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Der 20. März 1995 war ein Montag und gleichzeitig ein Brückentag, da am 21. März in Japan der Frühlingsanfang gefeiert wird. Dennoch herrschte an diesem Tag reger Berufsverkehr in Tokyo.
In der morgendlichen Hauptverkehrszeit betraten fünf Mitglieder der Aum-Sekte, die sich inzwischen in Aleph umbenannt hat, fünf verschiedene Züge der Tokioter U-Bahn. Betroffen waren zwei Züge der Hibiya-Linie, zwei Züge der Marunouchi-Linie und ein Zug der Chiyoda-Linie. Bei den Mitgliedern handelte es sich um Ikuo Hayashi, Kenichi Hirose, Toru Toyoda, Masato Yokoyama und Yasuo Hayashi. Vier der Männer trugen jeweils zwei in Zeitungen gewickelte Kunststoffbeutel, in denen sich das Nervengas Sarin in flüssiger Form befand. Nur Yasuo Hayashi besaß drei Beutel.
Kurz nach dem Betreten der jeweiligen Züge legten sie die Kunststoffbeutel auf den Boden des Zugabteils und durchstachen selbige mithilfe geschärfter Regenschirmspitzen. Die Flüssigkeit trat aus und das Gas konnte sich somit verteilen. Die Täter stiegen anschließend alle an zuvor vereinbarten Haltestellen aus, wo auf jeden von ihnen ein Fahrer wartete, der sie vom Ort des Geschehens fortbrachte. Kenichi Hirose und Toru Toyoda zogen sich bei dieser Aktion selbst Vergiftungen zu, konnten jedoch zeitnah erfolgreich behandelt werden.
Der Umfang der Verletzungen fiel unterschiedlich aus: Auf der Chiyoda-Linie kam es zu zwei Toten und 231 Verletzten. Auf der Marunouchi-Linie Richtung Ogikubo verlor ein Mensch sein Leben und 358 Menschen erlitten teils schwere Verletzungen, Richtung Ikebukuro (und zurück) wurden über zweihundert Verletzte registriert. Und die Hibiya-Linie verzeichnete ab Naka-Meguro einen Toten und 532 Verletzte sowie von Kita-Senju nach Naka-Meguro acht Tote und 275 Verletzte. Die verhältnismäßig hohe Anzahl von Todesopfern des letztgenannten Zuges ist der Tatsache zuzuschreiben, dass es Yasuo Hayashi gelungen war, alle drei Sarin-Beutel zu durchstechen. Ikuo Hayashi, der für den Anschlag der Chiyoda-Linie verantwortlich war, sowie Masato Yokoyama, welcher mit der Marunouchi-Linie Richtung Ikebukuro fuhr, hatten beide jeweils nur einen ihrer zwei Beutel durchstochen.
Die Vorgehensweise der Betroffenen mit den einzelnen Anschlägen unterschied sich voneinander: Während ein Stationsvorsteher auf dem Bahnhof Kasumigaseki (der Chiyoda-Linie) kurz nach Freisetzung des Gases die Sarin-Behältnisse aus dem betroffenen Zugabteil heraus trug (und später an einer Vergiftung starb), fuhr der Zug der Marunouchi-Linie Richtung Ikebukuro nach Freisetzung des Gases noch eine Stunde und vierzig Minuten seine gewohnte Route weiter. Zwar hatten diverse Fahrgäste über plötzlich eintretende körperliche Beschwerden geklagt, die Sarin-Behältnisse wurden bei einer Durchsuchung durch das Bahnpersonal jedoch übersehen.
Die Bergungsarbeiten der Schwerverletzten ging zunächst nur sehr schleppend voran. Krankenwagen trafen zeitverzögert oder stark unterbesetzt an den Bahnhöfen ein, was die Betroffenen dazu zwang, sich von Taxen in die umliegenden Krankenhäuser fahren zu lassen. Sogar das Fahrzeug eines Fernsehsenders wurde kurzerhand für den Krankentransport genutzt.
Aber auch in den Krankenhäusern wurde teilweise zögerlich gehandelt, da das Personal erst von den Verletzten über die Geschehnisse aufgeklärt wurde. Einen gegenseitigen Informationsaustausch zwischen Polizei und den Krankenhäusern gab es anfänglich nicht. Zusätzlich wurde die Situation auch dadurch erschwert, dass nur die wenigsten damals behandelnden Ärzte Erfahrung mit Opfern einer Sarin-Vergiftung hatten.
Bei Sarin handelt es sich um ein Gas, welches die Nervenfunktionen des Körpers überreizt. Symptome sind oftmals Nasenlaufen, Sehstörung durch Pupillenverengung, Speichelfluss, Übelkeit, Muskelkrämpfe, Atemnot, Atemlähmung sowie Bewusstlosigkeit. Bereits geringe Mengen Sarin können rasch zum Tod führen. Aufgenommen wird das Gas vorrangig über die Atmungsorgane sowie Augen und Haut.
Normalerweise ist Sarin farb- und geruchlos. Bei dem Anschlag muss es sich daher um verunreinigtes Sarin gehandelt haben, da Augenzeugen von einem schwer einzuordnenden Geruch sprachen.
Bereits im Juni 1994 hatte es in Matsumoto einen Sarin-Anschlag gegeben, der von der Aum-Sekte ausgeführt worden war, jedoch weniger Tote und Verletzte hervorbrachte wie in Tokyo. Aufgrund dieser Verbindung fahndete die Polizei kurz nach dem Anschlag in Tokyo gezielt nach Mitgliedern von Aum und es kam zu zahlreichen Festnahmen. Darunter befanden sich auch die Täter sowie ihre Fahrer, wobei die Festnahme von Katsuya Takahashi, dem Fahrer von Toru Toyoda, erst im Juni 2012 erfolgte. Takahashi hatte sich die ganzen Jahre über auf der Flucht befunden.
Die vier übrigen Fahrer sowie die fünf Männer, die das Gas freigesetzt hatten, sind zum Tode beziehungsweise zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Auch über die Sektenmitglieder Seiichi Endo und Masami Tsuchiya, die das Sarin für den Anschlag hergestellt hatten, sowie dem Mediziner Tomomasa Nakagawa wurde die Todesstrafe verhängt.
Seit dem Tag des Anschlags in Tokyo hat die Aum- beziehungsweise Aleph-Sekte eine enorme Anzahl von Mitgliedern verloren.
Insgesamt forderte der Anschlag von Tokyo 13 Todesopfer sowie 6.252 Verletzte.
Der bekannte Buchautor Haruki Murakami veröffentlichte 1997 sein Buch „Untergrundkrieg“, für welches er Betroffene interviewte und sie die Geschichte des 20. März aus ihrer Perspektive erzählen ließ.
Atsushi Sakahara verarbeitete seine persönlichen Erlebnisse als Überlebender des Giftgasanschlags in dem Film „Sarin Gas and Bean Cake“, welcher 2010 erschien.
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