Das Phänomen der NEET

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Ja, auch in so einem Land wie Japan gibt es Menschen, die nicht arbeiten wollen. Und das, wo sie doch als so fleißig gelten. Vor weniger als zehn Jahren wurde der Begriff NEET für solche jungen Menschen zwischen 15 und 34 Jahren in Japan eingeführt – obwohl alles schon einige Jahre zuvor begann. Wie kam es dazu und was unternimmt die japanische Regierung dagegen?

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NEET – das steht für Not in Education, Employment or Training. Eben für solche Personen, die sich weder in einer Ausbildung, Anstellung, oder Weiterbildung befinden. Noch genauer also diejenigen, die sich dem Erwerbsleben generell verweigern. Das Akronym NEET wurde erstmals 2003 in Japan unter Sozialwissenschaftlern erwähnt und verbreitete sich im folgenden Jahr rasch durch die Veröffentlichung eines Buches zum Thema NEET von den Pionieren auf diesem Gebiet, den Autoren Genda und Maganuma.
Ursprünglich stammt der Begriff aus Großbritannien, jedoch wird er in Japan anders definiert. Zum einen ist die Bandbreite in Großbritannien kleiner, dort fallen nur die 16- bis 18-Jährigen in diese Definition. Zum anderen werden in Großbritannien die Arbeitslosen nicht mitgezählt. In Japan gibt es unter den Arbeitslosen noch einmal drei Unterteilungen: Es gibt die Gruppe „Arbeitslose“, die eine Arbeit suchen aber momentan keine finden; dann die temporär in Teilzeitjobs arbeitenden „freeter“ (eine Zusammensetzung aus dem englischen „free“ und deutschen „Arbeiter“) und zuletzt die nicht arbeitsuchenden „NEET“. Diese Abstufung markiert sie als eine Randgruppe und macht sie, gegenüber den anderen Gruppen, im stärkeren Ausmaß zum Ziel von Anfeindungen.

Während die Zahl der NEET im Jahr 1993 noch 40 000 betrug, versechzehnfachte sie sich bis 2008 und stieg auf 640 000 Personen an. Das machen 0,5 Prozent der japanischen Bevölkerung aus. Besonders die Zahl der 25- bis 34-jährigen Betroffenen nimmt zu, dies bedeutet, dass es den älteren NEET immer schwerer fällt, sich aus ihrer Lage zu befreien.

Als eine der möglichen Ursachen für die Entstehung der NEET wird vor allem das Platzen der Wirtschaftsblase Anfang der 1990er genannt. Dies führte zu einer unsicheren Marktsituation und die Arbeitslosenzahl stieg erstmals. Zudem wurde das Modell der lebenslangen Beschäftigung eines Angestellten in nur einer Firma, einhergehend mit dem Schrumpfen des Senioritätsprinzips (Rangfolge der am längsten Angestellten), immer weniger angewandt. Auf Grund der veränderten Situation auf dem Arbeitsmarkt, gestaltete sich auch der Übergang von der Schule in den Beruf schwieriger. Diese neuen und nie dagewesenen Umstände verunsicherten die Japaner.
Ein weiterer Grund ist der Wertewandel unter Jugendlichen. Sie haben ein anderes Verständnis von Arbeit als die vorigen Generationen und nehmen, wenn diese nicht ihren Vorstellungen entspricht, nicht jede Arbeit an. Unter diesen jungen Leuten galt das Bild des salaryman nicht mehr als Ideal, weshalb viele nach anderen Möglichkeiten suchten und einige in dem NEET-Dasein eine Lösung fanden.
Im Zusammenhang mit der Verschlechterung der Wirtschaft und dem Arbeitsplatzverlust sowie dem Wertewandel, spielt das Schamgefühl der japanischen Gesellschaft eine Rolle. Viele Japaner scheuen sich, Probleme nach außen zu tragen und Hilfe zu suchen.

Die japanische Regierung hat mit unterschiedlichem Erfolg Lösungsansätze gegen das Problem der NEET ins Leben gerufen. Zur Vorbeugung wird seit 2004 in den Schulen ein Programm mit dem Namen „Karrierebildung“ eingesetzt. Dabei soll den Schülern ein realitätsnahes Bild der Berufswelt und berufliche Kenntnisse vermittelt werden, um eine positive Haltung gegenüber der Arbeitswelt zu bewirken. Dies wiederum soll dazu führen, dass die Schüler eine feste Anstellung für erstrebenswert halten und nicht in das NEET- oder freeter-Dasein abrutschen.
Außerdem wurde das Japanische Duale System entwickelt. Es besteht nun die Möglichkeit einer Kopplung zwischen Schule und betrieblichem Praktika um Praxiserfahrung zu sammeln. Damit bereits betroffene NEET Hilfe beim Erwerb sozialer Kompetenzen und bei der Arbeitssuche bekommen, wurde des Weiteren ein „Jugend-Lager“ zur Förderung der Selbständigkeit gegründet.

Trotz der Gegenmaßnahmen seitens der Regierung reichen diese noch lange nicht aus, um die wachsende Anzahl der NEET einzudämmen. Dem Programm der Karrierebildung wird zudem häufig nachgesagt, dass es mehr Probleme schafft als dass es diese lösen würde. Demnach ignoriert es die Realität der freeter und NEET völlig, da freeter oft unfreiwillig zu diesen werden und die NEET oft „potenziell arbeitswillig“ sind und unfreiwillig in diese Situation geraten. Bleibt zu hoffen übrig, dass bald bessere Lösungen gefunden werden.

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