Judith Park & Nina Werner

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Bildcopyright: Judith Park, Nina Werner, Carlsen Comics

Auf der Leipziger Buchmesse 2006 konnten wir Judith Park und Nina Werner, beide Manga-ka bei Carlsen Comics, zu einem einzigartigen Doppelinterview bewegen. Wir sprachen mit ihnen über das Mangazeichnen, ihre Projekte, die Daisuki und ihre Zukunftspläne...

Inhalt

animePRO: Bitte stellt euch zu Beginn unseres Interviews kurz unseren Lesern vor!
Nina Werner: Mein Name ist Nina Werner und ich bin 19 Jahre alt. Für Carlsen Comics habe ich mein erstes Manga Jibun-Jishin gezeichnet, dass zuvor in der Manga-Zeitschrift Daisuki erschien und nun als Taschenbuch im Handel erhältlich ist.
Judith Park: Ich heiße Judith Park und bin 21 Jahre alt. Vor drei Jahren habe ich bei Carlsen Comics begonnen, als Manga-ka zu arbeiten und habe bisher zwei Einzelbände namens Dystopia sowie Y-Square gezeichnet.

animePRO: Diesen Monat hast du, Nina, deinen ersten Manga veröffentlichen dürfen. Was ist die Bedeutung von Jibun-Jishin?
Nina Werner: Die Bedeutung lautet „Ich, selbst".

animePRO: Arbeitest du bereits an einem neuen Manga, Nina?
Nina Werner: Momentan bin ich im Abiturstress, aber danach geht es wieder ans Manga zeichnen. Vorerst hat die Schule Vorrang.

animePRO: Wie hat sich die Arbeit an deinem Manga auf die schulischen Leistungen ausgewirkt?
Nina Werner: Das Zeichnen hat sich auf meine schulischen Leistungen nicht ausgewirkt, aber die Kapitel für die Daisuki wurden dadurch teilweise verzögert fertig gestellt. Ich besuche eine Gestaltungsschule und dort hat man Verständnis für meine Tätigkeit als Manga-Zeichnerin.

animePRO: Judith, du hast bereits zwei Manga gezeichnet. Welches war für dich anspruchsvoller?
Judith Park: Anspruchsvoller war eigentlich Dystopia, denn dies war mein erstes Werk und ich wusste nicht, ob es den Lesern gefallen wird. Zudem kamen Aspekte wie der Zeitdruck, Abgabetermine und die damalige Unerfahrenheit sowie die komplexe Story dazu. Leichtere Geschichten, wie beispielsweise Alltagsgeschichten, in denen es beispielsweise um Freundschaft geht, wären einfacher gewesen, da man sich hier erstmal darauf konzentrieren kann, wie der Manga im Einzelnen aufgebaut ist.

animePRO: Habt ihr japanische Manga-ka als Vorbilder?
Nina Werner: Die Zeichnerin von Vampire Miyu, Narumi Kakinouchi und den Zeichner von Neon Genesis Evangelion, Yoshiyuki Sadamoto mag ich sehr gerne.
Judith Park: Im Manga-Bereich ist mein einziges Vorbild eigentlich Miwa Ueda, die Zeichnerin von Peach Girl. So gesehen, sind für mich die Zeichner aus dem Comic-Bereich eigentlich interessanter, da sich diese von Manga-ka unterscheiden. Von den Comic-Zeichnern ist u. a. mein Favourit Frank Miller, der Zeichner von Sin City. Der Comic-Bereich ist für mich in dem Sinne interessanter, da man kennen lernen kann, wie diese Zeichner zu Werke gehen. Dadurch lernt man viel und entwickelt sich weiter.

animePRO: Ihr zeichnet beide für das Magazin Daisuki, das regelmäßig bei Carlsen Comics erscheint. Da die Daisuki aber vorwiegend von jüngeren Mädchen gelesen wird, sind die darin erscheinenden Manga natürlich auf diese Zielgruppe abgestimmt. Würdet ihr gerne auch einmal einen Manga für eine andere Zielgruppe zeichnen?
Nina Werner: Ich persönlich bin eher ein Fan des Genre Horror und würde in diese Richtung ebenso gerne etwas zeichnen. Zum Einstieg war die Daisuki sozusagen etwas „Leichteres" und man konnte die Vorgänge lernen, wie alles abläuft. Für den Anfang war dies auf jeden Fall einfacher zu bewältigen, aber in der Zukunft würde ich mir gerne etwas „Mysteriöses" vornehmen. Das würde mir großen Spaß bereiten.
Judith Park: Die Zielgruppe bei der Daisuki ist relativ jung – zwischen ca. 12-16-jährigen Teenager. Ich würde mich auch gerne mal dem eher älterem Publikum widmen, also Leute in meinem Alter mit einem Manga ansprechen.

animePRO: Habt ihr in eurem Vertrag irgendwelche Einschränkungen oder warum habt ihr mit eurem „Vorhaben" nicht bereits begonnen?
Nina Werner: Wir haben keine Einschränkungen, das heißt dass alles freigegeben ist. Man stellt den Redakteuren die Geschichte vor und meistens ist es so, dass sie diese annehmen - oder ablehnen, sofern etwas dagegen spricht. In dieser Hinsicht sind wir frei, aber zu Beginn ist es leichter, eine einfachere Story zu wählen, damit man sich nicht in mehrere Bände verhaspelt und Erfahrungen sammeln kann.
Judith Park: Die Situation gestaltet sich bei mir ebenso wie bei Nina.

animePRO: Wie lange benötigt ihr, um euch eine Story für einen Manga auszudenken?
Nina Werner: Das ist unterschiedlich und kommt darauf an, wie ausschweifend und lange die Story ist. Es kann vorkommen, dass sie wie ein „Geistesblitz" in einen einfährt, aber es ist ebenso möglich, dass bei längerem Nachdenken sich der Geistesblitz als unpassend gestaltet. Die Details in der Story werden erst später entwickelt: Wenn man die Geschichte zeichnet, fallen einem Details ein, die man einbauen könnte oder man plant das Ende anders, als ursprünglich gedacht.

animePRO: Wie lief eigentlich die Entstehung und Erstellung eurer Manga ab?
Nina Werner: Als Erstes hat man ein Konzept, danach muss man die Kapitel vorscribbeln, alsp. Strichmännchen auf Papier zeichnen, um den Verlag zu zeigen, wie man es geplant hat. Diese Skizzen werden mit dem Verlag besprochen und danach kann man beginnen zu zeichnen.
Judith Park: Anfangs hatten wir es auch so gehandhabt, dass ein Kapitel jeweils vorgescribbelt und dieses folglich gezeichnet wurde. Danach wurde am zweiten Kapitel gescribbelt, usw. Hier entstand aber das Problem, dass man so viele Sprünge zwischen den Kapiteln hatte, dass man irgendwann leicht den Faden verlor. Mittlerweile handhaben wir es so, dass alle Kapitel gescribbelt werden und wir danach mit den Zeichnungen beginnen. Zwar ist es so wesentlich anstrengender, aber die Sache gestaltet sich flüssiger.

animePRO: Könnt ihr beiden euch auch vorstellen, mal gemeinsam ein Projekt zu starten?
Nina Werner: Wir hatten dies bereits geplant, aber wir wohnen leider zu weit auseinander und ich besuche noch die Schule, was sich stressig gestalten würde. Bis jetzt hat es leider noch nicht geklappt, aber was nicht ist, kann ja noch werden...
Judith Park: Genau; vor vier Jahren haben wir ein gemeinsames Projekt bereits durchführen wollen und ich würde mich sehr darüber freuen, wenn es noch klappen würde.

animePRO: Habt ihr auch an Publikationen in anderen Bereichen, wie beispielsweise How to Draw Books oder PC-Kolloration-Anleitungen, gedacht?
Judith Park: Das wird man oft gefragt, denn dies ist ein guter „Markt". Auf Messen gebe ich gerne kleine Workshops, aber ein ganzes Fachbuch darüber zu verfassen, wäre wohl zu viel Aufwand.
Nina Werner: Ich denke, falls mich jemand fragen würde, würde ich ihm gerne eine kleine Anleitung geben, aber im Grunde ist das Manga zeichnen eine Eigenentwicklung. Man lernt durchs Kolorieren und durchs Zeichnen selbst viel dazu und man muss seinen eigenen Stil finden. Wenn man stets Anleitungen verfolgt, dann ist dies nicht unbedingt der ideale Weg...
Judith Park: Ich habe stets selbst koloriert und ca. drei Jahre benötigt, bis ich annähernd etwas zu Stande gebracht habe. Ich habe mal ein Handbuch durchgesehen – das hilft einem zwar einmal weiter, aber beim nächsten Mal hat man meistens wieder alles vergessen. Sich das Zeichnen und Kolorieren selbst anzueignen ist die bessere Lösung.

animePRO: Mit welchen Grafikprogrammen koloriert ihr?
Nina Werner und Judith Park: Wir kolorieren mit Adobe Photoshop und Painter.

animePRO: Wo seht ihr euch selbst in fünf Jahren?
Nina Werner und Judith Park: Hoffentlich noch beim Manga zeichnen (lachen).

animePRO: Wenn ihr könntet, würdet ihr vom Manga zeichnen alleine leben oder würdet ihr beruflich nebenbei auch etwas anderes machen?
Judith Park: Es kommt darauf an, was nebenbei bedeutet. Wenn ich Manga zeichnen und nebenbei an einem Werbezeichentrickfilm arbeiten könnte, würde ich diese Gelegenheit nicht ausschlagen. Wenn nebenbei jedoch bedeuten würde, eine Ausbildung zu absolvieren oder an einer Supermarktkasse zu sitzen, dann natürlich nicht.

animePRO: Was denkt ihr, werden sich deutsche Manga-Zeichner irgendwann vollständig etabliert haben und nicht mehr als Randgruppe gesehen werden?
Nina Werner: In den nächsten Jahren wird es sicherlich stets mehr geben und die Situation wird sich verbessern.

animePRO: Wie bewirbt man sich eurer Meinung nach am Geschicktesten bei einem Verlag?
Judith Park: Wir beide haben eigentlich nie diesen Bewerbungsweg eingeschlagen, sondern wurden nach Zeichen-Wettbewerben vom Verlag angeschrieben. Das ist unser großes Glück. Daher können wir dazu leider nichts sagen.

animePRO: Wollt ihr zum Schluss unseres Interviews noch Tipps für die angehenden Manga-Zeichner geben?
Judith Parkt: Üben, üben, üben! Ganz wichtig ist außerdem, nicht aufzugeben und zu seinen Fehlern zu stehen.

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Fazit!

animePRO: Vielen Dank für das informative Interview und viel Erfolg auch in der Zukunft!

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