Zofia Garden im Interview

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Bildcopyright: Zofia Garden, Carlsen Comics

Egal ob die Märchen der Gebrüder Grimm oder „Alice im Wunderland“ – Klassiker stehen im Moment auch im Manga-Sektor hoch im Kurs. Die deutsche Mangaka Zofia Garden hat sich für ihre Boys Love Serie „Killing Iago“, deren Abschlussband Ende September 2011 bei Carlsen erschienen ist, zur Abwechselung einen etwas weniger bekannten Shakespeare Stoff ausgesucht: „Othello“ statt „Romeo und Julia“. animePro hat im Vorfeld mit der Zeichnerin über „Killing Iago“, ihre Karriere als Mangaka und ihre Pläne für die Zukunft gesprochen.

Inhalt

animePro: Hallo Zofia. Schön, dass Du Dir Zeit für unser Interview nimmst. Bitte stell‘ Dich unseren Lesern noch einmal kurz vor.
Zofia: Hallo! Ich bin Zofia Garden, im Internet spricht man mich meist mit "Oro" an. Ihr findet mich auf vielen Internetplattformen – wie bei Animexx - unter dem Nickname "Oroken". Ich bin derzeit als Mangaka beim Carlsen Verlag tätig und habe mittlerweile meine erste Mangaserie „Killing Iago“ fertiggestellt.

animePro: Zu Beginn die obligatorische Frage: Wie bist du überhaupt zum Zeichnen gekommen?
Zofia: Der Ansporn dafür waren die ersten Anime, die ich vor Jahren bei RTL II gesehen habe. Ich habe zwar schon immer Zeichentrickfilme wie „Ninja Turtles“ und Comics wie „Mickey Mouse“ geliebt, aber das Zeichnen beschränkte sich damals lediglich darauf, dass ich meine Lieblingscharaktere nachgezeichnet habe. Erst durch „Lady Oscar“ und später „Sailor Moon“ kam dieser Drang, selber eigene Geschichten mit eigenen Charakteren und eigenem Design aufs Papier zu bringen. Meine erste Geschichte aber war noch in Farbe und im Comicformat.

animePro: Worum ging es in dieser Geschichte?
Zofia: Um eine Liebesgeschichte im Mittelalter mit vielen Fantasy-Elementen. Diese Story eines Tages realisieren zu können, ist einer meiner größten Wünsche!

animePro: Was zeichnest du am liebsten?
Zofia: Liebesszenen (lacht). Leider bin ich in letzter Zeit, beziehungsweise in den drei Jahren, in denen ich an „Killing Iago“ gearbeitet habe, nur selten dazu gekommen.

animePro: Hast du ein Vorbild?
Zofia: Ja, Naoko Takeuchi („Sailor Moon“) und Arina Tanemura („Kamikaze Kaitou Jeanne“). Das sind die Mangaka, die mich mit ihren Zeichnungen so richtig inspirieren. Natürlich gibt es dann noch eine große Palette von anderen Künstlern, deren Werke man gerne liest. Bei dem großen Angebot an Manga, die es gibt, kann man gar nicht nur einen einzigen Lieblingsmanga haben.

animePro: Wo wir bei den Lieblingsserien angekommen wären. Welche Manga liest du eigentlich am liebsten und welches Genre bevorzugst du?
Zofia: Ich lese zu 95% Romanzen, egal ob Shoujo oder Boys Love. Für mich kennt Liebe keine Geschlechtsunterschiede. Lieblings-Mangaserien wechseln sich ab und zu ab, das geb‘ ich zu. „Kamikaze Kaitou Jeanne“ und „Sailor Moon“ bleiben dennoch ganz oben auf meiner Liste der Lieblingsmanga. Ich mag nebenbei sehr gern „Haou Airen“ von Mayu Shinjo, „Rurouni Kenshin“ von Nobuhiro Watsuki und „Peach Girl“ von Miwa Ueda.

animePro: Wenn du dann wieder selbst zeichnest, mit welchen Materialien arbeitest du vorwiegend?
Zofia: Ich arbeite mit der Standardausrüstung: Für Skizzen mit ganz gewöhnlichem Papier, Bleistift und Radiergummi; Deleter-Utensilien wie Papier, Tusche, Zeichenfedern für die Reinzeichnungen und auf meinem Computer sind Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop und Comicworks für die Rastereffekte oder Coloration. Früher habe ich viel mit Aquarell und Buntstiften gemalt und versuche es derzeit wieder. Allerdings habe ich es mittlerweile verlernt.

animePro: Und wie rasterst du?
Zofia: Leider sind die Hilfselemente wie Rasterfolien hierzulande viel zu teuer, sodass ich aus Kostengründen die Möglichkeit der digitalen Bearbeitung bevorzuge. Ich kann einem Anfänger wirklich dazu raten, sich ein Programm wie Comicworks oder Mangastudio zu besorgen. Das ist eine Investition, die sich wirklich lohnt!

animePro: Wie bist du damals entdeckt worden?
Zofia: Auf einer Buchmesse, als meine Bewerbungsmappe endlich mal mit Geduld angeschaut wurde. Ich bin unendlich dankbar, dass mir die Chance gegeben wurde, eine kurze Story für die Daisuki zeichnen zu können; denn damit hat alles angefangen.

animePro: Hast du auch schon mal einige deiner Kollegen getroffen, die bei Carlsen unter Vertrag stehen?
Zofia: Leider nur einmal. Ich bin nicht viel unterwegs, mit vielen pflege ich vielmehr Internetkontakte. Es wäre toll, so etwas wie einen Zeichnertag zu organisieren, denn das eine Mal, als ich einen Abend mit meinen Kollegen wie z.B. Anne Delseit oder Josha Sauer verbringen durfte, war einfach fantastisch!

animePro: Was würdest du angehenden Mangaka raten, die gerne veröffentlichen wollen?
Zofia: Das ist schwierig. Vor zwei- drei Jahren hätte ich die Frage ganz anders beantwortet. Sachen wie "zeichnen, zeichnen, zeichnen" und "üben, üben, üben" gehören nun mal dazu, sind leider aber nicht besonders hilfreich. Angehender Mangaka ist nicht gleich angehender Zeichner. Es gibt viele wunderbare Zeichner, die schon lange an tollen Online-Storys arbeiten, man kann sie sozusagen längst zu den "Online-Mangaka" zählen. Was unheimlich wichtig ist, ist eine Story oder einen Grundplot einer Geschichte, hinzu kommen der flüssiger Lesefluss und interessante Charaktere. Ein Mangaka muss meiner Meinung nach genauso viel Zeit in das Storytelling investieren, wie in die Zeichnungen. Zum Zeichnen kann ich nicht besonders viel sagen - jeder Mensch zeichnet anders und sollte auch seinen eigenen Stil finden. Ich kann aber zum Storytelling einen guten Tipp geben: Schreibt die Geschichte, die ihr erzählen wollt, zuerst als "Aufsatz" oder Kurzgeschichte auf und zeigt sie euren Freunden, damit sie sich nicht von den Zeichnungen ablenken lassen. So kann man sich viel besser auf die Story konzentrieren, Dialoge erscheinen zu lang oder überflüssig, Kampfszenen viel zu kurz und so weiter. Erst wenn ihr eine gute Geschichte habt, solltet ihr anfangen zu zeichnen. Man fängt ja auch erst damit an, einen Film zu drehen, wenn das Drehbuch schon fertig ist.

animePro: War KI dein erster eigener Manga?
Zofia: Was den Umfang angeht - also ein ganzer Band mit ca. 200 Seiten - ja. Ich habe vorher aber schon einige Kurzgeschichten gezeichnet, unter anderem „Ice on Fire“ und „Schokolade macht glücklich“ für Daisuki und für die Carlsen-Chibireihe „Im Namen des Sohnes“. Andere Kurzgeschichten von mir stehen immer noch online - und zwar bei Animexx.

animePro: Was ist das für ein Gefühl, wenn der eigene Manga plötzlich in den Regalen steht?
Zofia: Das weiß ich gar nicht (lacht). Die Buchhandlungen, die ich persönlich besuche, führen kaum Manga. Es ist natürlich toll, wenn man das eigene Werk in gedruckter Form in der Hand hält. Aber noch besser ist es, von einem Leser zu hören, dass ihm der Manga gefallen hat. Dafür braucht man auch keine gedruckte Version.

animePro: Woher stammt die Idee zu KI und was bedeutet der Titel überhaupt?
Zofia: "Iago" oder "Jago"(auf Deutsch) ist ein hinterhältiger, aber genialer Offizier in „Othello“, einem Theaterstück von William Shakespeare. Er ist unfassbar wortgewandt und bringt allein durch Zweifel seinen Herren Othello dazu, seine über alles geliebte Frau und schließlich sich selbst umzubringen. Der "Iago", den ich in meinem Manga benutze, verkörpert diesen Zweifel, den jeder Mensch in sich trägt. Wo Zweifel ist, da sind auch andere negativen Gefühle wie Misstrauen, Hass und Rache. Diese in seinem Herzen zu besiegen (engl. killen), ist das Ziel des Manga. In Verbindung zu Shakespeare könnte man es so sagen: Hätte Othello nicht auf Jago gehört, wäre er noch lange glücklich und vor allem am Leben. Aber Jago ist einfach viel zu stark und wunderbar argumentativ, deswegen haben es meine Charaktere auch nicht leicht und es gibt wirklich nur eine Sache, die ihn besiegen kann - die Liebe.

animePro: Bist du ein Shakespeare Fan?
Zofia: Nicht wirklich. Da mag ich Goethe lieber. Interessant ist, dass sein Mephisto aus Faust in gewisser Weise Jago ähnelt.

animePro: Dein Zeichen-Stil hat sich während der drei Bände von KI immer mal wieder geändert. War das ein bewusster Vorgang oder hat sich das so ergeben?
Zofia: Man entwickelt sich einfach mit der Zeit. An normalen Manga sieht man es nicht, weil die Mangaka ihre kleinen Stiländerungen flüssig einbauen, wir haben hierzulande nach einem Band meist etwas Pause. Ich habe aber tatsächlich meinen Stil für KI Zwei verändert, weil die Story sehr dramatisch werden sollte. Für Dramen eignen sich eher realistischere Zeichnungen. Ich bin ganz ehrlich: Im Endeffekt war ich nicht mehr mit der Entscheidung zufrieden. Ich bereue sie sogar etwas. Deswegen bin ich in KI Drei wieder zu meiner Leidenschaft zurück gekehrt - zu den großen Augen. Im letzten Band sind sie wieder so, wie sie MIR gefallen. Band Drei ist mein persönlicher Liebling.

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animePro: Wer ist dein Lieblings-Charakter aus KI?
Zofia: Kou (lacht). In Sachen Minderwertigkeitskomplexe bin ich noch wesentlich schlimmer als er. Er trägt all die Zweifel in sich, die mich auch quälen. Ohne Kou wäre KI gar nicht erst entstanden, genau wie „Othello“ ohne Jago ebenfalls völlig uninteressant wäre. Um Kou zu verstehen - und seine Handlungen nachvollziehen zu können - muss man die Story ganz genau lesen, denn er spricht oft in Rätseln, ähnlich wie Jago in Blumensprache spricht. Ich hoffe sehr, dass er in Band Drei die Sympathien zurück gewinnt. Dennoch tragen alle Hauptcharaktere etwas von mir, daher hat Kou einfach nur einen kleinen Vorsprung.

animePro: Hattest du Hemmungen, die Sexszenen zu veröffentlichen?
Zofia: (grinst) Nein. Ich hätte gern noch "mehr" gebracht. Aber ich habe die Seiten für den Plot gebraucht, so mussten auch die Sexszenen gekürzt werden. Wer genug Fantasie besitzt, kann sich ja gut vorstellen, was in den Zwischenszenen so alles passiert ist.

animePro: Wusstest du schon von Anfang an, wie der Manga ausgehen soll oder war das ein dynamischer Prozess?
Zofia: Ja, „Killing Iago“ ist extrem und bis auf das kleinste Detail durchgeplant gewesen. Ich habe zwar viele Änderungen machen müssen, vor allem musste viel gekürzt werden, aber ich steuerte immer auf das Ende zu, das ich von Anfang an geplant hatte.

animePro: Wie lange dauert es, bis aus einer Idee letztendlich ein konkreter Manga-Entwurf wird?
Zofia: Das ist unterschiedlich, je nachdem wie groß ein Projekt sein soll. Man hat oft sofort eine Idee, aber der genaue Ablauf der Szenen muss erst im Nachhinein geplant werden. Manche Storys trage ich seit Jahren im Kopf, den Chibi „Im Namen des Sohnes“ hatte ich binnen ein paar Monaten fertig.

animePro: Wie viel Zeit verwendest du zum Zeichnen pro Tag? Oder zeichnest du unregelmäßig?
Zofia: Ich mache noch andere Sachen nebenbei, daher zeichne ich wirklich sehr unregelmäßig. Manchmal nur ein paar Minuten pro Tag, manchmal 20 Stunden am Stück.

animePro: Bist du nun traurig, dass KI beendet ist?
Zofia: Hm … jein. Es ist nämlich noch nicht endgültig zu Ende (geheimnisvoll). Aber mehr möchte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht verraten. Schaut einfach in den dritten Band von KI.

animePro: Was bedeuten dir deine Fans?
Zofia: SEHR viel, wenn nicht sogar alles. Ich gehe oft und gern auf Wünsche und Vorschläge ein und versuche, aus gut gemeinter Kritik zu lernen. Wenn ich meine Leser persönlich treffe (auf Buchmessen oder Ähnlichem), versuche ich jedes Mal, kleine Geschenke wie Sticker oder Zeichnungen mitzubringen. Es ist der Wahnsinn, aber ich bekomme auch Geschenke von ihnen! Sie sind die Besten der Welt!!

animePro: Du hast auch einen eigenen Blog zu KI erstellt. Wird er auch nach Abschluss der Serie weiter existieren?
Zofia: Nein, das ist mein persönlicher Blog. Da es in meinem Leben nicht besonders viel Interessantes zu berichten gibt, war es in letzter Zeit nun mal hauptsächlich mit KI gefüllt. Da KI aber Ende September eine neue - eigene - Webseite bekommt, will ich versuchen, meinen Blog mit anderen Sachen und Infos zu füttern. Natürlich bleibt man dort weiterhin über jegliche Neuigkeiten meinerseits informiert.

animePro: Wird es von dir in Zukunft noch weitere Boys Love Manga geben?
Zofia: Nein, ich denke nicht. Wenn mich Ideen zu diesem Thema überfallen sollten, dann werde ich sie lieber entweder in die potenzielle Fortsetzung von „Killing Iago“ stecken oder in meine aktuelle Online-Geschichte Gegen das Herz. Diese kann man derzeit bei Animexx lesen. Es ist zwar wieder Boys Love und ein (Online-) Manga, aber ob dieser je als Buch erscheinen wird, ist fragwürdig.

animePro: Was ist dein nächstes Projekt?
Zofia: Was Manga angeht, steht derzeit noch nichts Festes an. Ich werde aber so einiges online machen, wie eben „Gegen das Herz“. Googelt einfach oder besucht meinen Blog.

animePro: Wie sieht deine weitere berufliche Zukunft aus?
Zofia: Das weiß ich echt nicht. Mein Wunsch ist es aber, an Kinderbüchern zu arbeiten und mich auch in dieser Sparte als Autor zu versuchen. Auch würde ich gerne endlich einen meiner angefangenen Romane fertig schreiben. Mal sehen, was die Zukunft so bringt.

animePro: Hast du noch etwas, das du deinen Lesern sagen möchtest?
Zofia: Ja. Vielen, vielen Dank für euer Interesse und die Unterstützung, die ich beinahe täglich bekomme!! Ohne sie hätte ich sicher längst aufgegeben!! DANKE!!!

Fazit!

animePro: Wir bedanken uns auch für das Interview und wünschen Dir für die Zukunft alles Gute.

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