Edgar Höfler aka Gatsu, Produzent der AnimeNation

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Bildcopyright: animePRO, AnimeNation

Auf der Buchmesse Leipzig trafen wir Edgar Höfler, vielen besser bekannt als Gatsu!, den Produzenten der Anime Nation. Er erzählte uns nicht nur Interessantes über sein „I Love You Projekt", sondern hatte auch einiges über die Raubkopie-Situation in Deutschland zu sagen und warum die momentane Situation dazu beiträgt, dass keine japanischen Bands nach Deutschland kommen wollen...

Inhalt

animePRO: Hallo Eddy, schön, dass du Zeit gefunden hast. Viele Unserer Leser kennen dich bestimmt, da wir bereits 2004 ein Interview mit dir geführt hatten, aber stell dich bitte trotzdem noch einmal kurz vor.
Edgar Höfler: Ich bin der Produzent der Anime Nation CDs und Chef von AnimeRecords, wozu das „I Love You! Project" gehört. Viele Besucher der Connichi und die Leser von AnimePro werden uns sicher kennen. (lacht)

animePRO: Neben der Anime Nation produzierst du ja seit einiger Zeit auch CDs im Rahmen des eben erwähnten „I Love You! Projects". Kannst du uns mehr über dieses Projekt erzählen?
Edgar Höfler: Klar. Bekanntlich sind wir [gemeint: AnimeRecords Team] ja Fans von japanischer Musik und wir haben auch beobachtet und gelernt, wie die Japaner Musik machen und produzieren und wir sie Musikgruppen aufbauen. Unser „ILY! Project" ist ein bisschen an die Idee des „Hello! Projects" angelehnt. Das kennen jetzt natürlich nicht alle (lacht), aber viele kennen „Morning Musume", welche einen Teil von „Hello" Project" bilden.
Das Besondere bei „Hello! Project" ist, dass immer wieder neue Leute für die einzelnen Projekte dazugeholt werden; mittlerweile sind ca. 50 Sängerinnen bei dem Projekt dabei. Diese einzelnen kleinen Projektgruppen von „Hello! Project" machen auch unterschiedliche Musik, nur ein Mal im Jahr macht das ganze Projekt eine CD zusammen. Das sieht wirklich toll aus, wenn fünfzig Mädchen auf der Bühne gemeinsam performen. Und diese Idee, mal eine ganz andere Art von Musikgruppe zu machen, war der Beginn unseres „ILY! Projects".

animePRO: Sind eure SängerInnen als sozusagen freie Musiker, die kommen und gehen können, wann sie wollen, oder sind sie vertraglich an euch gebunden?
Edgar Höfler: Nein, unsere SängerInnen sind nicht vertraglich gebunden; sie sind ein Teil des Projektes und können natürlich aufhören, wenn sie wollen. Es kommt auch vor, dass manche von den Mädels „graduieren", d.h. dass sie einfach eine Stufe weitergehen; manche sind aber erst im „Trainingslager", also noch nicht auf den CDs mit dabei, aber schon in unsere Kartei aufgenommen. Unsere Sängerin Jenny zum Beispiel hat schon graduiert; sie macht demnächst sogar ein eigenes Projekt mit einer größeren Plattenfirma. Das Ganze ist ja auch eine Chance für die Mädels, dass wenn sie gut sind und Interesse besteht, eigene Plattenverträge bekommen – mit allem Drum und Dran (lacht).

animePRO: Und wie können wir uns dieses „Trainingslager" vorstellen? Was wird da gemacht und wer kommt da rein?
Edgar Höfler: Wir haben ja ein großes Casting mit Pummeldex.de gemacht und werden ein weiteres auf der Connichi veranstalten. Wir haben bisher immer recht viele Zusendungen bekommen, diesmal fast 150 Stück und da gibt es natürlich einige Sänger, die sehr auffallen und wo du gleich sagen kannst: „Die sind dabei!" – eine davon ist „Hime Goliath", welche ja auch bei Pummeldex in der Community aktiv ist; sie ist für mich persönlich die Nr. 1 und sicher bei der nächsten Produktion des „ILY! Projects" dabei. Außerdem macht sie auch schon bei der Produktion der Pummeldex Hits Vol.1 mit und wird da einige Songs mitsingen.
Aber wir haben jetzt schon eine Vorauswahl von fast 30 Leuten getroffen, die wir gut finden – aber bei ca. 10 finden wir, dass sie zwar gut, aber noch nicht so weit sind, weil sie entweder zu jung oder noch zu unerfahren sind oder was auch immer. Und die kommen dann in ein virtuelles Trainingslager, wo ihnen immer wieder Aufgaben gestellt werden, damit sie die Gelegenheit haben, sich weiterzuentwickeln. Wenn wir eine Idee haben, die wir in ein, zwei Jahren umsetzen möchten, können wir jetzt schon ungefähr entscheiden, wer von unserem Trainingslager zu diesem Projekt dazupassen würde. Wenn es dann soweit ist, holen wir sie aus dem Trainingslager heraus und die Sänger sind dann aktiv dabei.

animePRO: Gibt es - gerade bei den jüngeren Sängern - manchmal Probleme, so ein Projekt durchzuführen? Also gibt es da „Hindernisse" wie strenge Eltern oder mangelnde Aufmerksamkeit, etc?
Edgar Höfler: Naja, klar kommt es vor, dass sich gerade die jüngeren Leute manchmal für etwas interessieren und im nächsten Moment dann nicht mehr. Das ist ein Faktum, mit dem man Leben muss. Aber wir haben beim „ILY! Project" unsere kleine Lisa, die ist 11 Jahre alt, aber wenn man ein wenig Erfahrung hat, sieht man, dass sie dabei bleiben wird. Lisa nimmt Gesangsunterricht, seitdem sie 5 Jahre alt ist – gegen den Willen ihrer Eltern. Lisa ist also seit 6 Jahren in dieser Branche tätig.
Klar gibt es auch welche, die nach kurzer Zeit wieder abspringen, was aber für uns kein Drama ist, da wir ein so genanntes „Shuffle-Projekt" sind, wo die Leute kommen, gehen und sich austauschen können. Wer nachher gut wird und im Musikgeschäft überlebt, liegt nicht nur in unseren Händen, sondern auch in den Händen unserer Sängerinnen. Durch die Größe des Projektes – es werden ca. 15 Sänger – haben wir auch die Möglichkeit, Sänger auszutauschen, wenn jemand aussteigt.

animePRO: Wenn sich jemand denkt, dass er gut genug ist und Lust hat, mitzumachen, was soll er dann tun? Was sind die Kriterien und wo muss man sich bewerben?
Edgar Höfler: Wenn jemand glaubt, gut singen zu können, ist es das Beste, wenn man sich bei einem Casting beteiligt. Es gibt auch die Möglichkeit, uns eine CD zu schicken; aber die Castings sind wichtiger. Wir werden in Zukunft regelmäßiger welche veranstalten, wie wir es eben vor kurzem mit Pummeldex gemacht haben; im Dezember lauft ein weiteres Casting über die Connichi mit dem Animexx zusammen und 2006 wird es sicher wieder ein Casting geben. Wir können aber auch nicht 100 Leute in unser Projekt aufnehmen, denn dazu verkaufen wir leider zu wenig CDs.

animePRO: Was kann man tun, damit sich die CDs besser verkaufen? Mehr TV-Werbung vielleicht?
Edgar Höfler: Nein, überhaupt nicht. Uns geht es so wie dem ganzen Manga-Markt – man versucht einfach nach und nach, größer zu werden. Wenn man bedenkt, was vor fünf Jahren war und jetzt sitzen wir auf einer Messe in einer ganzen Halle voll mit Manga. Und auch wir werden uns weiterentwickeln. Was wir im speziellen machen ist, dass wir einzelne Sänger und Songs aus dem „ILY! Projekt" nehmen und extra herausbringen – die bleiben dann nicht bei unserem Label, sondern werden dann ganz traditionell an größere Plattenfirmen „verkauft". Im Herbst kommt z.B. das erste Soloprojekt „Love Jay" heraus.

animePRO: Erzähl uns mal mehr darüber!
Edgar Höfler: (lacht) Nein, aus mir bekommt ihr nichts mehr heraus – ich hab schon zuviel erzählt. Lass dich überraschen, wir haben da eine superschöne Idee, die wir im Sommer produzieren und im Herbst herausbringen werden. Auch größere Firmen haben da schon Interesse dran.

animePRO: Dann lassen wir uns überraschen! Wieviele Leute wirken mittlerweile beim „ILY! Project" mit?
Edgar Höfler: Momo-chan ist die Chefin der Sängerinnen, sie hält alles zusammen und plant alles; dann gibt es noch Gina, die früher bei den Lollipops war und bei uns jetzt die Dance-Projekte macht, weiters machen noch Johanna-chan und unsre kleine Lisa-chan mit – diese Gruppe bildet sozusagen den „Stamm". Dann beteiligen sich natürlich noch ein paar Musiker und Produzenten, die die ganze Arbeit machen (lacht), an dem Projekt.

animePRO: Einige Produzenten? Dann bist du nicht alleine am Werk?
Edgar Höfler: Nein, das wäre ja viel zu viel. Da gibt es Botaku, der mich in den 80ern überhaupt zu Anime gebracht hat; ein großer Akira-Fan, der auch gerne Zeichnet und mit mir Anfang der 90er unseren ersten AMV gemacht hat – unbeachtet von der Welt, aber ich glaube unser AMV war einer von den ersten. Als weitere Produzent arbeiten es noch Peter Hofmann und Nenat mit. Wir sind eine Gruppe von Leuten, die auch die unterschiedlichsten Sachen produzieren – so macht Botaku mehr die Dance-Geschichten, ich hingegen mehr die J-Pop Geschichten, Nenat die klassischen Geschichten und Peter Hofmann mischt alles zusammen. Die ganze Arbeit muss ja aufgeteilt werden, wenn man soviel produziert.

animePRO: Welche CD erwartet uns als nächstes vom „ILY! Project"? Letztens kam ja die „Anipara Club Nr.1" auf den Markt und nach dem, was du uns da gerade erzählt hast, kommen ja noch einige CDs heraus...?
Edgar Höfler: Wir werden auf jedenfall die nächste ParaPara CD aufnehmen, denn die „Anipara Club Nr.1" lief sehr gut, obwohl man bei uns dazu immer noch „Dancemusik" sagt, obwohl ParaPara ein eigener Tanzstil ist. Bei uns gibt es leider noch keine ParaPara-Gruppen, aber in Amerika ist dieser Stil schon weit verbreitet. Unser momentanes Projekt ist ja bekanntlich die Pummeldex Hits Vol.1, die ja wieder mehr in Richtung J-Pop geht, aber noch Anime-Songs gesungen werden.

animePRO: Das heißt, dass ihr für diese CD keine Originale nehmt, sondern die Songs nachsingen lasst, also covert. Warum?
Edgar Höfler: Der Grund warum wir so viele Songs covern ist, dass wir leider nicht in der Lage sind, alle zu lizenzieren, weil viele japanische Firmen einfach nicht bereit sind, Lizenzen nach Europa zu verteilen - speziell nicht nach Deutschland, da hier die Raubkopie-Situation einfach zu extrem ist. Wir haben darüber immer wieder Diskussionen mit Ewex, Columbia und Victor Entertainment in Japan. Victor Entertainment gibt uns genau aus diesem Grund nur Soundtracks und keine einzelnen Songs, weil sie sagen: „Wenn ihr die Raubkopie-Situation und die Bootlegs in Europa nicht unter Kontrolle habt, bekommt ihr auch keine Lizenzen für einzelne Songs von uns."

animePRO: Aber hat Japan die Situation denn unter Kontrolle?
Edgar Höfler: Definitiv ja! In Japan gibt es das nicht. Die Japaner sind da anders drauf als wir und die Kids kaufen auch keine Raubkopien. Außerdem ist die Polizei in Japan auch wesentlich mehr hinter den Raubkopierern her. Bei uns gibt es in dieser Hinsicht so ein allgemeines Unrechtsbewusstsein nicht. Jeder denkt „Aha, gut ist billig, nehme ich!" - kann ich sogar verstehen, aber dann muss man auch einsehen, dass die Japaner sagen: so nicht. Damit verlieren wir Geld - und wenn ihr wollt, dass Anime und Musik weiterhin gemacht werden, dann dürft ihr die Raubkopien nicht kaufen. Das ist klar denke ich.

animePRO: Was verstehst du genau unter Raubkopieren? Wenn sich ein 14 jähriger zuhause CDs brennt oder ähnliches?
Edgar Höfler: Um das genauer zu erläutern: wir von AnimeRecords haben unsere CDs nicht mit Kopierschutz versehen. Das heißt, dass jeder die CDs zuhause brennen und in MP3 umwandeln kann wie er möchte; da bin ich sehr dahinter, dass das jeder machen kann wie er möchte. Unter Raubkopien versteh ich Firmen, die hauptsächlich aus Taiwan und Hongkong kommen und die illegal CDs anfertigen, Booklets machen und diese CDs und Mangas hier massenweise verkaufen und das zu einem spotbilligen Preis. Von diesem Geld bezahlen sie aber nichts an die Künstler oder an die GEMA, von der die Künstler leben, sondern kassieren alles selber - und das ist Diebstahl!

animePRO: Warum wird dann so etwas hier auf der Buchmesse toleriert? Wir haben hier schon mehrere Stände gesehen, die relativ günstig aus Taiwan stammende CDs verkaufen. Wie ist das möglich? Gibt es da eine Gesetzeslücke?
Edgar Höfler: Es gibt eigentlich keine Gesetzeslücke, sondern es ist einfach so, dass unsere Justiz nicht willens ist, so etwas zu verfolgen. Die Manga- und Animeszene ist der Justiz total egal, da kümmert sich kein Staatsanwalt drum. Es gibt zwar ganz klare Rechte in Deutschland, die sagen, dass es verboten und illegal ist, aber es kümmert sich keiner darum. Und deswegen schließen wir uns nun mit einigen Verlagen zusammen, um der Justiz das Problem klar zu machen. Das alles läuft in Deutschland ganz seltsam ab. Ich vergleiche Deutschland mal mit anderen Ländern: in Tschechien ist zwar es definitiv schlimmer als bei uns; aber in Ländern wie Italien oder die Türkei ist die Justiz in Sachen Raubkopien viel aktiver als Deutschland. Deutschland ist auf einem ganz niedrigem Level bezüglich der Justiz und die Japaner und Koreaner wissen, wie tief und enttäuschen dieses Level hier in Deutschland ist.

animePRO: Was wollt ihr dagegen tun?
Edgar Höfler: Wir werden eine Aktion zusammen mit Animexx starten und die Leute auffordern, uns ihre Raubkopien zuzuschicken. Sie bekommen einen Ersatz dafür und die Raubkopien werden vernichtet, um damit einfach mal der Öffentlichkeit klar zumachen, dass es hier wirklich ein großes Problem diesbezüglich gibt.

animePRO: Also wird die Raubkopie durch ein Original ausgetauscht oder wie können wir uns das vorstellen?
Edgar Höfler: Nicht ganz... Das wäre natürlich super schön, aber wer bezahlt das? Wir machen das nicht ganz so. Es wird nicht ganz kostenfrei bzw. gratis sein, aber wir hoffen natürlich, dass wir viele Raubkopien bekommen und es gibt auch in gewisser Weise einen Ersatz dafür, denn uns ist auch klar, das CDs für die Kids wichtig sind. Aber den Kids muss auch klar sein, dass wenn sie weiterhin Raubkopien kaufen, es irgendwann keine CDs mehr geben wird.
Und es wird vor allem eins nicht geben: japanische Bands in Deutschland. Es kamen einige Veranstalter schon nach Deutschland und wollten Visual Kei und J-Pop Bands hierher holen, doch ich kann euch eins sagen: die kommen erst dann, wenn die Raubkopie-Situation bei uns unter Kontrolle ist. Vorher kommen die nicht, da sie sich denken: „Was sollen wir hier?" Ihr verkauft hier Raubkopien, da bekommen wir keinen Cent dafür. Das geht nicht, so funktioniert die Welt leider nicht.

animePRO: Leider ist das scheinbar noch nicht bei allen angekommen, da sich viele denken „Warum soll ich 20€ für ein Original bezahlen wenn ich für 10€ dieselbe CD bekomme." Hoffentlich bringt es etwas. Und wir von Animepro werden euch auch dabei unterstützen.
Edgar Höfler: Das wäre super! Man muss einfach damit rechnen, dass wenn die Justiz endlich mal soweit ist und das Problem erkannt hat, jeder, der Raubkopieren verkauft oder produziert, damit rechnen kann, schwer bestraft zu werden. In Italien wurde zuletzt jemand mit 1,4 Millionen Euro bestraft! Der muss den Rest seines Lebens all sein Geld abgeben. Aber selber schuld! In Italien, dass muss man einfach sagen, ist die Justiz viel stärker hinter Raubkopierern her als Deutschland - das ist sehr enttäuschend!

animePRO: Also deckt die Raubkopiererverfolgung die Anime Szene nicht mit ab?
Edgar Höfler: Die großen Plattenfirmen kümmern sich nur um ihr großes Repertoire, also um Raubkopieren von Weltstars wie Robbie Williams etc... aber noch nicht um Gruppen wie Dir En Grey, Dream oder sonst irgendwer. Dafür sind diese Gruppen ihnen noch zu klein. Doch die Japaner sind ja auch hier auf der Messe anwesend, um zu kontrollieren und sich mal ein Bild von der Situation hier zu machen. Ich habe gestern mit einigen geredet und die sind natürlich sehr enttäuscht darüber, was hier abgeht und was hier passiert.

animePRO: Man sollte doch auch mal die Käufer darauf aufmerksam machen, dass es sich bei den taiwanesischen CDs um illegale Kopien handelt, denn viele wissen auch nicht, dass es illegal ist, oder?
Edgar Höfler: Man muss aber sagen, dass alle Produkte aus Taiwan ohne Ausnahme illegal sind bzw. Raubkopien sind, von denen sich die Mafia und sonst niemand ernährt - und das ist schlimm!

animePRO: Hoffen wir, dass sich das bald ändert. Aber kommen wir nun zu einem ganz anderen Thema - wie sieht es aus mit der Kooperation mit Edel Records? Bei Edel sind ja nun schon einige Soundtracks im letzten Jahr erschienen, z.B. Noir, The Candidate for Goddess oder .hack. Ihr habt auch noch Kooperation mit BMG - wie verläuft das alles?
Edgar Höfler: Die Anime Nation erscheint ja bei BMG und das hat einen einfachen Grund: man braucht diese großen Musikkonzerne, um überhaupt Songs aus Japan zu lizenzieren. Das ist ein relativ kompliziertes System, um überhaupt die Lizenz zu bekommen – und da die Lizenzen ja schließlich zu bezahlen sind, geht das nur mit großen Firmen.
Bezüglich Edel: Edel ist sehr engagiert im Bereich Anime und Manga und sie haben uns die Möglichkeit gegeben, Anime Soundtracks in Deutschland zu veröffentlichen. Noir hat sich z.B. sehr gut verkauft. Wir müssen unser Angebot immer vom Fernsehprogramm abhängig machen, um genügend Soundtracks zu verkaufen. Es ist außerdem immer recht teuer, solche Lizenzen aus Japan zu erwerben - für jeden Soundtrack müssen wir Vorschüsse bis zu 6000 Euro zahlen und da muss man einfach eine bestimmte Stückzahl verkaufen, um neue Soundtracks machen zu können.

animePRO: Edel hätte im Dezember 2004 den Wolfs Rain OST herausbringen sollen, doch der Veröffentlichungstermin wurde leider auf ein unbestimmtes Datum verschoben - wie kam es dazu?
Edgar Höfler: Wir haben damals die Lizenzen für Wolfs Rain gekauft, weil VIVA uns versicherte, Wolfs Rain auszustrahlen, bzw. sie die Rechte gekauft hatten. Um die ganzen Soundtracks zu lizenzieren zu können, musst du aber im TV Werbung machen. Und nachdem VIVA ja jetzt Sang und Klanglose untergegangen ist bzw. von MTV aufgekauft wurde und damit für alle Animefans tot ist, erscheint Wolfs Rain zunächst auch nicht, weil wir den Soundtrack jetzt nicht vernünftig bewerben können. Wir werden sehen, ob der Soundtrack Ende des Jahres noch erscheint; aber das ist noch ungewiss. Komischerweise haben wir jetzt u.a. Wolfs Rain in Frankreich lizenziert, d.h. der OST wird wohl zuerst in Frankreich erscheinen.

animePRO: Warum ist es eigentlich so schwer, mit den Japanern zu kooperieren? Liegt das nur an der Situation mit den Raubkopierern, oder gibt es noch andere Gründe dafür? In unserem letzten Interview hast du erzählt, dass du zwei Tage nach Japan musstest, obwohl du kein japanisch und dein Geschäftspartner kein englisch konnte. Aber es kam zustande. Warum?
Edgar Höfler: Die Japaner machen etwas anders Geschäfte als wir. Sie haben ein sehr klares Rechts und Unrechtsbewusstsein und bestehen darauf, dass sie dich persönlich kennen. Das heißt, die wollen wissen, wenn sie jemandem 10.000 km entfernt die Rechte für ihr Produkt geben, ob sie sich darauf verlassen können, dass hier kein Unfug damit gemacht wird. Die können ja nicht wissen, wer ich bin bzw. wer wir sind und was wir machen – daher wollen sie uns kennen lernen und die Geschäftsbeziehungen müssen sich erst einmal entwickeln. Die Japaner sind übrigens sehr davon überrascht, wie groß die Anime und Manga Szene in Europa mittlerweile geworden ist.

animePRO: Warum überrascht? Haben die japanischen Firmen hier nicht ihre Leute, die ihnen Bericht erstatten und sie über die Lage informieren? Das Interesse an Manga und Anime hat sich doch mittlerweile in Europa - und nicht zu vergessen in Amerika - zu einem wahren Hype entwickelt.
Edgar Höfler: Du darfst Europa nicht mit Amerika verwechseln, weil in Amerika grundsätzlich fast alles geht. Nach Amerika werden alle Anime und Soundtracks etc. lizenziert, weil der Markt größer ist und der Hype in den USA ebenfalls noch etwas größer als hier ist. In Deutschland entwickelte sich das ganze erst in den letzten paar Jahren und das braucht einfach Zeit. Und hier, das darfst du nicht vergessen, gibt es auch das Raubkopie-Problem. Ich verweise immer wieder drauf, denn die Verlage und Firmen sind ja hier - auch auf der Buchmesse, um zu kontrollieren, ob ihre Rechte missbraucht werden oder nicht, und das ist ein ganz wichtiges Kriterium.

animePRO: Stellen die Raubkopien aus Taiwan wirklich einen so starken Hinderungsgrund für die Japaner da? Ich habe gehört dass einige Künstler deswegen nicht nach Deutschland kommen.
Edgar Höfler: Ja, das ist vollkommen richtig. Was wir hier in Deutschland einen „Hype" nennen, ist was Anime und Manga angeht in Japan eine Art Tradition und die Japaner haben ein anderes Verständnis bzw. Bewusstsein dafür; das heißt dass die Kids dort ihre Idole unterstützen, indem sie z.B. ihre CDs und Artbooks kaufen. Wenn Mana ein Konzert gibt, dann signiert er dort nur sein Artbook und nicht irgendeinen weißen Zettel. - das ist eine dieser „Traditionen" und das finde ich auch in Ordnung. Das lauft nun mal so ab und man muss immer bedenken, weshalb die hier rüber kommen sollen: sie müssen auch aus ökonomischer Sicht einen Anreiz haben. Sie können schlecht zweimal Minus machen, denn dann gibt es sie nicht mehr.
Das ist jetzt alles zwar sehr ökonomisch, ich spreche das nur deswegen an, weil das für die Japaner aber sehr wichtig ist. Wenn man aber auf der anderen Seite mit einem Japaner einmal Geschäfte gemacht hat, dann halten sie für den Rest seines Lebens, es gibt dann schon eine gewisse Treue und Vertrauen, das eigentlich schwer zu brechen ist.

animePRO: Um gerade noch einmal auf die Raubkopien einzugehen: viele Fans laden sich aus dem Internet Intros und Endings herunter - wie sieht es eigentlich damit aus? Einige Webseiten – die Bekannteste mit einer sehr guten Auswahl ist sicher Pummeldex.de – bieten viele Openings und Endings zum Download an. Ist das nun illegal oder ist das in Ordnung? Im Grunde sind diese Openings/Endings ja nur 1 bis 2 Minuten, die vom TV aufgenommen wurden. Darf man so etwas anbieten?
Edgar Höfler: Rein theoretisch darfst du die auch nicht anbieten, außer du hast natürlich gefragt, ob du das machen darfst. Es gibt Trailer, wo du den Hersteller fragen kannst, ob du die Trailer benützen darfst oder nicht. Wenn die zustimmen, dann darfst du die auch benutzen. Das ist ja nicht so wild, denn das ist im Prinzip Werbung für die Firmen. Was man aber nicht machen darf, ist kompletten Folgen anzubieten. Ein Trailer ist eine Werbung und wenn du Rückfragen hast, dann darfst du den zum download anbieten, das ist kein Problem.

animePRO: Meine Frage betraf mehr die Openings und Endings... wie sieht es damit aus?
Edgar Höfler: Naja, die Intro- und/oder Outro-Songs sind ja im Prinzip auch immer in den Trailern drin, insofern ist das eine Zone, in der dich keiner verklagen wird. Allerdings sollte man aber dennoch die Hersteller oder die TV Station fragen. RTL2 hat da zumindest nix dagegen und das finde ich gut. Man muss nur aufpassen, dass man die Grenzen nicht überschreitet.

animePRO: RTL2 zeigt jedoch Animes mit deutschen Intros, welche von Toyco produziert werden – diese deutschen Openings und Endings gibt es jedoch nicht zum Download, da dies von RTL2 untersagt wurde, oder?
Edgar Höfler: Das stimmt - und solche Verbote werden auch bald immer mehr werden. Momentan wird noch einiges toleriert, weil sich die Firmen denken, dass sich bei uns hier noch einiges entwickeln muss. Es wird aber auch eine Zeit kommen, wo das nicht mehr toleriert werden wird. Da werden die Fan-Subs dann als erstes verschwinden. Das ist ja auch ganz klar, weil Fan-Subs ganze Serien beinhalten. Das Argument „Die Serie ist hier nicht lizenziert und deswegen dürfen wir das" wird dann einfach nicht mehr reichen. Mit so etwas wird man rechnen müssen, wenn sich die Szene weiter vergrößert, dass solche Sachen dann nicht mehr toleriert werden können. Und dann muss man auch damit rechnen, dass die Strafen bei Verstoß schwerwiegend sein werden.

animePRO: Eure CDs gibt es inzwischen auch beim iTunes Musicstore legal zum downloaden. Was hat euch dazu bewegt, die Songs dort online zu stellen?
Edgar Höfler: Wir machen das deshalb, weil man über iTunes die Musik in Europa, in den USA und auf der ganze Welt verteilen kann. Wir haben festgestellt, dass wir in den USA die meisten Downloads mit „Forever Love" von X-Japan haben; in Frankreich sieht es ähnlich aus. Wir versuchen einfach, über diese Plattform unsere Musik, unsere Idee ein bisschen weiter zu streuen. Wir selbst haben natürlich auch einen jTunes Download Shop, wo wir die Songs zum Download anbieten. Aber iTunes haben und kennen die meisten; wobei man in unserem Shop all unsere Songs mit mehr Rabatt als bei iTunes downloaden kann.

animePRO: Ist dies auch eine Maßnahme, um der Raubkopiererei den Wind aus den Segeln zu nehmen?
Edgar Höfler: Ja, ganz genau. Ich bin der Szene und allen, die unsere CD gekauft haben, auch sehr dankbar! Es gab nur einen Einzigen, der unsere CD ins Internet gestellt hat. Das finde ich supercool! Danke!

animePRO: Abschließend die letzte Frage. Wo siehst du AnimeRecords in 5 Jahren?
Edgar Höfler: Keine Ahnung. Die Idee bzw. der Plan ist, dass wir es schaffen, in 5 Jahren selber Leute aus der Anime und Manga Szene ins Fernsehen zu bringen oder auf die Bühne zu stellen und das hier auch J-Pop gemacht wird. Und dass eine neue Musikszene hier in Deutschland geschaffen wird; also auch Bands aus Japan hierher geholt werden und so weiter. Das ist unser Ziel!

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Fazit!

animePRO: Das ist eine super Sache! Und wir werden euch dabei natürlich unterstützen! Hoffen wir, dass es klappt! Vielen Dank für das Interview!

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