von Anfang an begeistert und sehr engagiert. Viele der Beteiligten kannten das Genre schon, die anderen haben sich interessiert und schnell eingearbeitet.

animePRO: Wie viele Mitarbeiter beschäftigt Heyne momentan im Bereich Manga?
Astrid Finke: Das ist bei uns etwas schwer zu sagen, da viele Mitarbeiter unter anderem, aber nicht ausschließlich für die Mangas arbeiten, z.B. Kolleginnen in der Herstellung oder Werbung. Wir sind ja ein sehr großes Haus. Zudem arbeiten auch viele freie Mitarbeiter für uns, die übersetzen, lettern etc.

animePRO: Der Heyne Verlag hat enge Bindungen zum großen japanischen Manga-Verlag Kodansha. Wie kam das? Warum ausgerechnet Kodansha?
Astrid Finke: Kodansha plant schon seit längerer Zeit ein Joint Venture mit Random House. Daher gibt es da enge Berührungspunkte. Und da Heyne Teil der Verlagsgruppe Random House ist, lag eine Zusammenarbeit natürlich nahe.

animePRO: Vorerst werden hauptsächlich nur Manga von Kodansha bei Ihnen veröffentlicht. Haben Sie bereits auch andere japanische Verlagshäuser im Visier?
Astrid Finke: Ganz konkret in näherer Zukunft steht da nichts an. Das wird sich jetzt zeigen. Wir stehen mit unserem Manga-Programm ja erst ganz am Anfang, und bislang sind wir sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit zwischen Kodansha und unserem Haus.

animePRO: Wie lange dauert es vom Einkauf eines Manga in Japan bis zum Release in Deutschland?
Astrid Finke: Das ist natürlich ganz unterschiedlich. Aber es dauert in jedem Fall länger, als man als Leser vielleicht denken würde. Zunächst müssen ja die vertraglichen Dinge abgewickelt werden, dann kommt die Übersetzung, das Lettern, die Herstellung usw. Da vergehen schon mindestens sechs Monate, es kann auch mal länger dauern. Es dauert ja allein schon bis zu mehrere Wochen, bis so ein Buch in ganz Deutschland an alle Buchhandlungen geliefert ist. Daher kann es mal passieren, dass der eine Leser das Buch bei sich im Laden schon kaufen kann, der andere aber noch etwas warten muss.

animePRO: Nach welchen Kriterien werden die Manga für den Heyne Verlag ausgesucht?
Astrid Finke: Wir wollen ein möglichst breites Publikum ansprechen, wie wir es auch mit unseren Taschenbüchern machen. Spezialthemen und Nischen überlassen wir gerne den Experten - noch sind wir ja relativ frisch im Geschäft. Das heißt also, wir wollen für alle Alters- und Interessengruppen etwas im Programm haben, gerne auch Serien, die vielen verschiedenen Leuten gefallen. Und natürlich müssen uns die Manga selbst gefallen! Sonst macht es ja keinen Spaß.

animePRO: Bereits diesen Winter werden drei neue Manga – Wolfs Rain, Rocket Man und Zodiac Private Investigator - bei Heyne erscheinen. Warum haben Sie sich für diese drei entschieden?
Astrid Finke: Wie gerade gesagt, suchen wir natürlich auch nach persönlichem Geschmack aus. Und wir wollen für jeden etwas dabei haben. Und Wolfs Rain beispielsweise ist vielen schon als Anime von OVA Films bekannt.

animePRO: Gibt es einen speziellen Grund, warum immer nur drei Mangaserien auf einmal ins Programm genommen werden? Oder wird sich das in Zukunft bei großem Erfolg ändern?
Astrid Finke: Das war eigentlich ein Zufall. Wir hätten auch vier machen können. Zwei wären uns allerdings zu wenig gewesen. Es hängt auch ein bisschen davon ab, was gerade im Angebot ist, man kann nicht immer alles kaufen, was man gerade haben möchte. Wir wollen auf Dauer unser Programm stetig erweitern, aber langsam, Schritt für Schritt.

animePRO: Seit mehreren Monaten laufen die Manga Basilisk, Eden no Hana und Mermaid Melody in Ihrem Programm. Welches dieser Manga ist bisher der erfolgreichste?
Astrid Finke: Am erfolgreichsten ist bisher Pichi Pichi Pitch. Aber das Schöne ist, dass keine der drei Serien ein Misserfolg war, alle drei verkaufen sich sehr gut.

animePRO: Was glauben Sie, warum ist Pichi Pichi Pitch am erfolgreichsten?
Astrid Finke: Pichi Pichi Pitch ist ein sehr actionreicher Manga, dabei kommt aber auch die Romantik nicht zu kurz. Er richtet sich zwar vor allem an Mädchen, aber auch Jungs mögen ihn, und auch Erwachsene begeistern sich für die Meerjungfrauen. Die Zielgruppe ist also weniger eingeschränkt, als z.B. bei Basilisk.

animePRO: Können Sie uns über die künftigen Vorhaben von Heyne Manga vielleicht etwas verraten?
Astrid Finke: Geheimnisse gibt es momentan keine, die ich verraten könnte. Wir bleiben auf jeden Fall am Ball und bemühen uns weiterhin um schöne Serien.

animePRO: Welches Feedback haben Sie bisher auf die Heyne-Manga bekommen? War es schwierig, sich in der anspruchsvollen Manga-Fangemeinde zu etablieren?
Astrid Finke: Stimmt, die Manga-Fangemeinde ist anspruchsvoll, und das mit gutem Recht. Insofern haben wir uns schon ganz besonders viel Mühe gegeben und waren fast ein bisschen nervös vor dem Start. Doch bisher haben wir praktisch nur positive Rückmeldung erhalten, sowohl was die Auswahl der Serien, als auch was die Qualität der Bücher und der Übersetzung angeht. Ich glaube, man nimmt uns nach anfänglicher Skepsis schon ernst als Manga-Verlag. Auch der Handel und nicht zuletzt die anderen Manga-Verlage reagieren positiv auf unsere Serien.

animePRO: Welches Bild haben Sie von der deutschen Manga-Szene?
Astrid Finke: Meiner Meinung nach ist die Szene in Deutschland ganz besonders aktiv und interessiert, da muss man sich nur mal eine der Manga-Cons und die vielen Websites anschauen. Die Leser sind außerdem sehr gut informiert, wovon auch wir als Verlag immer profitieren, man sehe sich nur mal unser Forum an.

animePRO: Wird sich der Heyne Verlag zukünftig mehr in der Fanszene präsentieren, d.h. auf Conventions oder Messen mit einem Stand anwesend sein?
Astrid Finke: Ob und inwieweit wir auf Conventions präsent sein werden, ist noch nicht ganz raus. Auf jeden Fall sind Mitarbeiter des Heyne-Verlags normalerweise vor Ort, wie zuletzt auf der AnimagiC und bald auf der Connichi. Auf den großen Buchmessen ist Heyne natürlich im Rahmen der Random House Verlagsgruppe mit einem Stand vertreten.

animePRO: Wie wichtig ist ihrem Verlag die Präsentation im Internet, d.h. die Website und das Forum?
Astrid Finke: Das ist uns unheimlich wichtig. Das ist ja die beste Möglichkeit, mit seinen Lesern in Kontakt zu treten, sich Tipps und Anregungen zu holen, Informationen zu verbreiten und so weiter. Jeder kann uns schnell und einfach finden. Ich selbst besorge mir aktuelle Informationen auch am liebsten übers Internet, also bietet sich das einfach an.

animePRO: Was glauben Sie: ist Manga in Deutschland nur ein Hype oder ein Medium, welches sich fest integrieren kann?
Astrid Finke: Ich persönlich glaube, dass Manga sich schon längst in die Comic- bzw. Buchlandschaft integriert haben. Dazu sind Manga schon viel zu lange ein Teil der Szene, um als Hype abgetan zu werden. Es steckt ja auch viel mehr hinter Manga als nur die ein oder andere sehr erfolgreiche Serie.

animePRO: Wo sehen Sie Heyne Manga in 5 Jahren? Inwieweit werden Sie sich etabliert haben?
Astrid Finke: Ich denke, in fünf Jahren gehören wir längst richtig dazu. Wir sind ja jetzt schon ein akzeptierter Teil der Szene, das merkt man an Leser- und Händlerreaktionen. Da die Manga-Leser ein neugieriges und interessiertes Publikum sind, hat man uns schnell wahrgenommen und integriert.

animePRO: Welches der bisher herausgebrachten Manga des Heyne Verlags mögen Sie am liebsten?
Astrid Finke: Ich selbst bin ein großer Fan von Eden no Hana. Das ist eine Serie, die vielleicht etwas unscheinbarer daherkommt, die aber inhaltlich tiefgründig ist, liebenswerte und glaubwürdige Figuren zeigt und deren Story einen Band für Band mehr fesselt.

[[GALERIE1]]

Fazit!

animePRO: Vielen Dank für das Interview!

Neuste Artikel

Welcome to the N.H.K.! Vol. 1 (DVD)

Der Hikikomori Tatsuhiro Sato ist der großen Weltverschwörung auf der Spur gekommen:
Mithilfe von Unterhaltungsmedien will die NHK alle Japaner beeinflussen und eine Armee aus Stubenhockern züchten!

Violet Evergarden - The Movie (Blu-ray) – Limited Special Edition

Violet versteht jetzt die Bedeutung der Worte „Ich liebe dich“, was ihr sehr bei ihrer Arbeit als Autonome-Korrespondenz-Assistentin hilft. Dennoch hat sie niemanden, zu dem sie diese Worte sagen kann.

ReLife – Final Arc (Blu-ray)

ReLife spielt mit deinen Gefühlen, deinen Hoffnungen und deiner Vorstellung von deinem idealen Selbst!

Psycho Pass Staffel 3 Vol 2 - Blu-ray

Eine Macht nimmt in Japan Gestalt an, die das Sybill-System herausfordert und erneut die Farbtonüberprüfung zu umgehen versucht. Die Inspektoren beider Organisationen versuchen, ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen.

Kolumne

Wie übersteht man das restliche Jahr?

Viele verwirrende Maßnahmen wurden wieder einmal von unserer Regierung ausgesprochen. Totaler Lockdown, aber Lockerungen zu Weihnachten und dafür kein Silvester. Wer blickt denn da noch durch?
Wer somit einfach zu Hause bleiben und sich bis zum nächsten Jahr nicht mehr von der Couch bewegen will, bekommt von uns ein paar Tipps gegen Langeweile.

Shiso Burger Hamburg

Wir waren zu zweit für euch bei Shiso Burger Hamburg, um euch sagen zu können, ob sich ein Besuch lohnt.