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Jisatsu ist in Japan keine Sünde, was dazu beiträgt, dass sich im vergangenen Jahr mehr als 30.000 Menschen das Leben genommen haben. Ein trauriger Spitzenplatz für die Industrienation.
Für die Samurai bedeutete das sogenannte Harakiri, der rituelle Akt der Selbsttötung, die Wiederherstellung der Ehre. In Japan gelten Dinge wie Jobverlust als Schande. Nicht nur für einen Selbst, sondern für die gesamte Familie.
Daher erließ im Jahr 2006 das japanische Parlament ein „Gesetz zur Suizidprävention“. Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, da sich viele verschiedene soziale Faktoren hinter einem Selbstmord verbergen.
So wurde der „Tag des Lebens“ im Dezember eingeführt, an dem in allen Medien über Suizidprävention gesprochen wird.
Außerdem soll mit einer Hundert-Tage-Kampagne begonnen werden, da es im März und April die meisten Suizide gibt. Denn um diese Jahreszeit endet und beginnt in Japan das Geschäfts- und Steuerjahr. Es ist Zeit für Konkurse, Entlassungen und Zahlungsprobleme.
Auch die blauen LED-Strahler an Bahnsteigen sollen Abhilfe schaffen. Sie sollen eine bessere Stimmung verbreiten und beruhigen und so die Gefährdeten vom Springen abhalten.
Da das japanische Verkehrssystem weitaus stärker befahren ist als bei uns, kann ein Sprung vor einen Zug schnell zu Chaos führen. Auch wenn die Vorgabe gilt, dass nach einem Suizid die Strecke 30 Minuten später wieder frei sein muss.
Was früher aus Ehre geschah, gehört heute zum Alltag.
Durch Seppuku, oder im europäischen Raum eher unter Harakiri (腹切り) bekannt, konnte ein Krieger seine Ehre wiederherstellen. Er beging rituellen Selbstmord, in dem er sich den Bauch aufschnitt, denn der Bauch gilt im Buddhismus als eigentlicher Sitz der Seele.
Auch für Frauen und Kinder der Samurai galt es, sich bei Gefangennahme oder drohender Gefahr, dieser durch einen Dolchstoß in den Hals oder das Herz zu entziehen.
Im Jahre 1868 wurde der rituelle Freitod allerdings offiziell verboten.
Die häufigsten Gründe für Selbstmord sind gesundheitliche Probleme (ca. 45%) und finanzielle Probleme (ca. 26%). Danach folgen familiäre Probleme und Jobprobleme.
Aber auch die Schülerselbstmorde sollten nicht unterschätzt werden. Auch wenn diese nur bei einem Prozent liegen.
Wegen dem sogenannten „Ijime“ (いじめ), welches vom japanischen Wort „ijimeru“, quälen, abgeleitet ist und hierzulande dem Mobbing an Schulen gleichkommt, neigen auch japanische Schüler/innen häufig zu Selbstmord.
Ijime ist die psychische und physische Gewalt einer Gruppe gegen einen Einzelnen und seit 1980 offiziell bekannt.
11.500 der Selbstmörder sind über 60 Jahre alt. Aber auch bei den unter 19-jährigen und Jüngeren stieg die Rate um 22%, unter Grund- und Mittelschülern sogar um 60%!
Am meisten betroffen ist das sogenannte „starke Geschlecht“. Mehr als 70% der Suizidopfer sind männlich. Sie würden nicht zugeben, dass sie leiden, wenn sie in eine Depression fallen. Das wäre beschämend.
Nicht nur Schulen und Bahnhöfe sind ein bevorzugter Selbstmordort in Japan.
Aokigahara (青木ヶ原), „Das Meer aus Bäumen“, am Fuße des Fuji-san, ist auch unter dem Namen „Selbstmord-Wald“ bekannt. Den Rekord der dort gefundenen Selbstmörder hält das Jahr 2003 mit 78 Leichen. Die meisten davon sind Männer.
Der Wald ist bei Selbstmördern wohl so beliebt, weil es zahlreiche Spukgeschichten von unglücklich Verliebten, die sich dort umbrachten, gibt. Es ist ein naturbelassener Wald, in dem die Orientierung sehr schwer fällt und der Boden uneben und heimtückisch sein soll. Perfekt also, um nicht lebend daraus zurückzukehren.
Suizid ist in Japan die sechsthäufigste Todesursache nach Krebs, Herzleiden und anderen Krankheiten.
Die Ursache für die hohe Selbstmordrate wurde bisher nicht herausgefunden. Vermutlich liegt es daran, dass Suizid in Japan kulturell nicht so tabuisiert ist.
Dennoch musste das Schild am Bahnhof von Shinjuku „Bitte springen Sie nicht zur Hauptverkehrszeit.“ wegen massiver Proteste wieder entfernt werden.
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