Beerdigung auf Japanisch

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Jede Kultur geht mit dem Thema Tod anders um, dies spiegelt sich besonders deutlich bei der Beerdigung eines Verstorbenen wieder. Hier erhaltet ihr nun einen Einblick darüber, wie eine japanische Beerdigung vonstatten geht.

Inhalt

Eine traditionelle japanische Beerdigung ist um einiges umfangreicher, als die meisten Deutschen es gewohnt sind. Das fängt schon einmal damit an, dass ein Großteil der japanischen Beerdigungen nach buddhistischen Riten verlaufen. Hierfür wird der Tote zunächst im Haushalt der eigenen Familie aufgebahrt. Der Körper wird gewaschen und in ein weißes Totengewand (shini shozoku) gekleidet. Auch werden ihm sechs Münzen beigelegt, mit denen er seine Fahrt über den Fluss der Unterwelt bezahlen soll. Der Kopf des Toten weist bei der Aufbahrung nach Norden; denn mit nordwärts gewandtem Kopf ging auch der historische Buddha ins Nirvana ein. Aus diesem Grund wird im Alltag darauf geachtet, mit dem Kopf möglichst nicht nach Norden zu schlafen.
Abgerundet wird die Szene der Aufbahrung durch die Präsenz vieler Blumen.

Als Nächstes tritt meist ein buddhistischer Mönch in Erscheinung, welcher die Sutren (die elementarsten Texte des Buddhismus) vorliest. Dabei wird Räucherwerk verbrannt. In der Nacht setzt dann die Totenwache (tsuya) ein. Ursprünglich wurde diese von den engsten Familienmitgliedern abgehalten, inzwischen wird sie jedoch deutlich verkürzt. Auch der Brauch, dass die zu diesem Zeitpunkt gesprochenen Gebete vom ältesten Sohn vollzogen werden, übernehmen immer öfter Bestattungsunternehmer. Damit ist auch die Eigenschaft in Vergessenheit geraten, dass der Leiter der familiären Trauerzeremonie ein dem Totengewand ähnliches Gewand trägt, um die Verkörperung der verstorbenen Person zu symbolisieren.

Am darauffolgenden Tag versammeln sich Verwandte und Bekannte im Hause des Verstorbenen zur Trauerfeier. Neben Räucherwerk und anderen kleinen Opfergaben wird auch Geld (okoden, „Beitrag für Räucherstäbchen“) mitgebracht. Mit diesem soll der Familie des Toten finanziell unter die Arme gegriffen werden, die hohen Kosten einer Beerdigung zu tragen. Anstandshalber wird den Spendern nach Beendigung der Trauerzeit ein Gegengeschenk (okoden gaeshi) gemacht, welches etwa den halben Wert der Spende beträgt.
 

Dann geht es zur Einäscherung, wohin der Tote in einem zugenagelten Holzsarg gebracht und gemeinsam mit Selbigem verbrannt wird. Diese Verbrennung darf jedoch nicht zu heiß sein, da zumindest ein Teil der Knochen erhalten bleiben sollen. Diese werden im Anschluss mit langen Bambusstäbchen von Familienangehörigen aus der Asche gesammelt und in die Urne gelegt. Dieses Ritual nennt man „kotsuage“, zu deutsch „Aufheben der Knochen“. Auf dieses Ritual basiert auch das strenge Tabu, im Alltag Speisen niemals direkt von Essstäbchen zu Essstäbchen weiter zu reichen, ebenso wenig die eigenen Essstäbchen während einer Mahlzeit andere Essstäbchen berühren zu lassen.
Nach dem kotsuage werden diejenigen, die daran teilgenommenen haben, mit Salz gereinigt. Die Urne wird zunächst mit nach Hause genommen, bevor sie später in einem Familiengrab beigesetzt wird.

Die Einäscherung des Toten erfolgt in der Regel innerhalb von ein bis zwei Tagen. Zum Einen aufgrund des feucht-heißen Klimas, welches oft in Japan herrscht, zum Anderen um den Toten möglichst schnell aus der Welt der Lebenden zu beseitigen, da der Zustand des Todes als unrein gilt. Die diversen zeremoniellen Riten dienen somit der Reinigung des Ortes, an welchem der Verstorbene gelebt hat.

Die erste Trauerzeit besteht, nach buddhistischem Glauben, aus sieben Wochen. Diese 49 Tage benötigt die Seele des Toten, ihre Reise ins Jenseits zu bestreiten. Um der Seele spirituelle Unterstützung zu bieten, ist am Ende einer jeden Woche eine buddhistische Zeremonie von Nöten. Zu späterer Zeit wird den Verstorbenen in Form des jährlichen Bon-Festes (auch „Obon“) angedacht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

All diese erwähnten Rituale entstammen alten, traditionsbewussten Vorstellungen über den Ablauf einer buddhistischen Beerdigung. So gibt es logischerweise hier und da Veränderungen des Ablaufs, was stark mit der Religion, den ökonomischen Verhältnissen oder auch dem Wohnort der trauernden Familie zusammen hängt. Auf dem Land, wo der familiäre wie auch nachbarschaftliche Zusammenhalt noch viel selbstverständlicher ist als in der Stadt, werden von den alten Traditionen meist auch noch mehr umgesetzt. In der heutigen Großstadt hingegen sind vielen Menschen diese alten Riten kaum bis gar nicht mehr bekannt und Bestattungsunternehmen kümmern sich um den Großteil des Ablaufes einer Beerdigung.

Verhältnismäßig wenig Menschen werden in Japan nach shintoistischem Glauben beerdigt. Allerdings hält das Christentum immer mehr Einzug in die japanische Kultur, was sich auch in der Art der Beerdigungen bemerkbar macht.

 

Anders als bei uns ist es in Japan eher untypisch, für jeden Toten einen eigenen Grabstein aufzustellen. Statt dessen gibt es sogenannte Familiengräber: Ein Grabstein repräsentiert eine ganze Familie. Somit ist oft auch nur der Familienname eingraviert. Die individuellen Namen der einzelnen Mitglieder sind gar nicht oder alternativ auf der Rückseite des Grabsteins vorhanden. Manchmal sieht man hinter oder neben einem Grab lange Holzlatten empor ragen: Diese nennen sich „sotoba“ und sind zumeist mit dem Totennamen der verstorbenen Person, dem Namen eines Buddhas oder Sanskritzeichen beschriftet. Für gewöhnlich werden diese nach der ersten Trauerfeier jedoch wieder entfernt und gegebenenfalls bei späteren Gedenkfeiern nochmals aufgestellt.

Im Jahre 2008 tauchten die ersten digitalen Grabsteine auf: Hierbei handelt es sich um einen QR-Code, der entweder im Stein eingemeißelt oder auf einem wenige Zentimeter großen Plättchen am Grabstein befestigt wird. Dieser QR-Code kann mit dem Handy gescannt und über ihn verschiedene Informationen über den Verstorbenen abgefragt werden. Diese neumodische Art trägt den Namen „Kuyo no Mado“. Nach Europa und in die USA wurde diese Idee inzwischen auch schon importiert.

 

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