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animePRO: Vielen Dank, dass Sie für das Interview Zeit gefunden haben. Wir haben Sie, Herr Tanabe, bereits im Jahre 2004 interviewt und unsere Leser interessiert natürlich, was seitdem passiert ist. Damals meinten Sie, Sie würden gerne als Synchronsprecher bei einem Anime vorsprechen. Was ist daraus geworden?
Toru Tanabe: Ich habe einen Auftrag des japanischen Animationsstudio GAINAX erhalten und werde im Herbst bei einem bisher noch unbekannten Anime Synchron sprechen.
animePRO: Wie kam es zu diesem Auftrag?
Toru Tanabe: Ich arbeite bereits seit Jahren mit GAINAX zusammen. Beispielsweise treten wir auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober gemeinsam auf.
animePRO: Was kann man auf der Frankfurter Buchmesse von Ihnen erwarten?
Toru Tanabe: Auf der Buchmesse wird es die Weltpremiere der Cosplay-Hymne geben. Bei diesem Song treten inhaltlich verschiedene Figurennamen aus Evangelion auf. Letzteres wird auf der Buchmesse erstmals „vorgeführt" und einige Stunden nach dem Konzert erwartet alle Interessenten eine Maxi-CD mit dem Lifemitschnitt des Konzerts.
Matthias Graeff-Schestag: Der Titel der Hymne lautet „Anime goes to opera". Das heißt, es trifft die klassische Stil-Richtung mit der des J-POP zusammen, vereint durch Tanabes Stimme.
animePRO: Ist die Hymne rein für die Fans auf der Frankfurter Buchmesse oder findet der Song später noch eine andere Verwendung?
Matthias Graeff-Schestag: Die Hymne ist rein für die Fans verfasst und komponiert, die, so hoffen wir, sich darüber freuen werden.
Toru Tanabe: Es ist sozusagen ein Geschenk von der Frankfurter Buchmesse an die Cosplayfans. Als Japaner bin ich fasziniert davon, dass so viele deutsche Jugendliche sich für Japan interessieren. So etwas ist für mich eine besondere Freude, deswegen habe ich dieser Idee von der Frankfurter Buchmesse sofort zugestimmt.
animePRO: Auf welche Musikrichtung darf sich der Käufer bei der neu erschienenen CD „Anime Classics" freuen? Was erwartet den Hörer?
Toru Tanabe: Auf der CD befindet sich eine Auswahl aus dem Reportoir von Animesongs, die wir in unserem letzten Notenheft "Anime-Songbook Rakuraku" zusammengefasst haben. Da nicht jeder mit einem Notenheft umgehen kann, wollten wir bereits seit Längerem eine CD dazu produzieren und so hat sich im April 2006 die Zusammenarbeit mit Anime Records ergeben.
Matthias Graeff-Schestag: Herr Tanabe singt alle Lieder alleine und zum Teil begleite ich diese am Klavier. Es sind ebenso Lieder mit richtigem Pop-Sound darunter, einmal in deutscher, einmal in japanischer Sprache gesungen – sozusagen eine besondere Mischung.
Was mir persönlich am Herzen liegt ist, dass die Jugendlichen die Musik auch selbst mitmachen und nicht nur die CD anhören.
animePRO: Das Animesongbook ist bereits seit einer Weile auf dem Markt erhältlich - kann man daraus bereits eine Resonanz ziehen, was die potentielle Käufergruppe angeht?
Matthias Graeff-Schestag: Die beiden Bücher sind unterschiedlich konzipiert. „Alte und neue Lieder aus Japan" hat eine andere Zielgruppe, so gesehen eher für Leute, die sich mit japanischer Kultur auseinander setzen und die Animefans greifen eher zum Animesongbook, wobei ich persönlich es als schön empfinde, wenn sich beides ein wenig mischt.
animePRO: Wird es ein zweites Anime-Songbook geben?
Matthias Graeff-Schestag: Wir sind derzeit noch am Überlegen. Es gibt manchmal Probleme die Lizenz für die Songtexte zu bekommen, insbesondere spielt auch der Kostenfaktor eine Rolle. Allerdings läuft es im Normalfall glücklicherweise reibungslos ab.
animePRO: Das Buch „Alte und neue Lieder aus Japan" ist neben der deutschen Veröffentlichung auch in Japan erschienen. Wie war dort die Resonanz und wer ist die Zielgruppe?
Matthias Graeff-Schestag: Es hat sich in Japan sehr gut verkauft. In Japan kaufen dieses Buch zwei große Zielgruppen: einerseits die Leute, die klassische Musik bevorzugen und Jugendliche, die einfach die Texte in japanischer Sprache lesen möchten.
Toru Tanabe: In Japan wird es außerdem zum Sprachstudium von den Dozenten benutzt. Wer sich in Japan für die deutsche Sprache interessiert, geht mit der Sprache manchmal eher „verkrampft" um. Das Studium Deutsche Sprache ist etwas Vornehmes, etwas Akademisches – es ist eben kein Englisch.
Beispielsweise, wenn ich in Japan bin, unterrichte ich auch Gesangsstudenten und diese singen gern deutsche Lieder - nur ist ihre Grundeinstellung für mich zu festgefahren. „Jetzt singe ich deutsche Lieder, jetzt singe ich Schubert, das muss besonders klingen, das muss vernünftig klingen, das muss schön klingen usw." – so eine Einstellung haben manche Studenten. Dabei ist gerade Musik etwas, dass voll und ganz vom Stimme und Rhythmus lebt, was bei manchen in dieser Weise nicht von vornherein vorhanden ist.
animePRO: Herr Tanabe, Sie sind Opernsänger und singen zugleich Anime-Songs. Versuchen Sie die beiden Stile zu kombinieren oder trennen Sie sie strikt?
Toru Tanabe: Die Atmosphäre eines Klassikonzert kennen viele nicht. In unseren Konzerten versuchen wir ganz klassisch vorgetragen beide Richtungen in einer Art zu interpretieren und zu kombinieren. Man hört beispielsweise aus unseren Songs nicht heraus, welche Ähnlichkeiten in beiden Genre stecken.
Matthias Graeff-Schestag: Ich empfinde es als grandios, wenn die Jugendlichen auch die Atmosphäre im klassischen Bereich mögen. Nach einem Konzert mit Toru kam einmal ein junger Mann auf mich zu und meinte, er hätte die Atmosphäre und einen Live-Auftritt von nur einer Stimme mit der Begleitung am Klavier noch nie erlebt und sei begeistert davon. Seither denke ich, dass es eine tolle Kombination ist, wenn man die beiden Genres mischen kann und anknüpfen bei dem, was die Fans kennen.
animePRO: Sind Sie derzeit, oder werden Sie auf Tour gehen? Auf Operretten oder allgemein zusammen auf Konzerten?
Toru Tanabe: Klassische Konzerte haben wir bereits gemeinsam gemacht, aber ähnliches ist bislang nicht geplant, aber ich kann es mir durchaus vorstellen auf Tour zu gehen. In Japan arbeite ich an verschiedenen Produktionen mit, so wie Matthias in mehreren Ensembles mit von der Partie ist und mittlerweile auch in Japan unterrichtet.
animePRO: Was unterrichten Sie in Japan, Herr Graeff-Schestag?
Matthias Graeff-Schestag: Ich unterrichte klassische Kammermusik und Liedbegleitung, also demnach meinen Hauptberuf. In Japan habe ich sehr viele Studenten, die deutsche Texte sprechen müssen und da stellen sich natürlich Problematiken in Aussprache und Thematik ein. Jetzt habe ich auch begonnen japanisch zu lernen, denn dadurch kann man einfacher etwas erklären und auch die Probleme, die ein Japaner bei der Aussprache hat, kann ich demzufolge besser nachvollziehen. Bald bin ich zum vierten Mal für zwei Wochen in Japan und unterrichte.
animePRO: Herr Tanabe, Sie werden häufig zu Conventions eingeladen. Wie verhält sich dies im internationalen Vergleich? In Japan sind solche Einladungen auf Conventions weniger der Fall oder wächst das Interesse in Japan mittlerweile?
Toru Tanabe: Ich hoffe doch sehr, dass es wachsen wird. In Japan bin ich sozusagen ein spezielles Beispiel, da ich als klassischer Sänger deutsche und japanische Animesongs singe, ist das im Grunde eine ganz interessante Anreiz, aber das Bedürfnis bei dem japanischen Publikum und bei den japanischen Animefans die Songs auf diese Weise zu hören oder nicht zu hören, ist noch am Wachsen und deswegen möchte ich mehr daran arbeiten.
In diesem Herbst, zwischen Oktober und November, werde ich wieder in Japan sein. Mehrere Wochen mache ich hauptsächlich meine Operproduktion – Strauß Oper – und ich werde mich dafür einsetzen, dass die CD „Anime Classics" auch in Japan veröffentlicht wird
animePRO: Werden Sie in anderen europäischen Ländern auch eingeladen Konzerte auf Conventions zu geben?
Toru Tanabe: Da ich folglich nur auf deutsch und japanisch singe und nicht auf französisch oder auf englisch, ist die Nachfrage natürlich wenig bis kaum vorhanden. Allerdings würde es vollkommen reichen, dass unsere Tätigkeit im deutschsprachigen Raum mehr wächst. Letzteres ist natürlich unser Wunsch. Hätten wir auf englisch und japanisch gesungen, dann hätte es in Japan sicherlich mehr Anklang gefunden. In Japan verstehen die meisten – neben japanisch – englisch, und die deutsche Sprache ist nur „gering" verbreitet.
Mit deutscher Sprache verbindet man in Japan klassische Musik und mit englischer Musik natürlich nicht – somit, wenn ich deutsch und japanisch singe, ist dies in sich ein runder, geschlossener „Kreis" und diesen Musikstil möchte ich in Japan verbreiten.
animePRO: Gibt es demzufolge keinen Publisher, der in Japan die CD veröffentlichen würde?
Matthias Graeff-Schestag: Anime Records hat internationale Beziehungen und es wird für Japaner sicherlich irgendwie erhältlich sein. An sich, so glaube ich, liegt das Problem darin, dass der japanische Anime-Fan seine CDs lieber auf japanisch hören möchte, denn die deutsche Sprache versteht die breite Masse nicht und dem Fan geht es schließlich um den Inhalt des Liedtextes.
animePRO: Sie treten mittlerweile zum vierten Mal auf der Connichi auf. Können Sie sich noch an Ihren ersten Besuch erinnern?
Matthias Graeff-Schestag: Wir sind ja quasi aus der klassischen Richtung plötzlich hineingeworfen worden. Ich erinnere mich noch an das erste Mal, denn ich wusste damals überhaupt nicht, um was es eigentlich geht. Ich kannte die Connichi nicht, sondern nur über meine Tochter Manga. Als ich das erste Mal vor Ort war, wusste ich nicht, was mich erwartet und ich dachte: „Oh mein Gott, ist ja wie Karneval" bis mir jemand erklärte, was Cosplay ist.
animePRO: Hatten Sie beim ersten Auftritt auf der Connichi 2003 viele Zuhörer?
Matthias Graeff-Schestag: Ja, das hatten wir. Das Publikum war mucksmäuschenstill und das war eines der tollsten Konzerte, das ich je erlebt habe. Wir haben damals unser japanisches Liederbuch vorgestellt und darin waren keine Anime enthalten, aber als Zugabe haben wir den Evangelion Soundtrack vorgesungen und hatten insgesamt eine positive Resonanz.
animePRO: Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?
Matthias Graeff-Schestag: Das lassen wir einfach auf uns zu kommen. Es ist schwierig sich einen Plan für die nächsten 10 Jahre zu machen – lassen wir uns überraschen, wo uns die nächsten Jahre hinführen.
Toru Tanabe: Hoffentlich stehen wir dann immer noch auf der Bühne.
Matthias Graeff-Schestag: Davon gehe ich einfach mal aus. Ich glaube, wenn man Pläne macht, ist man einfach viel schneller festgefahren, als wenn man einfach die Augen und Ohren offen hält. Man sieht, was auf einen zukommt und nutzt die dadurch entstehenden Chancen. Ich freue mich als Nächstes auf meine Japanreise, wenn ich endlich wieder japanischen Flair inhalieren kann.
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Fazit!
Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg in der Zukunft und vielen Dank für das informative Interview!
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