Ulrich Wegenast, Programmgestalter der 12. ITFS

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Bildcopyright: Ulrich Wegenast, animePRO

Anlässlich zum 12. Internationalen Trickfilm Festival in Stuttgart, hatten wir die Möglichkeit den Programm-gestallter des Festivals, Ulrich Wegenast, in einem Interview einige Fragen zu stellen. Das Interview fand am 17.03.2004 in den Räumen des ITFS statt.

Inhalt

animePRO: Danke dass sie für das Interview Zeit gefunden haben! – Bitte stellen Sie sich und Ihre Tätigkeit kurz für unsere Leser vor.
U.Wegenast: Mein Name ist Ulrich Wegenast und ich bin Programmberater beim Trickfilmfestival seit 1993, also ist das jetzt mein fünftes Trickfilmfestival, da das ja immer zweijährlich stattfindet.

animePRO: Was ist da Ihre Hauptaufgabe als Programmberater?
U. Wegenast: Als Programmberater ist man natürlich für die Programmzusammenstellung zuständig, d.h. man besucht natürlich viele Festivals und Produktionsfirmen, steht in Kontakt mit unterschiedlichsten Organisationen weltweit um möglichst viele Einreichungen zu akreditieren , d.h. ein Teil des Programmes, der Wettbewerbsbereich, läuft über Einreichungen, da gibt es eine weltweite Ausschreibung und da wurden dieses Jahr ca. 1 300 Einreichungen eingeschickt und die werden dann in unterschiedliche Auswahlsektionen gesichtet und dann wird eben dieses Wettbewerbsprogramm zusammengestellt, da bin ich natürlich auch beteiligt bei den Sichtungen. Zum anderen stelle ich natürlich das Rahmenprogramm zusammen; irgendwelche Specials, Themenprogramme oder Werkschauen von bekannten Namen oder bekannten Künstlern oder Trickfilmgespräche und dergleichen, also alles was dann sozusagen neben dem Wettbewerb noch auf dem Festival läuft ist eben auch mein Job. Das zusammenzustellen und ein Programm daraus zu basteln, was Sinn macht und was sich eben nicht gegenseitig zu sehr ausschließt, weil wir insgesammt 4 – 5 Spielstätten haben und eben viele Sachen parallel laufen und wir müssen das choreografieren und inszenieren dass man eben möglichst viel mitnehmen kann und nicht das man eben das Gefühl hat dass man die Hälfte verpasst – natürlich verpasst man bei Festivals immer was – aber dass man das Ganze es eben möglichst gut gestaltet.

animePRO: Sie sagten gerade Werkschauen – Studios präsentieren ihr Werke; gibt es so etwas auf dem Festival auch oder laufen welche parallel?
U. Wegenast: Werkschauen... wir haben da unterschiedliche Module: einerseits eine Personen-Werkschau und dann gibt es Studio-Präsentationen, wo sich eben ein Studio mit ein paar Filmen vorstellt und die Arbeitsweise präsentiert und die Philosophie die dahintersteckt oder Gespräche mit dem Publikum führt; das ist eben ein Branchenfestival wo eben ca. 800 Akreditierte sich noch neben dem normalen Publikum auf dem Festival befinden werden.

animePRO: Sind darunter auch bekannte Studios; gerade aus dem Asiatischen Raum?
U. Wegenast: Dieses Jahr nicht; wir haben aber dieses Jahr 3 Studios die hervorzuheben sind: zum einen „Nukofilm" aus Estland, ein ziemlich bekanntes Puppentrickstudio, das es seit ca. 40 Jahren gibt und das größte Puppentrickstudio in Nordosteuropa ist; dann „Pilot", ein Animationsstudio aus Moskau und als drittes „AKME-Filmworks" aus Hollywood, ein eher kleineres Studio mit einem großen Qualitätsstandart was die Produktion anbelangt.
Bei den Studiopräsentationen ist es auch so, dass wir immer versuchen, dass die künstlerische und inhaltliche Qualität, die wir uns beim Wettbewerb wünschen, vom Studio mitgebracht wird, d.h. dass wir nicht jedes x-beliebige Studio vorstellen lassen. Natürlich können wir uns vorstellen, auch mal „Ghibli oder so zu präsentieren, aber die waren vor kurzem eben in Köln, daher haben wir sie dieses Jahr nicht im Programm. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass sich beim nächsten Mal ein asiatisches Studio präsentiert wird.

animePRO: Präsentierten sich in der Vergangenheit schon welche?
U. Wegenast: Es waren von unterschiedlichen Studios Leute da, z.B. die Leute die „Perfect Blue" produzierten haben, sich mal vorgestellt; aber wir haben tatsächlich nie explizit ein Studio vorgestellt. Von da her wäre es durchaus mal vorstellbar, ein asiatisches Studio ins Programm zu nehmen. Wir haben natürlich auch schon mal ausführlicher Studios vorgestellt, aber beim Trickfilmfestival so explizit noch kein Japanisches – aber es wäre vielleicht auch mal an der Zeit es zu tun.

animePRO: (lacht) stimmt wohl. Also auf diesem Festival wird alles was sich mit Trickfilm befasst – also nicht ausschließlich Zeichentrick – vorgestellt. Ist auch die Augsburger Puppenkiste vertreten?
U. Wegenast: Nun ja, die Augsburger Puppenkiste ist ja erstens mehr Marionettentheater als Trickfilm und zweitens ist das Trickfilmfestival nicht unbedingt ein Festival für Kinder. Wir haben zwar den „Tricks for Kids" Bereich, aber das ist auch schon das einzige, das für Kinder geeignet ist. Die anderen Bereiche sind eher anspruchsvoll und durchaus unterhaltsam, aber eben nicht die klassische Trickfilmkost, die man aus dem TV gewohnt ist. Aber natürlich sind auch Leute wie z.B. die von Artman-Animation da, die Chicken Run gemacht haben und die hier auf dem Trickfilmfestival groß geworden sind mit ihren „Wallice and Grommit" Filmen.
Bei solchen Geschichten kann man natürlich nicht sagen dass sie nicht ununterhaltsam wären.

animePRO: Also gibt es auch Genre-übergreifende Präsentationen.
U. Wegenast: Ja, genau.

animePRO: Zu was anderem: Das Festival gibt es schon seit 20 Jahren. Aber die Festival GMBH gibt es erst seit dem Jahr 2000 – was war davor?
U. Wegenast: Vorher gab`s nur den Trickfilmfestival-Verein. Das Problem bei Vereinen ist aber, das eine Vereinstruktur nicht immer stabil ist und dadurch, dass noch andere Aktivitäten bei der Festival GMBH dazukamen, hatte es auch Sinn gemacht, eine Organisation zu gründen, die unterschiedliche Festivals organisiert. Wir sind zudem non-profit, d.h. wir machen die Veranstaltung aus reinem Selbstzweck um Animationsfilme und deren Qualität zu fördern. Das Geld, das als Überschuss erwirtschaftet wird – wenn überhaupt – fließt dann eben in die nächsten Projekte. Das Ziel war eben, die ganze Organisation mehrerer Festivals zusammenzulegen. Neben dem Trickfilmfestival organisieren wir auch die FMX die jährlich im Mai stattfindet, die zwar auch animationsfilm-bezogen ist, aber eher die Form eines Kongresses hat und eher mehr die Macher der Trickfilme anspricht. Außerdem leiten wir noch ein jährliches Spielfilmfestival und ein zweijährliches Kurzfilmfestival.

animePRO: Wie entstand eigentlich vor 20 Jahren die Idee, ein Trickfilmfestival zu veranstalten?
U. Wegenast: Ich war zwar damals noch nicht dabei, da ich damals erst ca. 14 Jahre alt war (lacht), aber das trug sich so zu: Das Festival entstand durch die Initiative von Professor Albrecht Ade , der damals in einer Kunstakademie eine kleine Animationsklasse hatte, die sich recht gut entwickelte und Fortschritte machte. Seine Idee war es, eine Plattform zu schaffen, wo er einerseits die Arbeiten seiner Studenten vorstellen und andererseits die internationale Trickfilm-Community nach Stuttgart holen konnte. So entstand das Festival ziemlich schnell, und es wuchs von Jahr zu Jahr, so dass es schon 1988 sehr groß war; natürlich entwickelte es sich ständig weiter. Ahde wurde Gründungsdirektor der Filmakademie in Ludwigsburg und leitete das Festival nebenbei bis einschließlich 2000 weiter.
Ortswechsel hat das Festival viele erlebt; es fing in einem Kino an und fand daraufhin mal im Planetarium statt, mal in einem Theater – wie ein Wanderzirkus. Seit 1994 ist der Hauptspielort aber die Reithalle, was ein sehr guter Ort ist, da hier ca. 800 Leute reinpassen; und eben die anderen Spielorte, die neu dazugekommen sind.

animePRO: Wie viele Filme liefen zu den Anfängen des Festivals – im Vergleich zu heute?
U. Wegenast: Leider habe ich dazu keine Daten gefunden. Dieses Jahr laufen aber ca. 500 Filme; eine Größenordnung, die wir seit 1996 haben. Eventuell zeigen wir nächstes Mal sogar noch mehr Filme. 1994 waren auf dem Festival ca. 350 Filme zu sehen.

animePRO: War es erst nach der GMBH-Gründung möglich, diese Dimensionen einzuschlagen, oder war schon vorher klar, dass 1996 mehrere Filme gezeigt werden?
U. Wegenast: Schon vorher hatte das Festival ein schon sehr großes Volumen gehabt, von der Größe her fast gleichwertig wie heute. Wir haben über die GMBH eigentlich hauptsächlich versucht, die Dinge im Detail zu verbessern, z.B. die Werbung oder entsprechende Filme bei „Tricks for Kids". Man kann sagen, dass wir versuchen, das Volums-Level von 1996 zu halten und das Festival mehr im Detail noch auszubauen. Dazu kommt noch, dass die GMBH zusätzlich mit den anderen Festivals beschäftigt ist.

animePRO: Die anderen Festivals existierten vorher noch nicht?
U. Wegenast: Nein, die kamen Step-by-step dazu; das Kurzfilmfestival 1995 und das Spielfilmfestival 1997. Die ganze Sache wächst immer mehr, nicht nur im Animationsfilmbereich. Wir versuchen alles immer mehr zu verbessern und das Netzwerk mehr und mehr auszubauen.

animePRO: Dieses Jahr werden 500 Filme gezeigt. Woher kommen die meisten?
U. Wegenast: Aus jeder Ecke. Es gibt natürlich Schwerpunktländer, die traditionell in unserem Bereich sehr stark sind, wie England, das in diesem Animationsbereich sehr vertreten ist, oder Frankreich, Russland und natürlich auch die asiatischen Länder, die immer mehr im Kommen sind – vor allem China, Süd-Korea und Japan, die zu wahren Trickfilmnationen aufgestiegen sind. China vor allem hatte ja schon in den 80er Jahren mit dem „Studio Shanghai" eine sehr gute Trickfilmproduktion.

animePRO: Welche Zielgruppe strebt das Festival eigentlich genau an? Die breite Masse oder ein Fachpublikum?
U. Wegenast: Wir haben mehrere Zielgruppen: zum einen ein breites, film- und kunstinteressiertes Publikum, welches über die Jahre hinweg immer wieder kommt; und natürlich kommen auch viele Fachleute und Studenten hierher, die eben in den Bereichen Animation und Grafik tätig sind und die aus allen Ländern der Erde kommen. Wir haben dieses Jahr sieben oder acht Animationsklassen aus aller Welt dieses Jahr zu Gast, die hierher eine Exkursion machen.
Natürlich versuchen wir auch das Anime-Publikum zu erreichen, ein sehr wichtiges Publikum, weil sie sich für Animation interessieren und wir Anime für sehr wichtig erachten. Kein Genre des Animationsfilms hat sich so stark mit urbanen Dingen beschäftigt wie der Anime; alle anderen Genres beinhalten viel mehr irgendwelche fantastische Welten (was natürlich beim Anime auch vorkommt) – aber im Anime ist die Fantasiewelt immer in eine urbane Umgebung eingebunden. Die Stadt als solches und die Stadt der Gegenwart spielt im Anime eine sehr große Rolle. Im westlichen Animationsfilm ist so was kaum zu finden, Disney z.B. hat sich nie mit dem urbanen und der Gegenwart beschäftigt, oder Pixar, deren Storys sich immer in „Fabelwelten" abspielen. Die Gegenwärtigkeit ist sicherlich eine der höchsten Qualitäten des Anime. Auch „Tokyo Godfathers" oder „Perfekt Blue" beinhaltet dieses Thema. Anime hat fast immer einen Bezug zur Gegenwart und dem Alltagsleben.

animePRO: Hat sich das Animepublikum in den letzten Jahren verstärkt?
U. Wegenast: Wir hatten einige Premieren, wie z.B. „Prinzessin Mononoke", wo die Leute regelrecht zu uns „gepilgert" sind. Man kann sagen, seit 1998 kommen die Leute gezielt, eben auch das Animepublikum. Wir versuchen aber auch, die Animefans für andere Trickfilme zu begeistern, da viele westliche Trickfilme einiges der asiatischen aufgegriffen haben. Für uns ist es sehr interessant, Verbindungen zwischen den verschiedenen Trickfilm-Kulturen herzustellen.

animePRO: Sind auf dem Trickfilmfestival auch viele Regisseure anwesend?
U. Wegenast: Doch, auf jeden fall, vor allem deshalb, weil das Festival den Flug und die Unterkunft bezahlt (lacht). Wir haben dieses Jahr ca. 150 Gäste aus aller Welt auf den Festival; allein 45 Regisseure sind aufgrund des internationalen Wettbewerbes hier – von fast jedem Film ist der Regisseur anwesend. Allerdings liegt der Schwerpunkt des Festivals auf der Präsentation der Filme und nicht auf Diskussion über die Herstellung, d.h. es gibt nur wenig Möglichkeit für die Regisseure, sich untereinander großartig auszutauschen. Der Regisseur des Anime „Mount Heat", Koji Yamamura ist übrigens auch anwesend und sitzt u.a. in der Jury von „Tricks for Kids".

animePRO: China ist dieses Jahr ja besonders stark vertreten. Warum gerade China?
U. Wegenast: Die Medienszene Chinas explodiert momentan – nicht nur im Trickfilmbereich – geradezu. Seit ca. 2 – 3 Jahren ist China mehr und mehr bereit, ihre Produktionen auch nach außen hin vorzustellen. Vor allem die Pekinger Filmhochschule produziert viel und schickt uns ihre Werke. Für uns war es wichtig, China mal besonders aus den übrigen asiatischen Ländern hervorzuheben; vor allem ihre Produktionen, die sie für SETTV, den staatlichen chinesischen TV-Sender, herstellen. Allerdings haben wir den Chinesen nicht vorgeschrieben, was sie uns präsentieren sollen. Die Medien in China entwickeln sich momentan enorm und Animationsfilm ist ein großer Teil davon. Wir haben immer Länderschwerpunkte auf dem Festival und wir wählen immer die Länder aus, wo wir das Gefühl haben dass sich da momentan viel in der Branche Trickfilm tut. Natürlich hat das auch immer mit der Anzahl der Einreichungen zu tun.

animePRO: China ist ja auch mal was Neues und Anderes. Inwiefern unterscheiden sich die chinesischen Trickfilme vom japanischen Anime?
U. Wegenast: Schwierige Frage (lacht)... ein direktes Urteil will ich mir noch nicht erlauben. Die Unterschiede von Anime aus Japan und Trickfilmen aus Süd Korea sind da eindeutiger; was vielleicht auch daran liegt, dass die Formen des chinesischen Trickfilmes noch nicht so zu einer Convention geworden sind wie das teilweise im Anime der Fall ist, dass bestimmte Muster relativ stark wiederholt werden und ausgebaut werden. Das ist keine negative Kritik am Anime, ich will damit nur sagen dass sich das Anime-Genre schon ziemlich stark ausgeprägt hat und dass es schon sehr fest und stark ist.
Das ist wiederum bei den chinesischen Animationsfilmen noch nicht so der Fall. Man kann sagen, dass vor allem die inhaltlichen Themen, die Ästhetik, die etwas weiter und offener ist als die des Anime, und die narrativen Festlegungen, die noch nicht so stark entwickelt sind wie die des Anime, des chinesischen Animationsfilmes sich vom japanischren Anime unterscheiden. Die Filme, die ich bisher aus China gesehen habe, sind eher Essay-artig angelegt und teilweise fließen Aspekte wie Philosophie stärker mit ein.
Der südkoreanische Trickfilm kann man sagen liegt zwischen dem chinesischen und dem japanischen: die Entwicklung der Charaktere ist zwar sehr Anime-like, die Erzählweise aber – ähnlich wie die im chinesischen Trickfilm – etwas „weiter" und ausgedehnter als die des Anime, welche doch viel komprimierter wirkt.
Man muss aber auch bedenken, dass sowohl der chinesische als auch der südkoreanische Trickfilm sehr stark vom japanischen Animationsmarkt geprägt wurden und dass durch die Öffnung Chinas mehr japanischer Anime in China gezeigt wird als zuvor, was die Chinesen antrieb, eigene Trickfilme entgegen zu setzen.
Dennoch bin ich kein Experte in solchen Dingen; wir haben eigene Scouts in Japan und auch in China, die mit diesem Thema mehr vertraut sind und die uns immer auf dem Laufenden über den Trickfilmmarkt in den jeweiligen Ländern halten.

animePRO: Kann man den Zeichenstil der Länder vergleichen oder ist der ganz unterschiedlich?
U. Wegenast: Die Filme, die ich bisher aus China gesehen habe, sind, auch was die Charaktere anbelangt, nicht in dem klassischen Animestil gezeichnet, d.h. sie haben nicht diesen Mangalook. Die südkoreanischen Trickfilme sind hingegen eine Mischung aus beidem; manche sind dem Anime sehr ähnlich, manche wiederum gar nicht.

animePRO: Was wird eigentlich dieses Jahr so auf dem Festival für Animefans geboten?
U. Wegenast: Im Kurzfilmbereich ist nicht so viel Japanisches zu sehen, da die meisten Anime entweder viel länger sind oder zu einer Serie zusammengefasst wurden. Daher sollen Animefans sich mehr auf den Spielfilmbereich konzentrieren; wir zeigen u.a. „Tamana 2020", der ein wenig wieder ist und einen neueren Stil präsentiert, dann „Tokyo Godfathers", der ja unter vielen Animefans bekannt sein dürfte da er ja vor kurzem in Köln präsentiert wurde, dann „The Cat returns", der ja auch nicht unbekannt ist. Wir wollen ja, dass die Leute schon von den Filmen gehört haben und sie sich dann bei uns ansehen. Weiteres haben wir „Oseam" aus Südkorea im Programm, welcher für Animefans sicherlich auch interessant ist. Kurzfilme laufen wie gesagt nur sehr wenige und vereinzelt.

animePRO: Legofilmchen gibt es auch?
U. Wegenast: Genau. (lacht)

animePRO: Von der Qualität sind die aber nicht so großartig. Warum wurden Legofilme mit ins Programm genommen?
U. Wegenast: Weil uns das Phänomen an sich interessiert hat. Es ging uns weniger um den einzelnen Film und seine filmische Qualität, sondern um den Aspekt des „Fan-Filmes": Leute schließen sich in einer Community zusammen und fangen an, mit Lego einen Animationsfilm zu machen. Diese Community ist mittlerweile sehr groß geworden und der Legokurzfilm „Die Helden von Bern" (?) lauft als Vorprogramm in mehreren Kinos, was beweist, dass es ein großes Interesse an Legofilmen gibt.
Wir haben Legofilme im Programm, die schon sehr aufwendig und professionell gemacht wurden, und sogar Musikvideos u.a. von „The white Stripes", was allerdings schon nichts mehr mit Fan-Filmen zu tun hat sondern einfach die Idee, mit Lego zu arbeiten, präsentiert. Mit Lego einen Film zu machen ist eben eine ganz andere Vorgehensweise, als wenn man mit dem Computer oder mit plastischen Puppen einen Film kreiert, da man mit diesen Legobausteinen nur begrenzt arbeiten kann und seine Möglichkeiten dann eben ausloten muss. Was mir besonders daran gefällt, ist dass weltweit sich Leute zusammenschließen, um ihre eigenen Animationsfilme zu machen.

animePRO: Haben die Legofilme bisher großen Anklang gefunden auf dem Festival?
U. Wegenast: Ja, auf jeden Fall. Gerade die Presse zeigt großes Interesse daran, weil diese Art von Trickfilm eine ganz andere Ästhetik hat und, bei Allen, großes Interesse hervorruft; das Legofilmprogramm wird sicher sehr gut besucht sein. Natürlich sind auch bei den Legofilmen etwas trashigere Sachen dabei, aber das gehört eben auch dazu. Ich finde, das macht den Reiz des Festivals aus, dass wir vom Oskar-nominierten Langfilm bis hin zum Legofilm alles im Programm haben und dass wir nicht nur das eine machen. Daher ist auch Anime ein Teil des bunten Programms und ein Teil, den wir auch gerne noch weiter ausbauen möchten.

animePRO: Legofilme werden ja meistens von Amateuren hergestellt. Gibt es noch andere Trickfilme, die von Amateuren produziert wurden?
U. Wegenast: Eigentlich kaum, bestenfalls kommen im Kurzfilmprogramm ein paar vor, wobei man sagen muss dass die meisten Kurzfilme schon sehr aufwendig und professionell hergestellt werden. Flashanimationen gibt es auch noch ein paar, die von Amateuren aus Hobbygründen hergestellt wurden.
Wir wollen auf dem Festival die besten Animationsfilme der Welt vorstellen, was bedeutet dass die meisten Arbeiten von Profis gemacht wurden, aber dass wir trotzdem einen Kontakt zu Amateuren halten

animePRO: Ist in den letzten Jahren die Zahl der Filme, die aus Europa kamen, gestiegen oder gesunken?
U. Wegenast: Insgesamt ist die Zahl gestiegen, was daran liegt, dass immer einfacher produziert werden kann. Beim letzten Festival vor zwei Jahren waren es noch 900 Einreichungen, dieses Jahr sind es 1255 – das ist schon ein großer Sprung. Früher waren eben Animationsfilme eine eher langwierige Angelegenheit, d.h. man hat für einen Kurzfilm a` 10 Minuten doch an die zwei Jahre gebraucht und konnte nicht so ohne weiteres zwei bis drei Filme einreichen. Heute ist das anders durch die digitalen Techniken – was aber nicht nur von Vorteil ist, da wir auch viel bekommen, worauf wir lieber verzichten. Die Vereinfachung fördert daher nicht unbedingt die Qualität; weil alles schneller geht wird auch schneller produziert und das teilweise auch nicht so gründlich.

animePRO: Das bedeutet für Sie dann natürlich mehr Arbeit.
U. Wegenast: Ja, für uns wird das Sichten immer aufwendiger, wir kommen kaum noch hinterher.

animePRO: Nochmals kurz zurück zu den japanische Animefilmen: „The Cat returns" wurde vom Studio Ghibli hergestellt – ist jemand vom Studio am Festival anwesend?
U. Wegenast: Vermutlich leider nicht; von „Tamala" aber vermutlich schon. Dennoch werden wir die Leute des Studio Ghibli`s mal in Zukunft näher vorstellen.

animePRO: Was ist Ihr persönliches Highlight des Festivals?
U. Wegenast: Ich freue mich sehr auf die Deutschlandpremiere von „Les triplettes de belleville" , den ich bisher nur in Ausschnitten gesehen habe und der ein wirklich herausragender Animationsfilm für Erwachsene ist und das Trickfilmgenre durch die neuen Techniken (alle Objekte wurden 3D-animiert, die Figuren hingegen sind „hand-painted") und die Story, die das prekäre Verhältnis von Frankreich und den USA darstellt, neu definiert. Ich glaube dass dieser Film zukunftsweisend ist, da ich nicht glaube, dass der 2D Film aussterben und der 3D Film ausschließlich verwendet werden wird, sondern dass der Trickfilm in Zukunft von dieser Mischform leben wird. Ich habe selten erlebt, dass 100%ige computeranimierte 3D-Filme wirklich gut funktioniert haben – mit der Ausnahme von Pixar, da die es wirklich hinbekommen haben, die Story so zu entwickeln, dass sowohl diese als auch die Animationen nicht zu kurz kommen: bei Pixar funktioniert eben beides. Bei vielen anderen 3D-Filmen (die vor allem aus Europa kommen, wo ein regelrechter Computeranimationsfilm-Boom stattfand) war das Gegenteil der Fall: die Story ist meistens unterentwickelt.

animePRO: Die perfekte Mischung macht`s eben aus. Haben Sie schon ein Konzept für das nächste Festival 2006?
U. Wegenast: Nein, noch nicht wirklich, da die Entwicklungen im Animationsfilmbereich so rasant voranschreiten, dass das heute noch gar keinen Sinn machen würde. Außerdem will ich das Feedback der Besucher des diesjährigen Festivals abwarten um zu wissen wie gut oder schlecht alles funktioniert hat. Der Vorteil einer zweijährigen Festivals ist eben, dass man genügend Zeit hat es zu entwickeln und zu planen.
Ich denke aber, dass asiatische Filme weiterhin zunehmen werden, da seit 1998 die Zahl der asiatischen Trickfilme ohnehin immer mehr zugenommen hat. Andere Teile sind wiederum (beinahe) weggefallen, z.B. eine ältere Variante des japanischen Kurzfilmes, die in dem 50ern produziert wurde und die nichts mit dem heutigen Anime zu tun hat. Solche Kurzfilme findet man heute höchstens noch auf dem Hiroshima-Filmfestival, da nur noch wenige solche Filme produzieren. Für uns aber sind beide Varianten des japanischen Trickfilmes wichtig und interessant, wir ziehe keine vor und benachteiligen keine. Natürlich interessiert uns auch die Entwicklung von China und Südkorea und der Austausch dieser Länder untereinander und mit Japan. Zusätzlich haben wir auch ein paar wenige Filme aus Taiwan, aber die drei wichtigsten Länder in der Branche Trickfilm sind momentan China, Japan und Südkorea.

animePRO: Diese ältere Form des japanischen Trickfilms – wird die dieses Jahr auch gezeigt?
U. Wegenast: Leider wird diese Form momentan kaum noch produziert. 1998 hatten wir zwar eine Werkschau über diese Form des Trickfilmes, aber es kamen damals schon nur noch sehr wenige Filme dieser Art zu uns nach Deutschland und auch auf anderen Festivals im Ausland sind sie nur noch selten zu sehen. Es werden fast ausschließlich nur noch klassische Anime gezeigt, die aber entweder Spielfilmlänge haben oder zu einer Serie zusammengefasst wurden. Das Stuttgarter Trickfilmfestival ist eigentlich eines der wenigen Festivals, das einen relativ stark ausgeprägten Featurebereich hat. Auf den meisten anderen Festivals laufen meistens nur so zwei oder drei Spielfilme und das war`s dann – wir hingegen sind mit neun Spielfilmen schon relativ weit. Wir hätten gerne noch mehr gezeigt, aber wir konnten natürlich einige Filme aus Platzgründen nicht ins Programm nehmen.

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Fazit!

animePRO: Wir danken für das interessante Gespräch!
U. Wegenast: Gerne doch...

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