Host Clubs und ihre Illusion von Liebe I

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Einmal wie eine Prinzessin behandelt werden und von schönen Männern umgeben sein – ein Traum, der in Japan gegen ein paar tausend Yen durchaus erfüllbar ist.

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Nicht erst durch den „Anime Ouran High School Host Club“ ist das Geschäft mit den schönen Männern bekannt. Bereits vorher kursierten die ersten Fotos von den sogenannten Hosts im Internet herum. Viele denken bei der Bezeichnung immer noch, es handele sich hierbei um männliche Prostituierte, aber was sind eigentlich Hosts und was hat es mit diesen Clubs wirklich auf sich?

Host Clubs gehören zur Kategorie „abendliche Unterhaltung“. Es sind eigentlich normale Clubs, in denen Frauen Getränke serviert bekommen und Musik gespielt wird. Das Einzigartige ist das Personal, denn ein jeder Gast darf sich aussuchen, welcher Angestellter, also Host, sie umgarnt oder ihr Komplimente macht. Die weibliche Kundin bezahlt hier also nicht nur Getränke, sondern auch die abendliche Begleitung durch eine Art Animateur. Angefangen hat diese Industrie in der Mitte der 60er Jahre. Seitdem wuchs sie stetig und immer mehr neue Clubs öffneten ihre Pforten.
Besonders berühmt für diese Art von Bars sind die Städte Osaka mit dem Distrikt Minami und Tokyos Kabukichou. In jedem der Viertel gibt es über 100 Clubs, doch nur ungefähr zehn von ihnen sind auch wirklich immer gut besucht und erlangen an Berühmtheit. Um mehr Kundschaft anzulocken, gehen die Hosts ab ca. 17 Uhr auf die Straße und machen das sogenannte „Namba“, worunter man im Deutschen in etwa verstehen würde, ein Mädchen abzuschleppen.

Leicht zu erkennen sind sie an ihren aufwendigen, meist palmenähnlichen Frisuren, den langen Schuhen und natürlich den Anzügen, die sie selbst bei größter Hitze tragen. Sobald ihr erlernter Charme bei jemanden Erfolg hat, wird die potentielle Kundin zu dem Club geführt, bezahlt dort einen Eintritt, der meist 15 Euro für zwei Stunden beträgt, und darf sich vor Ort aus einem Katalog voller Hosts ihre Begleitung für den Abend heraussuchen. Mädchenhafte, Visual Kei-Typen, ein cooler Mann oder eher ein Verführer? Für scheinbar jede Vorliebe scheint es den richtigen Host zu geben.

Die anschließende Abendgestaltung kann unterschiedlich ausfallen. Konversationen, Karaoke oder Trinkspiele sind die gängigsten Praktiken, um die Kundin zu unterhalten. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: die Okyakusama (Kundin) zahlt für die Getränke ihres Hosts und die sind nicht immer billig! Mit allerlei Flirterei versucht dieser nämlich das weibliche Geschöpf zum Öffnen einer Champagnerflasche zu veranlassen – ein teures Vergnügen mit dem Namen „Champagner Call“. Hierbei versammeln sich zudem alle Hosts um die Kundin, die eine Flasche öffnen lässt und singen für sie. Meist bleibt es auch nicht bei einer Flasche und unter dem „Nonde, nonde, nonde, nonde~“ (Trink, trink, trink, trink)-Gesang der Angestellten bleibt keine Kehle trocken. Das Resultat sind meist Rechnungen von über 5.000 Euro. Ein „normaler“ Besuch kostet vergleichsweise ungefähr 50 bis 150 Euro.

Da ist es nicht verwunderlich, dass das monatliche Gehalt eines Hosts schon 30.000 Euro betragen kann. Je nachdem wie viel Geld er einnimmt, steigt er im internen Ranking des Host Clubs. Das Ziel für jeden Angestellten ist es natürlich die Nummer eins zu werden. Der Weg dahin ist jedoch gepflastert von harter Arbeit und vielen Kundinnen, die durch die hohen Kosten in einen schrecklichen Kreislauf hineingeraten. Um sich weiterhin das Vergnügen leisten zu können, einen Host Club zu besuchen und ihren „Angebeteten“ zu sehen, müssen sie zum größten Teil als Prostituierte arbeiten. Trost holen sie sich dann wieder gegen Bezahlung in den Host Clubs.

Aber auch für die Angestellten selbst ist der Job nicht immer nur heiterer Sonnenschein. Neben dem sehr guten Gehalt, das für die meisten Anreiz genug ist, überhaupt erst diesen Beruf zu ergreifen, müssen sie ständig allen Frauen mit guter Miene gegenübertreten und selbst weniger hübschen Kundinnen erzählen, wie schön sie doch sind. Selbst die Arbeitszeit ist nur gering begrenzt. In den Clubs sind Hosts meist von 18 bis 1 Uhr morgens sieben Tage die Woche beschäftigt. Ferner müssen sie noch für ihre Kundinnen da sein, Telefonate oder Mails beantworten und diese kommen nicht gerade selten. Selbst die eigene wahre Liebe zu finden fällt da schwer oder ist gar unmöglich, da viele früher oder später gegen diese Empfindung immun werden.
Daneben gibt es viele körperliche Krankheiten für die sie anfällig sind: körperliche Erschöpfungszustände oder Leberschaden durch den sehr hohen Alkoholkonsum sind nur zwei Beispiele.

Dennoch wächst die Branche, die von sich selbst behauptet „Träume zu verkaufen“. Mittlerweile zählen auch viele junge Ausländerinnen zu den Kundinnen, die das Vergnügen einmal ausprobieren wollen. Doch Vorsicht ist geboten, denn einige Clubs nutzen die geringen Sprachkenntnisse aus und zocken die Mädchen regelrecht ab. 100 Euro für einen Softdrink oder hohe Abbuchungen von Kreditkarten sind nur einige der Gefahren. Aus diesem Grund ist es ratsam, solche Orte gemeinsam mit anderen Japanerinnen aufzusuchen und auf Plastikgeld zu verzichten.
So kann dann auch der amüsante Abend genossen werden, denn Hosts wissen, wie sie ihre Gäste in eine Welt entführen können, in denen sich die holde Weiblichkeit wirklich königlich fühlt.

Und im zweiten Teil wird es musikalisch, stylisch und sexy, denn dann widmen wir uns dem Nebenerwerb der Hosts.

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